selbst Hoffen fällt mir schwer

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engelchen1202

selbst Hoffen fällt mir schwer

Beitrag von engelchen1202 »

2011 habe ich mein erstes Kind bekommen. Eine Tochter! Sie war ein absolutes Wunschkind - wenn auch ungeplant.
Ich war damals in einer schwierigen Lebensphase. Mein Partner und ich waren erst seit drei Monaten ein Paar und beide ohne Arbeit und ohne Wohnung. Wirklich nicht die richtige Situation um ein Kind zu bekommen.
Aber wir haben uns sehr gefreut.
Mein Partner hat eine Ausbildung begonnen und wir sind in eine Zwe-Raum-Wohnung gezogen.
Die Schwangerschaft verlief absolut Beschwerdefrei! Eine richtige Bilderbuch-Schwangerschaft!
Die Kleine kam geplant zuhause zur Welt, wog zwar nur 2890g aber sie war gesund.
Nach einer Woche musste ich abstillen, weil sie bis auf ca. 2500g abgenommen hatte.
Danach wurde alles besser. Mein Mann hat seine Ausbildung erfolgreich abgeschlossen, wir haben geheiratet, Haushalt und Kinder-Erziehung lief gut.
Also der Plan: Zeit für ein Geschwisterchen!
Als ich letztes Jahr einen Tag vor Weihnachten den Anruf von meiner Hebamme bekam, dass der Bluttest positiv sei, war das das schönste Geschenk!
Von da an lief alles schief!
Mein Mann verlor seine Arbeit, ständige Geld-Sorgen... Ich musste Anfang des Jahres in die Klinik, weil ich wegen Übelkeit stark Dehydriert war. Da fingen die Vorwürfe an... (wenn ich das geahnt hätte, wäre ich nicht schwanger geworden... Meine arme Tochter! Wegen der Schwangerschaft kann ich mich nicht mehr um die kümmern... Ect) ich wollte nicht mehr schwanger sein.
Zum Glück habe ich mich an meine Hebamme gewandt. Durch Progesteron ging es mir bald besser.
Mein Mann ist aus Angst, wieder vom Jobcenter abhängig sein zu müssen zur Bundeswehr gegangen.
Dann kamen Vorzeitige Wehen...
Mein Mann musste die Grundausbildung unterbrechen.
Der Kleine blieb lange genug drin, so dass ich wieder eine Hausgeburt machen konnte. Es lief auch eigentlich ganz gut. (abgesehen davon, dass ich mich darauf verlassen hatte, dass das zweite Kind schneller kommt)
Der Kleine hatte nach der Geburt einen kleinen Moment Probleme zu atmen - war unbedenklich, aber mir hat es einen furchtbaren Schock versetzt!
Zum Stillen habe ich mich durchgerungen... Nach den Problemen, die ich mit meiner Tochter hatte, hatte ich furchtbare Angst davor!
Mein Mann ist wieder bei der Bundeswehr und der Alltag alleine mit zwei Kindern gestaltet sich schwieriger als erwartet...
Ich bin total am Ende!
Meine Tochter hat nie geschrien - mein Sohn schreit ziemlich "intensiv".
Ich hatte ihn anfangs ständig angelegt - Hauptsache er hört auf zu schreien...
Das klappt inzwischen besser, aber mit der Großen bekomme ich mich täglich in die Haare.
Mein Haushalt bleibt total auf der Strecke, weil ich das Schreien nicht ertragen kann!
Ich mache mir furchtbare Vorwürfe, weil ich nur noch genervt von meinen Kindern bin!
Letzten Freitag war ich beim Psychiater - Diagnose: schwere depressive Störung.
Seit Samstag nehme ich ein Medikament. Ab Freitag bekomme ich eine Familienpflegerin.
Gestern hatte ich einen Hexen-Schuss...
Ich weiß nicht, wie ich es bis Freitag schaffen soll.
Ich bin so müde. Ich würde am liebsten schlafen und vor Freitag nicht mehr aufstehen. :cry:
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Marika
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Re: selbst Hoffen fällt mir schwer

Beitrag von Marika »

Ein liebes Hallo!

Schön, dass du dich uns anvertraut hast - wir sind hier sehr gerne für dich da!

Vorab: super, dass du dir bereits Hilfe geholt hast. Du wirst sehen, dass wenn die Medikamente greifen, es dir sehr bald eine Grundstabilität geben wird auf der du aufbauen kannst. Auch die Familienhelferin wird dich sehr entlasten. Mit 2 Kindern gerade in dem Alter ist das mega anstrengend, das kenne ich auch von "gesunden" Mamas. Hast du übrigens gewusst, dass das Schreien des eigenen Kindes beim Menschen den höchsten messbaren Stresslevel auslöst? Das konnte klar belegt werden! Nichts ist stressiger und bei nichts anderem schüttet der Körper mehr Stresshormone aus, als in der Situation, wenn das eigene Kind weint. Und Stress bzw. Stresshormone sind ein Begünstigungsfaktor von psych. Krisen usw.

