Ich kann damit einfach nicht umgehen!

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storna

Ich kann damit einfach nicht umgehen!

Beitrag von storna »

Hallo ihr Lieben,
es macht mich so fertig, dass ich schon ein paar Mal sauer auf meinen Kleinen (sieben Monate) war und auch öfters mal bin. Leider konnte ich mich nachts auch manchmal nicht beherrschen (auch als er erst zwei, drei Monate alt war), habe ihn mal etwas zu schwungvoll ins Bettchen gelegt, auch schon etwas fester an mich gedrückt, etwas angeschimpft, ihn schon einmal etwas schwungvoll zwischen den Achseln gewiegt usw. Ich habe ihn natürlich nie verletzt oder wehgetan, aber ich hasse mich trotzdem so dafür! Ich kann diese Gefühle und diese Taten einfach nicht akzeptieren, ich will sie nicht akzeptieren, ich tue alles, damit es nicht mehr vorkommt.

Ich wollte doch meinem Kleinen einfach nur die beste Mutter der Welt sein, so wenig Fehler wie möglich machen, und jetzt mache ich so viel falsch... nun gut, für die Zwangsgedanken kann ich nichts, deshalb habe ich in dieser Hinsicht kein allzu schlechtes Gewissen mehr, auch wenn es mir schwerfiel, aber den Rest kann ich einfach nicht akzeptieren. Da ist dieser kleine Mensch, der mir hilflos ausgeliefert ist, der mir vertraut, und ich bin einfach nur schlecht, schlecht, schlecht :( . Andere Mütter sind so lieb, nie genervt, immer geduldig... ich versuche, meinem Kleinen alles zu geben, kuschel viel mit ihm, trage ihn viel, beschäftige mich viel mit ihm usw. ... aber das macht es doch auch nicht wieder gut :( .

Ich habe so viel falsch gemacht, das kann ich wohl nie verarbeiten - ich wünschte mir, die Zeit zurückdrehen zu können und alles richtig zu machen. So gerne hätte ich ein reines Gewissen gegenüber meinem Kind :(. Denn nie habe ich jemanden mehr geliebt!

Liebe Grüße
Storna
lotte

Beitrag von lotte »

Ach herrje, diese Ansprüche wie immer lieb, nett, nie genervt sein usw, die kann ja KEIN MENSCH erfüllen ;) Du gestehst Dir "normale" Gefühle wie Wut und Zorn (ja, wer ist das nicht mal seinen Kids gegenüber) einfach nicht zu.

Der Schuss geht aber irgendwann nach hinten los, denn auch diese Emotionen sind menschlich und müssen irgendwo raus, sonst machts bumm wie bei einem geplatzten Luftballon ;)

Wenn man mal wütend oder genervt ist, ist man doch keine schlechte Mutter. Du hast Deine Erwartungshaltung so hoch geschraubt, dass Du darüber fällst und Dir verbal Druck machst mit so Sätzen wie "das darf nicht mehr vorkommen". Versuche bitte, etwas liebevoller mit Dir selbst umzugehen, das tut einem ja schon beim Lesen weh, wie sehr Du dich dafür bestrafst, dass Du Wut empfindest.

Du kannst Dich nicht auf ewig verstellen. Und mit einem reinen Gewissen hat das gar nix zu tun. Du bist ein Mensch, Gott sei Dank. Und du bist mal wütend, mal fröhlich, mal traurig und erschöpft.

Kein Grund, sich niederzumachen.

LG
Lotte
storna

Beitrag von storna »

Ja, ich weiß, dass das normale Emotionen sind, aber er ist doch noch so ein kleines Baby, und ich habe das Gefühl, von Anfang an versagt zu haben :(. Ich bin einfach zu perfektionistisch veranlagt, wahrscheinlich auch zu weich, meine Hebamme sagte auch, dass ich in dieser Hinsicht einfach viel zu sensibel reagiere.
Mittlerweile lasse ich die Wut auch zu, haue gegen ein Kissen, gehe vor die Tür usw., aber ich habe trotzdem ein so schlechtes Gewissen wegen der Dinge, die in der Vergangenheit passiert sind. Irgendwie habe ich das Gefühl, sie werden mich ein Leben lang verfolgen :?...

