Das tiefste Loch meines Lebens

Hier können sich unsere Mitglieder vorstellen

Moderator: Moderatoren

Antworten
Vanessa81

Das tiefste Loch meines Lebens

Beitrag von Vanessa81 »

Hallo Ihr Lieben,

ich bin 33 und mein Sohn ist heute 4 Monate alt geworden. Wunschkind, alles penibel geplant für das Kind, 14 Jahre alleine mit meinem Mann, beruflich und finanziell alles gesichert. Also alles bestens - eigentlich!

Ich bin derzeit bei meinem Vater, der sich um mich kümmert und versucht mich bei Laune zu halten. Mein Sohn ist bei uns zu Hause (400 km entfernt). Er wird seit Mittwoch von meiner Schwiegermutter und meinem Mann betreut.

Eigentlich geht es mir schon seit der Geburt nicht so gut. Ich dachte immer, das wird schon. In der ca. 6. Woche hatte ich das erste Tief. Ich hatte seit der Geburt eigentlich gar nicht geschlafen. Ein Psychiater verschrieb mir Valdoxan. Nach 2 Wochen fühlte ich mich wie die Alte. Ein fataler Fehler! Ich war so froh, dass ich dachte "alles gut". Doch recht schnell ging es wieder bergab. Schleichend...

Am Dienstag waren wir mit unserem Sohn in der Regulationssprechstunde in der Schreiambulanz. Der kleine kann sich nicht selbst beruhigen und ist gestresst. Er schläft tagsüber nicht so ohne Weiteres ein, mag den Kinderwagen nicht, quengelt viel. Seit der Geburt ist er ein nervöses Kerlchen. Eigentlich nichts dramatisches. Zumal er nachts durchschläft. Natürlich überträgt sich meine Angespanntheit und Unruhe. Das haben mir die Ärzte auch gesagt. Seit dem ist game over bei mir!

Ich fühle mich so schuldig und möchte nicht, dass mein Sohn derzeit von mir betreut wird. Zudem habe ich Angst, dass ich das nicht packe! Mittwoch habe ich dann morgens ein paar Sachen zusammen gepackt. Nach Rücksprache mit meinem Mann bin ich in die Wohnung meiner Schwiegermutter und sie ist bei uns eingezogen. Eigentlich sollte ich Freitag tagesklinisch in der Mutter-Kind-Psychiatrie in Herten starten. Ich habe bereits vor 2 Wochen eine Verschlechterung bemerkt und wollte quasi vorsorgen. War froh über den freien Platz. Hatte aber Angst ob ich das packe und ob es gut für den kleinen ist. Weil er ja nicht pflegeleicht ist (neues Umfeld, neue Reize etc.).

Nun ja, dazu kam es nicht. Mittwoch habe ich vom Psychiater eine Einweisung bekommen. Natürlich überall Wartezeiten. Aber nächsten Mittwoch (also nur eine Woche Wartezeit) komme ich auf die Allgemeinpsychiatrie in unserer Stadt. Bis dahin bin ich wie gesagt bei meinem Vater. Ich habe Angst zu Hause zu sein. Ich schäme mich vor dem Kleinen. Gleichzeitig fehlt er mir. Bin total zwiegespalten. Kann nicht mit und auch nicht ohne ihn.

Ich hoffe, dass ich in der "normalen" Psychiatrie gut aufgehoben bin. Herten hat lange Wartelisten. Das kann ich nicht abwarten! Mit meiner Ärztin in Herten habe ich heute zusätzlich telefoniert. Sie meint, ich mache alles richtig. Bin dort auf sämtlichen Wartelisten, zudem gibt es ambulante Hilfe. Habe totale Angst wie die Zeit nach der normalen Psychiatrie wird. Aber der Gedanke ist ja unsinnig weil mein Zustand dann ein anderer sein wird. Ich halte es für sinnvoll, dass ich erst mir helfen lasse. Also ohne Kind in die Psychiatrie. Meine Schwiegermutter macht das so toll, habe ein sehr gutes Verhältnis.

