Hallo an alle, ich bin jetzt auch bei euch “gelandet”…..

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Doppelmama

Hallo an alle, ich bin jetzt auch bei euch “gelandet”…..

Beitrag von Doppelmama »

Auch wenn sie länger ist, ich möchte gern meine Geschichte niederschreiben, weil ich hoffe, dass mir allein das Schreiben schon hilft. Das war früher schon so, war Tagebuch-Schreiberin. Meine jetzigen Gedanken möchte ich nicht in ein Buch schreiben, aus Angst meine Kinder könnten es irgendwann lesen und ich verletze ihre Gefühle damit.
Ich selbst komme aus einer vermeintlich intakten Familie, bin mit Bruder aufgewachsen. Meine Eltern feiern dieses Jahr ihren 37. Hochzeitstag. Die Ehe war schon immer schwierig, meine Mutter ist sehr dominant, es gibt oft Streit. Ich hatte ein distanziertes Verhältnis zu meiner Mutter, konnte nie verstehen warum sie meinen Bruder vorzieht, in meinen Augen sogar “mehr liebt”. Mit 17 habe ich dann erfahren, dass ich eine Halbschwester habe, die auf den Tag 9 Monate nach meiner Geburt geboren wurde. Für mich DIE Erklärung für das kalte Verhältnis zu meiner Mutter; sie hat meinem Vater verziehen, hat mich aber immer mit der Situation (fremdgehen, hohe Unterhaltszahlung) verbunden.

Nun zu meinen Kindern. Der Große kam 2011 nach unkomplizierter Ssw als Not-Sectio nach 12 Stunden Wehen. Dennoch ging es mir und dem Kind danach sehr gut. Er hatte zwar 3-Monats-Koliken, aber SAB-Tropfen, Fliegergriff und Vibrations-Wippe halfen uns durch die Zeit.