Liebe Grüße
storna
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Marika
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Beitrag von Marika »

Hey Storna,

Lotte hat völlig recht und du siehst es eh auch selber. Du fühlst es nur noch nicht. Das kommt aber noch, wenn du konsequent DIR zugestehst, dass du als Mama auch diese Emotionen haben MUSST UND DARFST!!!! Du machst das schon ganz gut - gegen ein Kissen hauen (oder auch mal in eines reinbrüllen - ist seeehr enstpannend :wink: ), raus gehen usw.... Bis du dabei kein schlechtes Gewissen mehr hast, wird aber noch eine Zeitlang dauern. Auch wegen der Dinge aus der Vergangenheit die dir noch nicht verzeihen kannst, wird es noch dauern.

Du übst ja gerade das nicht mehr so perfektionnistisch zu sein - das ist sehr gut und wird ja in einer Therapie auch so geübt. Bis die Übung soweit "sitzt" bis du auch das "richtige Gefühl" dazu hast - nämlich es nicht tust sondern auch spürst dass du wütend sein DARFST, braucht es noch Zeit und weiteres Üben. Das was gesunde Menschen ganz selbstverständlich tun (auch Mamas und Papas) nämlich sauer sein, das auch zeigen und keinen funken schlechtes Gewissen dabei haben, müssen wir uns mühsam beibrigen. Ist sehr gemein und nicht einfach, aber es klappt.

Ich war früher wie du, mußte auch hart daran arbeiten. Aber heute gelingt mir das viel, viel, viel besser! Mach weiter so, der Schlüssel liegt in der Stärkung des Selbstvertrauens und dem Runterschrauben der viel zu hohen Moralischen Ansprüche - beides geht Hand in Hand. Durch das was du jetzt eh schon machst (Kissen hauen usw.) machst genau das richtige! Du kannst dir auch aufschreiben: Ich war sooo wütend, weil...... , oder zu erzählst deinem Mann die Siutation, läßt bei ihm diese Wut verbal raus usw... Im Zugestehen dieser Emotionen baust zu Selbstwert und Selbstvertrauen auf, weil die den Perfektionnismus senkst!
Liebe Grüße von
Marika

Diagnose:
schwere PPD 2005
heute völlig beschwerdefrei mit 10 mg Cipralex
storna

Beitrag von storna »

Danke, ihr Lieben. Was ich seit gestern durchführe und mir unglaublich hilft, ist, mir meine Gefühle bewusst zu machen. Also nicht nur zu fühlen, sondern auch zu denken, was ich fühle - "Ich bin traurig", "Ich bin wütend" usw.
Damit gelingt es mir, mir zum Beispiel bei Wut gegenüber meinem Sohn einen konstruktiven Weg herauszusuchen. Heute morgen hat er wieder unglaublich viel geweint, weil er müde war, ich spürte die Wut in mir aufsteigen, habe den Kopf eingeschaltet und ließ sie zu. Dadurch habe ich mich beruhigt und konnte mit klarem Kopf den Kleinen beruhigen. Hätte ich das nicht gemacht, hätte ich den Armen wahrscheinlich wieder ins Bettchen gelegt und wäre erst einmal zum Verschnaufen rausgegangen, aber Weinenlassen ist ja auch ganz übel.

Gestern ist mir dazu das Buch "Von der Kunst, sich selbst zu lieben" in die Hände gefallen - komischer Zufall, dass es mich im Bücherregal so angelacht hat :D . Die Autorin schreibt darin, dass viele von uns in der Kindheit lernen, dass sie gewisse Gefühle nicht haben dürfen und die Gefühl daher verdrängen und denken, dass sie schlecht sind. Somit lassen viele auch im Erwachsenenalter die Gefühle nicht richtig zu, fühlen sich schlecht damit, bis sich schließlich alles entlädt - zum Beispiel auch in (psychischen) Krankheiten.
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