Dann stelle ich mich mal vor...

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Blume85

Dann stelle ich mich mal vor...

Beitrag von Blume85 »

Hallo zusammen,

ich bin eigentlich nicht so der große "Schreiber" und weiß jetzt auch nicht so ganz, wie man sich am besen vorstellt, was man so schreibt usw... Ich fange einfach mal an...

Vor einem knappen Monat bin ich das erste Mal Mutter geworden von einem süßen und gesundem Söhnchen. Und irgendwie ist dann nichts so geworden, wie ich es mir vorgestellt hatte. Da die Entbindung nicht normal und unkompliziert war, war unser Start auch irgendwie schon schwierig. Das Stillen habe ich dann ca. drei Tage Tag und Nacht probiert und es hat gar nicht geklappt. Irgendwann waren dann der Kleine und ich nur am heulen. Jetzt pumpe ich ab und soweit funktioniert das auch ganz gut. Aber aus diesem Tief bin ich bis heute nciht mehr so wirklich rausgekommen... Zwar ist es nicht mehr so, dass ich andauernd weine, das ist schon weniger geworden. Aber ich bin überhaupt nicht glücklich in meiner jetzigen Rolle. Ich finde meinen Sohn ganz süß und niedlich und habe ihn auch lieb, aber so richtige Muttergefühle habe ich nicht. Und den Alltag als frische Mama finde ich auch alles andere als toll. Klar, das ist alles noch ganz frisch, das weiß ich. Aber jeden morgen denke ich "lass den Tag schnell rumgehen" und jeden Abend denke ich "lass die Nacht schnell rumgehen". Ich bin fast immer niedergeschlagen oder schlecht gelaunt. Nichts macht mir mehr richtig Freude. Ich muss mich richtig zwingen rauszugehen zum spazieren oder sowas. Und um mich rum sind viele Freunde mit kleinen und größeren Kindern. Die gehen total in ihrer Rolle auf. Und ich denke immer "und das soll es jetzt sein für die nächsten Monate/Jahre?" Das ist momentan für mich eine richtige Horrorvorstellung. Dann gucke ich meinen Sohn an und es tut mir so unendlich leid, dass ich so denke. Ich hoffe immer, dass er das nicht mal irgendwie mitbekommt. Und das ist auch meine große Angst: Was ist, wenn es mir immer schlechter geht und ich das irgendwann auf ihn projiziere und ich ihn dann irgendwie doof finde oder so?!

Ich muss dazu sagen, dass ich grundsätzlich wohl eher ein negativer und sehr skeptischer Mensch bin. Bei mir ist schon sehr viel passiert und da ist wohl das positive Denken und der Optimismus auf der Strecke geblieben. Ich habe auch gar nicht den Anspruch, dass ich jetzt alles super toll und überwältigend finden muss, aber ich möchte mal wieder an etwas Freude haben. Und nicht durchweg schlechte Laune und zu nichts Lust haben.

Ich habe mir das alles ganz anders vorgestellt. Und jetzt sitze ich zu Hause mit meinem Söhnchen und weine und hoffe, dass die Tage schnell vergehen.

Ich möchte mich wieder auf und über Dinge freuen können. Aber im Moment finde ich die Mutterrolle einfach nur deprimierend und ich kann mir nicht vorstellen, dass ich da mal so richtig reinfinde...

Und naja, jemandem das alles erzählen (außer meinem Mann) traue ich mich auch nicht. Dann werde ich bestimmt schnell verurteilt. Das glaube ich zumindest. Ich habe zu große Angst auf Unverständnis zu treffen und dann fühle ich mich wahrscheinlich noch viel schlechter. Wenn ich es aber wie bisher niemandem sage, muss ich immer schön meine Rolle der glücklichen Mutter spielen, und das macht es natürlich auch nicht besser oder einfacher.

Wie macht ihr das alles? Was habt ihr für Erfahrungen gemacht? Was hilft euch weiter?

Ich freue mich über jede Reaktion und Antwort!

Liebe Grüße,

Blume85
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Marika
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Re: Dann stelle ich mich mal vor...