Der Kleine war auch ein absolutes Wunsch-Kind, jedoch ging es mir ab der 6. Ssw-Woche schlecht. Übelkeit bis zum Ende, heftige Symphysen-Schmerzen sodass ich die ganze Ssw nur unter Schmerzen laufen konnte und ab der 20. Woche hatte ich öfter vorzeitige, leichte Wehen. Musste selbst im Urlaub zwei Tage deswegen ins Krhs. Am Ende kam der Kleine 3 1/2 Wochen zu früh und diesmal spontan zur Welt. Die Geburt war sehr lang (zog sich über 2 Tage) und schmerzhaft. Dennoch war ich wahnsinnig stolz, ein gesundes Kind zu haben und es noch auf natürlichem Wege entbunden zu haben.
Leider hat er sich sofort als ungeduldiges Schrei-Kind entpuppt. Die ersten Stunden vorm Milcheinschuss hat er sich so in Rage geschrieen, dass ich ihn nur anlegen konnte, wenn ich ihm eine Portion SAB zur Ablenkung gegeben habe. Selbst die Hebammen und Schwestern waren verblüfft. Da ertappte ich mich das erste Mal bei dem Gedanken “ich halte das nicht aus”. Nach dem Milcheinschuss wurde er zufriedener und etwas ruhiger. Zu Hause angekommen wurde es mit seinem Brüllen dann immer schlimmer. Entweder er schlief, aß oder brüllte. Kinderarzt, Hebamme und Osteopath fanden keine Ursache - alles normal. Mich zermürbte das ständige Schreien und ich wurde immer launiger und auch aggressiv. Ich musste mich öfter beherrschen ihn nicht zu schütteln oder grob zu ihm zu werden. Auch der Große litt unter der steten Lautstärke und meiner Gereiztheit. Nach einem besonders schlimmen Tag sagte ich spontan zu meinem Mann, dass das Kind eine Strafe für mich ist und ich nicht weiß was ich verbrochen habe um das zu verdienen. Seit dem lässt mich der Gedanke nicht mehr los. Ich hab das Gefühl ihn wegen seiner Art nicht so lieben zu können wie meinen Großen. Und besonders weil ich unter dieser Situation aufgewachsen bin, zerreißt es mich innerlich und ich fühle mich sehr schlecht. Seit dem er 3 1/2 Monate ist, ist er ruhiger und ein richtig liebes Kind geworden. Natürlich hat er dennoch seine Brüll-Phasen wenn er Bauchschmerzen oder Hunger hat oder es einfach nicht schnell genug geht. Ich hab noch nie so ein ungeduldiges Kind gesehen. Füttern ist Horror, weil es ihm zu langsam geht. Er will lieber Brust oder Fläschchen. Dann wird das Essen ausgespuckt oder richtig wütend gebrüllt. Mir graut es mittlerweile vor jeder Mahlzeit. Und immer wenn er das macht, hab ich so ein leeres Gefühl in mir und kann ihn einfach nicht leiden. Ich habe ihn sogar schon beschimpft, was er für ein furchtbares Kind ist. Ich bin eigentlich ein ausgeglichener Mensch und erkenne mich selbst nicht mehr in der Situation. Ich schäme mich furchtbar dafür und kann einfach nicht mit Familie oder Freunden darüber reden. Meine Stimmung wird immer trauriger und ich hab keine Lust mehr rauszugehen, weil ich unterwegs oder vor Anderen nicht in diese grauenhafte Fütter-Situation zu kommen. Ich kann so einfach nicht mehr weitermachen. Diese ständigen inneren Kämpfe und das Aufrechterhalten des Scheins vor der Außenwelt kosten mir so viel Kraft.
Nochmal angemerkt, ich habe ihn durch 2 Kinderärzte und Osteopathen “checken” lassen, der Kleine ist vollkommen gesund.
Kurze Erklärung zu meinem Umfeld: mein Mann arbeitet Schicht mit 6 Tage-Woche und ist daher oft nicht zu Hause. Meine Schwiegereltern wohnen 2 Straßen weiter, sind aber nicht bereit uns zu unterstützen. Sie haben sogar abgelehnt unseren Großen vom KiGa zu holen und zu betreuen als es mit den Wehen losging. Meine Eltern wohnen 80 km entfernt und arbeiten beide. Sie lieben zum Glück ihre Enkel abgöttisch, können aber wegen Entfernung und Arbeit nicht oft helfen. Da ich selbst mit meiner Mutter ein angespanntes Verhältnis habe, möchte ich sogar gar nicht, dass der Kontakt häufiger stattfindet. Meine alten Freunde wohnen auch 80 km weg, die neuen Freunde aus unserem Ort sind selbst “perfekte Eltern" - ich habe viel zu große Angst verurteilt zu werden, wenn ich mich öffne.
Aufgrund meiner Arbeit bei einer Krankenkasse kenne ich alle Wege die ich gehen könnte um professionelle Hilfe zu bekommen. Allerdings ist die Angst auf Kunden oder bekannte Ärzte/Therapeuten zu treffen viel zu groß. Außerdem weiß ich nicht, ob bei uns wirklich die Trennung Arbeitgeber und Krankenkasse (bin ja auch dort versichert) funktioniert.
Puh, das war jetzt sehr sehr lang. Aber immerhin hab ich jetzt ein befreiendes Gefühl. Bitte verurteilt mich nicht für meine Worte und Gedanken. Ich habe ihm definitiv nie weh getan!
suzilizzy

Re: Hallo an alle, ich bin jetzt auch bei euch “gelandet”…..

Beitrag von suzilizzy »

Ein liebes Hallo!

Schön, dass du den Weg hierher gefunden hast!

Sei dir sicher, dass dich hier niemand für deine Gedanken verurteilt!
Mir hat es auch gut getan, sie einfach mal aussprechen zu dürfen!

Denkst du denn, dass du eine Depression hast, oder fuehlst du dich einfach (nachvollziehbarer Weise) ueberfordert und allein?

Ganz liebe Gruesse
Doppelmama

Re: Hallo an alle, ich bin jetzt auch bei euch “gelandet”…..

Beitrag von Doppelmama »

Hallo,
ich weiß leider keine Antwort auf deine Frage. Natürlich möchte ich keine Depression diagnostiziert bekommen, aber ich muss einfach eingestehen: ich fühle mich ausgebrannt, ich fühle mich überfordert und die ganze Situation und die Gewissensbisse ziehen mich immer mehr nach unten und beeinflussen meinen Alltag. Ich habe das Gefühl, ich kann nicht mehr die Mutter/Ehefrau sein, wie man es von mir erwartet. Ich habe einfach Angst das alles noch schlimmer wird und ich meinen Alltag nicht mehr meistern kann. Ich habe Angst, nie ein Verhältnis zu meinem Kleinen aufbauen zu können. Ich habe selbst Angst vor meiner eigenen Ablehnung ihm gegenüber, schließlich habe ich mich so auf ihn gefreut (und eigentlich wollte ich nie so werden wie meine eigene Mutter und nun bin ich auf dem besten Weg dahin. Das schockt mich glaub ich am Meisten zurzeit).
Vielleicht wollte ich auch eine Einschätzung, ob ich einfach nur "empfindlich" bin oder ob sich wirklich ein Problem anbahnt, dass ich Angriff nehmen muss. Ich musste meine Gedanken los werden, weil ich sonst keinen habe, dem ich mich anvertrauen kann.
suzilizzy

Re: Hallo an alle, ich bin jetzt auch bei euch “gelandet”…..

