Mein Freund und seine Reha

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bellami1983

Mein Freund und seine Reha

Beitrag von bellami1983 »

Hallo Mädels,

ich habe gerade auch schon mit meinem Freund diskutiert und würde einfach gern einmal wissen, was ihr darüber denkt.

Mein Freund wurde vom Arbeitsamt zu einer Reha-Maßnahme geschickt, in der ehemals psychisch Kranke wieder eingegliedert werden sollen. Soweit so gut. Das finde ich ja auch ok.
Aber und das ist der Punkt. Bei meinem Freund liegt eine Suchterkrankung zugrunde und die Reha-Einrichtung hat ausdrücklich geschrieben in ihren ausgelegten Prospekten, dass diese Einrichtung für Suchtkranke nicht geeignet ist.
Das Problem ist, dass mein Freund schon jahrelang in therapeutischer Behandlung war und ist und kein Therapeut oder keine Klinik ihn bisher dahingehend therapiert hat. Und nun soll er eine Reha machen, die noch nicht einmal für ihn geeignet ist?

Seine psychischen Probleme kommen von der Sucht. Früher waren es chemische Drogen, pflanzliche Drogen, dann hat sich alles verlagert und es wurde Alkohol draus. Er trinkt nicht jeden Tag, aber im Moment und seit Anbeginn der Reha geht es ihm immer schlechter. Er hat immer größer werdenden Trinkdruck und gerät sogar ins Schwitzen, wenn er nur Alkohol sieht.
Das alleine reicht nicht. Dadurch wird unsere Beziehung zerstört, er ist unheimlich aggressiv und gerät total schnell außer Kontrolle.

Nun frage ich mich, was ich tun soll. Zusehen oder aktiv handeln. Zusammengefasst: Die Reha ist für Suchtkranke nicht ausgelegt und sie zwingen ihn dazu und nehmen es scheinbar in Kauf dass eine Beziehung mit Kind daran kaputt gehen könnte? Seit der Reha streiten wir uns fast jeden Tag, ich will und kann mir das nicht mehr mit ansehen.

Was mich am meisten ankotzt ist, dass ich schon vor Wochen mit seiner Therapeutin von der Reha telefoniert habe und ihr geschildert habe, wie es hier zu Hause läuft und nichts wird dort eingesehen. Er hat mehrfach gesagt, dass ihm das alles nicht liegt und er eine andere Grunderkrankung hat und keiner reagiert?

Ihr wisst gar nicht wie sauer und traurig zugleich ich bin. Was soll ich tun? Ich möchte meinem Freund helfen und vor allem meinem Kind seinen Daddy erhalten. Aber so kann es nicht weitergehen. Er muss eine Suchttherapie machen und keine Reha, ich denke das wisst ihr auch.

Bin irgendwie damit überfordert, aber möchte nicht zusehen wie hier alles durch diese blöde, unangebrachte Reha kaputt geht.

Vielleicht habt ihr ein paar Tippy.

Lieber Gruß

Isabell
meiki

Beitrag von meiki »

Hallo Isabell!

Boa, ist schon ein starkes Stück, was sich das Arbeitsamt (haben die denn die Klinik auch ausgesucht?) und letztendlich auch die Kliniktherapeuten selbst da leisten.
So wie ich das jetzt verstanden habe, ist dein Freund da echt am falschen Platz, meine in falschen Händen!
Ich denke, ich würde auch handeln wollen und dein Gespräch mit der Therapeutin vor ein paar Wochen war ja schon dazu gedacht, oder?

Die Frage ist nur: Was kannst du tun? Was hast du für Möglichkeiten?

Das Arbeitsamt als Initiator der ganzen Sache einschalten und in einem persönlichen Gespräch die Sache darlegen?
Könnte dein Freund denn auch einfach die Reha abbrechen, wenns ihm so gar nicht gut tut?
Oder ist vielleicht ein langfristiges Ziel beabsichtigt, daß jetzt halt noch nicht offensichtlich ist?
Wie steht dein Freund eigentlich zu der ganzen Sache?

Hm, weiß jetzt auch nicht recht, ob ein paar Anstöße dabei waren?!

meiki
momo

Beitrag von momo »

Hallo Isabell,

ich habe schon öfters gehört, dass einige Leute bei den Arbeitsämtern sich wie kleine Herrscher aufspielen, aber Deine Geschichte schockt mich echt. Ich kann gut verstehen, dass Du handeln willst, das würde ich auch tun!

Einmal würde ich zu einem Arzt gehen, dem Dein Freund vertraut und versuchen, eine Stellungnahme oder Tipps zu bekommen.

Vielleicht bringt es auch was, den Vorgesetzten (und notfalls dessen Vorgesetzten usw.) der Person, die das beim Arbeitsamt zu verantworten hat, anzusprechen. Am besten ist es da wahrscheinlich, wenn Ihr schon einen Alternativvorschlag habt, damit die nicht denken, er will sich drücken.

Oder Ihr geht zu einer Beratungsstelle für Suchtkranke, vielleicht kennen die sich in solchen Fällen aus? Auf jeden Fall können sie wahrscheinlich in einem Gespräch mit dem Arbeitsamt und/oder der Reha mehr erreichen als Ihr.

Ich drück Dir die Daumen!
Momo
bellami1983

Hallo Mädels,

Beitrag von bellami1983 »

danke für eure Denkanstöße!

Meine Kraft ist langsam am Ende, das macht mich alles so verrückt. Ich merke schon wie mein Kopf fast platzt vor Grübeleien.