Meine Gedanken / Probleme habe ich hier schon oft gelesen:

- Angst vorm Muttersein, Angst vor schwierigem Kind
- Altes Leben wird vermisst
- War es die rchtige Entscheidung?
- Gefühl wie im Gefängnis
- Werde ich je wieder unabgängig sein?
- Schlaflosigkeit / Herzrasen
- Probleme mit Verlust der Selbstbestimmung
- Gewichtsverlust
- Antriebslosigkeit
- Was mache ich den ganzen Tag mit dem Kind?
- Gefühl der Angst und Lähmung wenn das Kind schläft tagsüber (wann wird es wach)
- ich bin einfach keine Baby-Mama
- kann nicht abschalten, die Gedanken kreisen permanent
- wenig Freude im Leben
- Überforderung mit den Regulationsstörungen
- Schuldgefühle gegenüber meinem Mann (hat sehr viel Stress im Job)

Ich komme mit meinem neuen Leben nicht klar! Kann meinen Sohn nicht integrieren in ein Leben zu dritt. Ich will eine gute Mutter sein aber versage. Ich dachte immer ich bin eine gute Mutter - meine Mutter ist leider verstorben. Ich weiß wie schlimm es ohne ist. Und jetzt zweifle ich und suche meine Gefühle. Der kleine tut mir so unendlich leid. Ich wünsche mir so sehr gesund zu werden!!!

Und ich brauche jetzt Geduld, das fällt mir extrem schwer. Ich war immer sehr strukturiert, hatte alles unter Kontrolle sowie sehr perfektionistisch. Das ist natürlich mit Kind alles anders. Ich fühle mich überrollt und nicht mehr wie ich selbst.

Puh, das war jetzt viel....

Viele Grüße
Vanessa
Sanna
power user
Beiträge: 915
Registriert: 17:03:2013 14:36
Wohnort: Ruhrgebiet, NRW

Re: Das tiefste Loch meines Lebens

Beitrag von Sanna »

Liebe Vanessa!

Du hast das super geregelt! Ich war auch erst ohne Kind in der Allgemein Psychiatrie und von dort bin ich mit Kind nach Herten verlegt worden. Der Weg war goldrichtig.

Du hast dir Hilfe geholt und deshalb wird es auch Schritt für Schritt besser werden. Ja, du brauchst Geduld. Nein, der Weg ist nicht einfach. Aber er ist machbar. Du hast den ersten Schritt gemacht. Weitere werden folgen.

Wenn du Fragen hast, melde dich gerne per PN.

LG, Sanna
schwere PPD 2012, heute komplett symptomfrei
Meli

Re: Das tiefste Loch meines Lebens

Beitrag von Meli »

Huhu,

ich erkenne bei uns ein paar Gemeinsamkeiten. Ich bin auch 33 und bin ohne Mama groß geworden. Ich weiß also auch wie es ist und wollte immer, dass meine Tochter es besser haben soll und dann habe ich mich in der Zeit meiner schlimmen Depression dafür gehasst, dass ich nun doch nicht das für meine Tochter sein konnte, wie ich es mir immer vorgestellt habe.
Bitte glaube daran, dass Du bald eine ganz tolle Mama sein wirst, wenn Du dir helfen hast lassen. Ich kann nun endlich meine Tochter lieben und es ist das schönste Gefühl auf der ganzen Welt und endlich kann ich es wieder zeigen und fühlen.
Auch ich hatte vor der Erkrankung immer alles in meinem Leben im Griff, war strukturiert und ordentlich. Und dann auf einmal konnte ich nichts mehr machen, kam morgens nicht mehr aus dem Bett, konnte mich kaum um meine Tochter und den Haushalt kümmern usw....

Ich drücke dir ganz fest die Daumen, dass es dir bald besser geht und ihr dann in einen Alltag zu dritt reinfindet!
Es ist eine Umstellung, aber es klappt.

Viele Grüße
Meli
Antworten