Meine Hölle

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Daria

Meine Hölle

Beitrag von Daria »

Hallo ihr Lieben,

ich lese schon seit Monaten hier drin doch jetzt möchte ich mal von meiner täglichen Hölle schreiben.

Ich hab am 03.03.15 meine Tochter per Kaiserschnitt zur Welt gebracht, leider in der 29 Woche und viel zu früh. Sie lag dann ein Monat auf der Intensivstation. Das war eine harte Zeit für mich und meinen Partner, da wir uns große Sorgen gemacht haben um unseren Engel.Wir waren jeden Tag bei ihr zum känguruhn und kuscheln. Zum Schluss waren wir sogar mehrmals am Tag bei ihr. Ich bemühte mich dass sie schnellstmöglich zunahm damit ich sie mit nach Hause nehmen konnte.

Bald war es soweit, ich hab sie ständig gefüttert und sie nahm auch ohne Sonde zu, ich durfte sie mit nach Hause nehmen und ich war wahnsinnig stolz drauf..

Zuhause verlief die erste Woche gut, ich war total verliebt und glücklich. Leider musste ich mit dem stillen aufhören da die Muttermilch durch ein Medikament als Nebeneffekt erzeugt wurde.

Damit finden die Probleme an, mein Kind hatte es schwer mit der künstlichen Nahrung. Sie hatte ständig Schmerzen, hatte Verdauungsprobleme. Ich rannte von einem Arzt zum nächsten. Niemand konnte mir helfen. Ich schlief schlecht und machte mir so viel Sorgen, gab mir die Schuld an Allem. Mein Partner war mir auch keine große Hilfe. Im Gegenteil er machte mir Vorwürfe und auch wenn er immer erstmal redet bevor er nachdenkt hat er mir mit einigen Aussagen sehr Weh getan.

Ich entwickelte eine Depression, ich fühle mich eingesperrt. Es fing an dass mir beim füttern heiß und hält wurde und das Gefühl hatte ganz auf mich alleine gestellt zu sein und mit niemandem reden zu können wie schlecht es mir ging. Es war so schlimm dass ich nach dem Arzt Besuch mit meiner Tochter zu den Schwiegereltern führ und heulend vor der Tür stand. Wir schliefen dort und ich bekam schlimme körperliche Reaktionen. Mir wurde wieder heiß und kalt und musste ins Krankenhaus, meine Werte waren natürlich völlig normal. Ich führ wieder nach Hause und am nächsten Tag ging es wieder los, ich würde in die Psychiatrie weitergeleitet, hatte ein kurzes Gespräch und mir wurden dreierlei Medikamente verschrieben. Die waren aber so stark dass ich sogar schlimme Suizid Gedanken bekam. Mein Kopf war völlig durcheinander ich empfand nichts mehr nur den Drang nach dem Tod. Ich glaube ab da hat sich in meinem Kopf etwas verstellt. Ich nahm die Tabletten nur zwei Tage wann ließ ich sie weg und nach vier Tagen fühle ich mich einigermaßen gut, hatte es mir jedenfalls eingeredet dass ich mein Kind wieder mit nach Hause nahm. Meine Gefühle schwanden und ich hatte jeden Morgen mit mir zu kämpfen. Jeder Tag ist für mich eine Tortur die mir soviel Kraft kostet. Ich bin innerlich leer und bin sehr antriebslos, ich komme kaum aus dem Bett, doch muss mich für meine Tochter zwingen, es fällt mir so schwer geschweige denn an die frische Luft. Ich war immer ein lustiger ausgeglichener Mensch der nur unterwegs war und mittlerweile bin ich nur noch ein Schatten meiner selbst.
Mein Kind tut mir leid und ich denke oft dass es ihr bei anderen Müttern viel besser gehen würde. Ich habe an nichts mehr Freude. Ich habe mich heute vom RTW abholen lassen mit meinem Kind, leider hatten sie keine Zimmer auf der Psyschatrischen frei, erst ab morgen. Mein Freund musste die kleine abholen weil ich erstmal auf die geschlossene untergebracht wurde.

Das Gefühl verrückt geworden zu sein macht mich total fertig, hab seitdem immer Druck auf dem Kopf.

Ich will doch einfach nur stark sein für mein Kind und die Liebe empfinden die ich am Anfang so stark empfunden habe
Sanna
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Re: Meine Hölle

Beitrag von Sanna »

Hallo und herzlich willkommen!

Das, was du beschreibst, kennen sehr viele hier. Es sind typische Symptome eine postpartalen Depression. Ganz, ganz toll, dass du dir in der Klinik helfen lässt. Ich war auch erst ohne Kind in der Klinik (auch auf der Geschlossenen), dann auf der Depressionsstation und dann mit Kind in der Klinik.

Du wirst sehen, dass es dir dort Schritt für Schritt besser gehen wird. Ich habe diese Hölle auch hinter mir, aber heute bin ich wieder lebenfroh, unternehmungslustig und fast die Alte. Obwohl, die Alte werde ich nicht mehr. Ich habe mich durch die Erkrankung verändert, aber das ist ja nichts schlimmes.

Versuch im Moment nicht das große Ganze zu sehen. Dann fühlst du dich wahrscheinlich schnell überfordert und der Berg, der vor dir liegt, scheint unbesiegbar zu sein. Lebe im Moment. Ich habe mir immer erst den Vormittag vorgenommen. Okay, das schaffe ich. Und was kann ich in dieser Zeit tun, dass es mir besser geht. In Ruhe einen Kaffee trinken, was stricken, was unternehmen. Und dann hab ich gedacht: Alles klar, der Vormittag ist rum. Jetzt plane ich meinen Nachmittag. Usw. Das ist nicht toll, aber es hat mir geholfen.

Denk auch nochmal darüber nach unter Aufsicht in der Klinik Medikamente einzuschleichen. Sie können eine große Hilfe sein. Bei vielen tritt als Nebenwirkung erstmal eine Verschlechterung ein, aber mit ein bisschen Geduld geht es dann aufwärts. Ich finde es außerdem sehr heftig, gleich drei Medikamente einzuschleichen. Da weißt du ja gar nicht, von welchem Medi welche NW kommt. Bei mir wurde alles sehr langsam nacheinander eingeschlichen. Unter Aufsicht in der Klinik.

Ich wünsche dir einen guten Start in der Klinik und was du jetzt brauchst ist Geduld, Geduld, Geduld. Es wird wieder besser, aber jede Erkrankung hat ihr eigenes Tempo. Deine auch. Aber am Ende wirst du wieder glücklich sein.

LG, Sanna
schwere PPD 2012, heute komplett symptomfrei
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