@meiki: Ja, das liebe Arbeitsamt hat die Rehaklinik ausgesucht und ihn da hineingedrängt. Ich meine, mein Freund ist wirklich nicht faul, er ist selbst sowas von deprimiert, die Reha machen zu müssen und nicht einfach arbeiten gehen zu können. Er war so ehrlich und hat sich freiwillig psychologischen Tests unterziehen lassen, ansonsten wäre niemand überhaupt auf die Idee gekommen dass er Probleme hat.

Mein Gespräch mit der zuständigen Therapeutin vor Wochen war dazu gedacht, ihr klarzumachen, dass mein Freund Suchtprobleme hat, es niemand für nötig gehalten hat, das zu behandeln und er noch nicht bereit für eine Reha ist.
Sie sagte nur, tut mir leid, ich kann Ihnen zu Herrn R. nichts sagen. Das wars. Ich habe fast am Telefon schon geweint. Er hatte es vor der Reha so gut im Griff mit dem Druck zu Trinken, aber als die Reha anfing, wurde es immer schlimmer. Da kann von keiner Erstverschlimmerung die Rede sein, das würde sich anders äußern.
Jede Nacht weine ich vor mich hin, weil ich mir so unverstanden und hilflos vorkomme. Hat das Amt ein Recht darauf jemanden zu zwingen, der sicherlich bei fachärztlichen Gutachten so abschneiden würde, dass er noch nicht bereit für eine Reha ist, da Suchtgrunderkrankung? Ich kann mir das nicht vorstellen. Ich würde ausrasten, wenn dem so wäre. Rechtsanwälte noch und nöcher einschalten und das an die Öffentlichkeit bringen.

Das Ziel der Reha, ist die Eingliederung ins Arbeitsleben, aber wie soll das gehen, wenn auf seine Grunderkrankung nicht eingegangen wird? Dann ist er fertig mit der Reha, trinkt wahrscheinlich wieder und hat seine Zeit vergeudet.

Mein Freund lässt sich heute von seinem Neuro krankschreiben, so kann ihm, denke ich, keiner was. Und es geht ihm auch überhaupt nicht mehr gut. Ich unterstütze das, denn ihn noch mehr abstürzen zu sehen, würde mein Herz und das seines Sohnes noch mehr brechen. Menschen, die man liebt, leiden zu sehen, ist sehr sehr schwer zu ertragen.

@momo: Ich habe gestern zu einer Suchtberatung Kontakt aufgenommen und morgen ist die Dame die das macht bei uns hier im Gesundheitszentrum. Wir werden einfach hinfahren, wegschicken lassen werde ich mich nicht mehr. Ich denke du hast Recht, dass solche Leute wahrscheinlich mehr erreichen, denn sonst denken die wirklich noch, dass er sich drücken will und das will er überhaupt nicht.

Ach Mädels, muss denn manchmal immer mehr auf einen drauf gepackt werden, sodass alles so unüberwindbar erscheint?

GLG Isabell
momo

Beitrag von momo »

Liebe Isabell,

ich wünsche Euch beiden alles Gute für morgen! Hoffentlich ist die Frau kompetent und hilfreich!

Liebe Grüße
Momo
bellami1983

Beitrag von bellami1983 »

Danke liebe Momo,

ich denke das können wir gut gebrauchen! Mein Freund hat sich nun heute, nach dem Gespräch mit seinem Therapeuten entschieden, sich krankschreiben zu lassen und die Reha zu beenden. Sein Therapeut geht da voll mit und sagt selbst, dass die Reha-Therapeutin hätte viel eher schalten müssen, ja und das sehe ich ja genauso.

Ich werde mich jetzt über rechtliche Folgen für diese Frau schlau machen, denn wie ich das mitbekommen habe, hat mein Freund ihr auch mehrfach gesagt, dass ihm der Alkohol wieder arg zu schaffen macht. Dazu kam noch meine Information an sie, macht insgesamt schon deutlich, dass sie hätte schalten müssen. Das lasse ich mir nicht gefallen. Er hatte es bis zur Reha super im Griff, kein Druck, nichts. Nun ist das alles wieder vorbei und er hat enormen Druck.

Heute weinte er sich bei mir aus und sagte immer, dass er Angst habe. Ich frage wovor? Er, ein Leben ohne Alkohol, das kann ich mir nicht vorstellen. Da nahm ich ihn dann mal in die Arme und versprach ihm, dass ich hinter ihm stehe und dass sein Sohnemann ganz sicher stolz auf seinen Papa ist, wenn er das geschafft hat.

Was würdet ihr tun? Auch über rechtliche Folgen nachdenken? Bin leider ein Streithammel, wenn ich weiß, dass ich Recht habe und so gleichgültig wie mir diese Tussi damals am Telefon kam, möchte ich der echt einen verpassen.
Gibt es nicht einen Psychologenverband?

LG Isabell
momo

Beitrag von momo »

Hallo Isabell,

wie war denn Euer Termin?

LG
Momo
bellami1983

Beitrag von bellami1983 »

Hallo liebe momo,

wir waren dort, aber wir mussten verterminiert werden auf kommenden Donnerstag, da etwas dazwischen gekommen ist. Danach werde ich berichten wie es war und was passiert.
Ich weiß bis jetzt nur, dass sie ihm ambulant erstmal versuchen wollen zu helfen.
Da mich das alles sehr sehr mitnimmt, habe ich ihm auch die Pistole auf die Brust gesetzt, dass sich etwas ändern muss. Bin einfach nicht dazu in der Lage mich auch noch jeden Tag mit ihm auseinandersetzen zu müssen. Das zehrt unheimlich an meinen Kräften. Und wenn ich bedenke, dass ich über vier Monate relativ gut und symptomfrei leben konnte und sich seitdem alles wieder sehr zuspitzt, muss ich einen Riegel vorschieben.

Danke dass du nachgefragt hast liebe momo,

LG Isabell
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