Darf ich fragen, was für ein Medikament du bekommen hast?
Liebe Grüße von
Marika

Diagnose:
schwere PPD 2005
heute völlig beschwerdefrei mit 10 mg Cipralex
engelchen1202

Re: selbst Hoffen fällt mir schwer

Beitrag von engelchen1202 »

Hallo.
Heute ist es richtig schlimm! Und das um DIE Uhrzeit. :cry:
Letzte Woche war die Große erkältet - jetzt sind der Kleine und ich dran...
Ich hab Schmerzen und bin müde...
Ich würde am liebsten in eine Klinik!
Aber das geht nicht, weil ich niemanden habe, der nach meinen Mäusen guckt. :(

Ich nehme seit vier Tagen Citalopram.
Gruß
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Marika
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Re: selbst Hoffen fällt mir schwer

Beitrag von Marika »

Hallo

oh je, das klingt übel. Du bist auch gerade erst in der Anfangsphase mit dem AD - da kann es manchmal sein, dass es kurzfristig noch schlimmer wird. Und Morgens ist der Serotoninspiegel am niedrigsten - das kommt dann auch noch belastend dazu - man nennt das "Morgentief". Aber die Aussicht besteht, dass es über den Tag besser wird - da baut sich besagtes Serotonin wieder mehr auf, was meist zu einer Linderung der Symptome führt.

Dein Mann kann sich nicht frei nehmen, bis am Freitag die Familienhilfe kommt? Wie viel mg Citalopram nimmst du?
Liebe Grüße von
Marika

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schwere PPD 2005
heute völlig beschwerdefrei mit 10 mg Cipralex
engelchen1202

Re: selbst Hoffen fällt mir schwer

Beitrag von engelchen1202 »

Hallo.
Nein, leider nicht. Er ist noch in der Grundausbildung bei der Bundeswehr. Morgen hat er Vereidigung... Danach darf er vielleicht sogar wieder über Nacht nach Hause.
Ich hab jetzt vier Tage 10mg genommen - quasi zur Eingewöhnung - und ab heute dann 20mg.
Astrid77

Re: selbst Hoffen fällt mir schwer

Beitrag von Astrid77 »

Also wenn du krank bist und du glaubst es geht gar nichts mehr, kannst du ins Krankenhaus gehen, und jemand kümmert sich dann um deine Kinder. Mir gings mit Neugeborenem und dem älteren Kind (damals 2) auch so, der Mann war weg, manchmal 2 Wochen am Stück. Und der Gedanke "Wenn alles nicht mehr geht, gehe ich ins Krankenhaus", hat mich immer getröstet. Mir hat das eine Dame von einer telefonischen Beratung für Schwangere und Mütter in einer Krise gesagt, hat mir auch gleich die Nummer vom psychosozialen Notdienst gegeben. Bzw. hat sie mir einige Nummern gegeben, sodass ich eine kleine Notfall-liste hatte. Das hat mir sehr geholfen, dass ich wusste, ich könnte auch mitten in der Nacht, wenn ich mit Schreibaby alleine und am Verzweifeln bin, mir Hilfe rufen. Oder auch, wenn man nächste lang, tage lang nicht richig geschlafen hat und kurz vorm Zusammenbruch steht.
Es ist immer jemand für dich da, zu jeder Uhrzeit, auch um 4 Uhr morgens! Niemand muss sich alleine durchkämpfen, EGAL wen du anrufst, ob es jetzt ein Notdienst ist oder "bloß" die Telefonseelsorge, jeder kann und will dir helfen.
engelchen1202

Re: selbst Hoffen fällt mir schwer

Beitrag von engelchen1202 »

Leider muss ich weiter "jammern"...
Die Dame von der Telefonseelsorge konnte mir nicht wirklich weiter helfen...
Sie hat mir nur die Telefonnummer vom nächsten Krankenhaus gegeben...
Dort habe ich angerufen und meine Situation geschildert, aber die meinten nur, dass sie mich mit Kindern nicht aufnehmen könnten...
Ich bin total am Ende. Ich hab Ohren-Schmerzen und hab schon 3000mg Paracetamol genommen (je 1000mg seit 12 Uhr.
Ich weiß nicht, wie ich es schaffen soll, mich weiter um die Kinder zu kümmern :cry:
Astrid77

Re: selbst Hoffen fällt mir schwer

Beitrag von Astrid77 »

Oh Mann das gibts ja nicht! Das KH hätte wenigstens sagen können dass dich im Notfall aufnehmen. Ich meine, wenn du jetzt einen Zusammenbruch hättest, müssten sie es ja eh auch. Ich bleib dabei: wenn es die ehrlich dreckig geht und du glaubst du kannst nicht mehr, dann rufe den psychosozialen Dienst oder die Rettung. Du müsstest aber Klartext reden, dass du an ppd leidest. Ich hab damals ehrlich gesagt (beim Krisentelefon, nicht bei der Rettung), dass ich Ausgebrannt bin, Panikattacken habe, und es nicht mehr aushalte und Angst habe ich weiß nicht was ich als nächstes tue. Ich glaube das wurde dann eben auch als ernster Zustand angesehen.
Sabrina

Re: selbst Hoffen fällt mir schwer

Beitrag von Sabrina »

Hey ich nehme ebenfalls
Citalopram. Es wird dir helfen. Leider musst du dich noch etwas gedulden müssen bis es wirkt. Hast du mal auf der Homepage von Schatten u Licht geschaut wegen Kontakten? Kann dich sonst niemand unterstützen? Eltern? Großeltern?

