Meine Geschichte

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Meli

Meine Geschichte

Beitrag von Meli »

Guten Morgen,

letztes Jahr im August kam unsere erste Tochter per Notkaiserschnitt auf die Welt, weil ihr Kopf sich nicht
ins Becken gedreht hat. Bewusst hat mir der Notkaiserschnitt nichts ausgemacht, evtl. im Unterbewusstsein.
Mein Mann hat die Kleine als erstes auf dem Arm gehabt. Ich bin relativ schnell aus der Narkose aufgewacht und
bekam die Kleine dann auch gleich an die Brust.Sie war ein absolutes Wunschkind.
Die ersten drei Monate waren gut. Ich war sehr glücklich und alles hat gut geklappt.
Meine Nachsorgehebamme sagte nach einiger Zeit, dass mein Mann und ich das so gut hinbekommen,
dass sie von ihrer Seite aus nicht mehr zu kommen braucht. Ich war auch dieser Meinung, da ich mich
absolut sicher fühlte. Mein Mann wollte eigentlich, dass sie noch weiter kommt, da er es gut fand, wenn wir
ihr Fragen stellen konnten usw. Rückblickend wäre es besser gewesen. Vielleicht hätte sie uns schon früher
helfen können. Vielleicht hätte sie die Situation erkannt.

Ab November/Dezember bin ich in eine Depression geschlittert. Die
Depression kam schleichend. Ich hatte an nichts mehr Freude, habe mich
nicht mehr mit Freunden getroffen, nicht mehr oder nur zeitverzögert auf Nachrichten geantwortet, konnte die
kleinsten Entscheidungen nicht mehr alleine treffen....
Ab Januar 2015 wurde es ganz schlimm. Ich war antriebslos, lustlos, konnte nicht mehr schlafen, empfand nichts
für meine Tochter und die Personen um mich herum. Mein Leben war einfach
nur furchtbar und jeder Tag eine Qual. Alles wurde von Tag zu Tag
schlimmer. Ich wollte nichts mehr mit meiner Tochter unternehmen, hatte Angst rauszugehen, hab mich nicht mehr bei meinen Freunden gemeldet..... das volle Programm. Ich bekam nichts mehr richtig geregelt. Dinge, die mir
vorher leicht von der Hand gingen, waren auf einmal total schwer für
mich. Ich habe meine Post nicht mehr geöffnet, bin nicht mehr zum
Friseur...Ich dachte "Das brauchst Du alles nicht mehr", so als ob mein
Leben zu Ende wäre. Was ich in dieser Zeit meinem Mann alles für Dinge erzählt habe, dass ich nicht mehr kann und will, dass ich mich nicht mehr um unsere Tochter kümmern kann. Teilweise konnte er nicht unter der Woche wie sonst auswärts arbeiten, da ich dachte, ich komme alleine nicht mehr klar. Ich bin heilfroh, dass er in dieser schweren Zeit zu mir gestanden hat. Ich denke, er wusste teilweise auch nicht mehr, was er mit mir machen soll und war am Ende seiner Kräfte durch die Doppelbelastung, Job, Haushalt, Kind....
Ich kannte mich so nicht. Vorher war ich meistens ein lebensfroher Mensch. Ich hatte zwar ab und an auch schon depressive
Phasen in meinem Leben, aber nie so schlimm...Ich muss dazu sagen, dass bei uns Depressionen in der Familie ein Thema sind. Sowohl in der Familie meines Vaters als auch meiner Mutter. Mein Vater ist seit vielen Jahren psychisch krank. Meine Mama ist an Krebs gesstorben, als ich sechs Jahre alt war. Wir sind dann bei meiner Oma groß geworden.

Ende Januar versuchte ich mir Hilfe bei meiner Frauenärztin zu holen,
aber bis auf eine Blutuntersuchung hat sie nichts unternommen und mich
wieder weggeschickt. Ãœber ganz viele Umwege kam ich nach Wiesloch und
bin dort seit Anfang März in ambulanter Behandlung. Zusätzlich fange ich
bald mit einer Psychotherapie an. Die Ärztin in Wiesloch verschrieb mir
anfänglich Tavor und Venlafaxin. Tavor konnte ich schon lange wieder
absetzen und nehme nun noch Venlafaxin. Seit zwei Monaten geht es mir
zum Glück wieder gut und ich habe Freude am Leben und an meiner
kleinen Tochter. Endlich kann ich wieder sehen, was sie für ein
Sonnenschein ist. Das macht mich sehr glücklich. Ein bisschen habe ich Angst, dass die Depression
wieder kommt. Ich denke, es kann ja nicht immer so gut weiterlaufen wie jetzt. Aber immerhin wissen wir
nun, was zu tun ist, wenn die Krankheit (z. B. bei einem zweiten Kind) wiederkäme.

Mein Mann hat die Seite "Schatten und Licht" entdeckt, als es mir so schlecht ging und seit es mir wieder besser geht,
lese ich regelmäßig hier mit. Nun habe ich gedacht, melde ich mich mal an und vielleicht kann meine Geschichte auch anderen
Mitlesern Mut machen, dass die Krankheit vielleicht doch nicht ganz so ausweglos ist. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass ich jemals
wieder glücklich sein könnte, meinen Haushalt wieder machen könnte, mit meiner kleinen Tochter spielen könnte usw...
Aber dank der AD ging das recht schnell wieder. Ich hatte mich anfänglich erst gegen AD gesperrt, aber in meiner Situation hat nichts mehr
anderes geholfen. Anfänglich hatten wir es mit Homöopathie probiert, aber das allein hat nicht mehr geholfen.

Viele Grüße
Meli

Derzeit: 112,5 mg Venlafaxin

Ich würde gerne im Forum aktiv werden, um vielleicht anderen Mut
zusprechen zu können. Meine Situation war für mich total ausweglos und ich konnte nicht glauben, dass es mir jemals wieder gut gehen wird.
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Marika
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Re: Meine Geschichte

Beitrag von Marika »

Herzlich Willkommen,

danke für deine Geschichte. Es ist sehr schön, dass du Hilfe gefunden hast und es dir heute wieder gut geht. Das macht vielen hier Mut und gibt Hoffnung, dass man da wieder heraus kommt.

Ich hoffe, du fühlst dich hier wohl und verstanden und wir können dir bei deinen Fragen helfen!
Liebe Grüße von
Marika

Diagnose:
schwere PPD 2005
heute völlig beschwerdefrei mit 10 mg Cipralex
Graureiherin
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Registriert: 07:01:2015 12:57

Re: Meine Geschichte

Beitrag von Graureiherin »

Hallo Du Liebe,

auch von mir ein herzliches Willkommen! Ich freue mich über diesen positiven Bericht. Ich finde es toll, dass Du Dich gerade jetzt meldest, wenn es Dir besser geht. Ich habe Deinen post schon gestern überflogen und war erfreut. Ich freue mich auch für Dich, dass Du Rückhalt in der Beziehung hast und von Dir weiterhin zu lesen.

mit herzlichen Grüßen

die Graureiherin
postpartale Zwangserkrankung 10/2012
Cipralex bis 2014
Rückschlag 2015, wieder Escitalopram bis 15mg
langsame Reduzierung auf 5 mg Escitalopram seit Juli 2017
Verhaltenstherapie beendet seit September 2017
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