Beitrag von suzilizzy »

Also einfach nur empfindlich bist du bestimmt nicht! Bei dem, was du schilderst, würde jeder über kurz oder lang an seine Grenzen stossen! Das heisst aber auch nicht, dass es auf ein ernstes psychisches Problem hinausläuft. Vielleicht helfen dir ja die Erfahrungsberichte hier, deine Situation einzuordnen.
Jede Mutter in deiner Situation hat aehnliche Gefühle. Man kann nicht vor Liebe uebergehen, wenn permanent gebrüllt wird. Deine Reaktion ist ganz natürlich und macht dich nicht zur schlechten Mutter! Nur weil ihr einen schweren Start habt, heisst das nicht, dass ihr für immer ein schwieriges Verhältnis haben müsst. Wahrscheinlich eher im Gegenteil! Glaub mir, wenn ihr die schlimme Schreiphase ueberstanden habt, wirst du dir denken: das haben wir trotz aller Schwierigkeiten geschafft, so schnell schockt uns nichts mehr!

Jetzt bleibt zu ueberlegen, wie man dich jetzt entlasten kann. Du brauchst wohl dringend Unterstützung, damit du dich wieder sortieren und etwas erholen kannst. Eine Haushaltshilfe ist wohl keine Option, wenn du nicht über die KK gehen willst. Aber kennst du das welcome Projekt? Die vermitteln *Engel* die in die Familien kommen und da unterstützen, wo die Hilfe gebraucht wird. Vielleicht ist das ja eine Option?
suzilizzy

Re: Hallo an alle, ich bin jetzt auch bei euch “gelandet”…..

Beitrag von suzilizzy »

Und noch eine Idee, wegen dem Schreien: Vielleicht hat er wirklich schlimme Bauchschmerzen, wenn das mit dem Füttern so schlimm ist. Gibst du ihm diese Flourtabletten? Wenn ja, dann Versuch die mal weg zu lassen (Vitamin D gibt auch separat in der Apotheke). Mein Sohn hat auch immer ganz viel vor und nach dem Essen geschrien und als wir das Flour weggelassen haben, wurde es schlagartig besser.
Bei anderen Bekannten haben BI Gaya Tropfen Wunder gewirkt.
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Marika
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Re: Hallo an alle, ich bin jetzt auch bei euch “gelandet”…..

Beitrag von Marika »

Herzlich Willkommen bei uns!

Ich und ich bin mir sicher - alles hier - verstehen dich total. Das Schreien des eigenen Kindes - das hat man in Studien heraus gefunden - verursacht den höchsten messbaren Stresslevel. Und dein Kind schreit sehr viel - es ist nur normal dass sich da negative Gefühle einschleichen - das würde jeder Frau so gehen. Du bist absolut keine schlechte Mutter, aber ich denke auch, dass du Unterstützung brauchst, Zeit FÜR DICH wo niemand etwas von dir will und auch kein Kind schreit. ENTSPANNUNG heißt also das Zauberwort, damit du wieder auf die Beine kommst und gesund bleibst. Denn permanente Überforderung kann mit der Zeit zu seelischen Krisen führen - Schlagwort: Burnout

Sollten es Bauchscherzen sein: Ich habe meinem Sohn sein Milchfläschchen immer mit Fencheltee angemacht. Vielleicht wäre das was für euch.

Ansonsten scheint dein Sohn generell Temperament zu haben, wenn er auch sonst Essen aus spukt. Wie warst du als Baby und dein Mann? Frag mal nach, vielleicht kannst du da eine Antwort finden, die dir hilft. Wie alt ist der Kleine mittlerweile?
Liebe Grüße von
Marika

Diagnose:
schwere PPD 2005
heute völlig beschwerdefrei mit 10 mg Cipralex
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