Das mit dem Stresshormon beim Schreien des eigenen Kindes habe ich nicht gewußt. Wahnsinn was man hier alles lernen kann. Das macht mir Mut.
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Marika
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Re: selbst Hoffen fällt mir schwer

Beitrag von Marika »

Hallo,

wie geht es dir heute morgen, wie bist du durch die Nacht gekommen?

Wenn du auf unserer Startseite schaust, gibt es da eine Auflistung von Frauen, die man anrufen kann und die einen dann telefonisch fürs erste begleiten. Sie alle hatten PPD und wissen daher, wie es dir geht.

Eine weitere Möglichkeit: Du kannst deinen behandelnden Arzt informieren. Er kann dir ein spezielles Medikament verschreiben, dass man nimmt, bis das AD wirkt. Diese Medikamente nimmt man aber nur kurz, dafür wirken sie innerhalb von 20 - 30 min. und es geht einem schlagartig 100 x besser. Klingt super - hat aber den Hacken, dass sie bei längerem Gebrauch abhängig machen. Das soll dich jetzt aber nicht erschrecken, ich habe auch so ein Medikament für sogar 8 Wochen genommen. Es hat mir die erste brutale Zeit bis das AD gewirkt hat, wirklich super geholfen durch den Tag zu kommen. Danach konnte ich es ohne Probleme wieder absetzen. Bevor du wirklich alleine mit den Kids zusammenbrichst, würde ich auf jeden Fall diese Option wählen.

Nicht aufgeben, ja! Wir kennen alle diese furchtbaren Gefühle, wir haben alle das gleiche durchgemacht. Daher wissen wir auch eines ganz sicher: Es wird wieder gut, aber du musst kämpfen!!!!
Liebe Grüße von
Marika

Diagnose:
schwere PPD 2005
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engelchen1202

Re: selbst Hoffen fällt mir schwer

Beitrag von engelchen1202 »

Ich musste mich vorhin - nach 6000mg Paracetamol (seit gestern Mittag) - übergeben.
Jetzt ist eine Familienpflegerin da. Ich hab bei der Caritas angerufen und meine Situation geschildert. Die konnten zum Glück spontan jemanden schicken.
Sie versorgt dann erstmal meine Mäuse, bzw geht auch gleich die Große vom Bus abholen.
Dann werde ich es hoffentlich bis heute Abend schaffen.
Hab schon Kontakt zu meinem Mann aufgenommen... Vielleicht fährt er mich heute Abend noch in die Klinik...
Ich würde aber am Liebsten in eine, die die Kinder - zumindest aber den Kleinen - aufnimmt.
Fazit: seit die Familienpflegerin da ist, ist es deutlich besser! Ich weiß dass sich jemand um die Kinder kümmert und muss mir nicht mehr so viele Vorwürfen machen.

Danke euch allen, dass ihr mir geholfen habt, den gestrigen Tag zu überstehen. :D
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Marika
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Re: selbst Hoffen fällt mir schwer

Beitrag von Marika »

Hallo,

das hast du ganz toll gemacht, mensch bist du eine starke Frau!!! Hast trotz deinem schlechten Zustand wieder Hilfe organisiert! Ich ziehe den Hut vor dir! Wirst sehen - es wird aufwärts gehen. Super wäre, wenn dein Mann bald bei dir sein könnte - dann könnt ihr entscheiden wo du dich am besten aufgehoben fühlst. Ein Klinikaufenthalt kann sehr gut helfen, wieder Boden unter die Füße zu bekommen!
Liebe Grüße von
Marika

Diagnose:
schwere PPD 2005
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engelchen1202

Re: selbst Hoffen fällt mir schwer

Beitrag von engelchen1202 »

Jetzt geht's ins Krankenhaus.
Ich melde mich, wenn ich kann.
Sanna
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Re: selbst Hoffen fällt mir schwer

Beitrag von Sanna »

Hallo!

Ich finde das eine sehr gute und mutige Entscheidung! Du wirst sehen, dass es dir in der Klinik Schritt für Schritt besser gehen wird. Dort kann man dich auch unter Aufsicht medikamentös richtig einstellen. Die angebotenen Therapien werden dabei helfen dich zu stabilisieren.

Du hast in deiner schwierigen Situation genau das richtige gemacht und dir Hilfe geholt! Das hast du ganz, ganz toll gemacht!!!! Du wirst sehen, dass es langsam aber sicher besser werden wird.

Ich drücke dir alle Daumen.

LG, Sanna
schwere PPD 2012, heute komplett symptomfrei
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