Beitrag von Marika »

Hallo liebe Blume,

herzlich Willkommen hier bei uns und vielen Dank für deine Geschichte. Sie zeigt nämlich wieder einmal, dass ein Kind zu bekommen, dass Leben nicht nur positiv beeinflussen kann. Meine Nachsorgehebamme sagte einmal zu mir: Eine Schwangerschaft und Geburt ist auch immer eine Art Krisen Situation. Man muss sich neu organisieren, in die Mutterrolle finden und daneben aber weiterhin Partnerin, Freundin, Frau sein bzw. bleiben. Und auch wenn es dir im Moment so vorkommt dass alle anderen das schaffen, nur du nicht - glaub mir - das ist nicht so. Den meisten geht es Anfangs so, nur ganz viele "spielen" aus Scham die glückliche Mama.... genau wie du im Moment.

Mir ging es damals (neben meiner Depression) genau so. Ich habe dann aber angefangen, RAUS ZU GEHEN. Baby in den Kinderwagen und ab in die Stadt - unter Menschen. Sehr bald sind mir all die anderen Mamas mit Kind aufgefallen, die wie ich alleine ihrer Wege gingen, Kaffee tranken.... irgendwie kam man ins Gespräch... und weißt du was? Sie taten es alle aus dem selben Grund: daheim fiel ihnen die Decke auf den Kopf, sie fühlten sich überfordert, hatten das Gefühl dass niemand sie verstand. Und das waren aber Mamas, die nicht wie ich eine PPD hatten. Das hat mir gezeigt, dass es fast allen ein Stück weit so wie mir geht und dass das völlig normal ist, wenn man gerade frisch Mama geworden ist. Aus den Gesprächen haben sich dann richte Treffen ergeben, man hat sich verabredet in der Stadt, hat beschlossen gemeinsam zum Babyturnen zu gehen. Immer öfter folgten dann Einladungen auch nach Hause auf beiden Seiten und über Jahre gehörte das zu meinem regelmäßigen Aktivitäten.

Das hat mir sehr geholfen, denn ich habe erkannt, ich bin eben NICHT alleine - es geht den anderen Mamas genau so. Und durch das reden miteinander fiel uns die Rolle der "Mama" immer leichter und wir sind hinein gewachsen. Manche Freundschaften bestehen noch heute, obwohl mein Sohn schon 11 Jahre alt ist.

Fazit: der Austausch hier und das Treffen mit anderen Mamas hat mir extrem geholfen.

Ich hoffe, du fühlst dich hier bei uns genau so wohl. Und evlt. traust du dich auch den Schritt hinaus zu machen.
Liebe Grüße von
Marika

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heute völlig beschwerdefrei mit 10 mg Cipralex
Sanna
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Re: Dann stelle ich mich mal vor...

Beitrag von Sanna »

Hallo und herzlich willkommen!

Du bist garantiert NICHT alleine mit deinen Gefühlen. Mir ging es beim ersten Kind auch so (und da hatte ich keine PPD), dass ich lange gebraucht habe, um in die Mutterrolle hinein zu finden. Ich fand die ersten Monate mit Baby alles andere als toll. Es war anstrengend, ich war übermüdet, zuhause von meinen Freundinnen (alle kinderlos) isoliert und die Arbeit hat mir gefehlt. Das wurde aber nach und nach besser, bis ich in meinem Leben als Mama angekommen war. Dabei hat es mir ebenfalls geholfen raus zu gehen und andere Mamas zu treffen. Ich habe auch sehr schnell wieder angefangen zu arbeiten, was für mich genau der richtige Weg war.

Nur Mut, das wird schon. Lass dich bloß nicht davon blenden, dass alle so tun, als wäre deren Mutter-Dasein perfekt. Denn das ist es nicht!

LG, Sanna
schwere PPD 2012, heute komplett symptomfrei
Blume85

Re: Dann stelle ich mich mal vor...

Beitrag von Blume85 »

Liebe Marika, liebe Sanna,

vielen vielen Dank für eure Antworten!

Ihr habt mit Sicherheit recht damit, dass ich rausgehen sollte unter Menschen. Das hat meine Hebamme mir auch gesagt. Um ehrlich zu sein, war ich gestern das erste mal überhaupt allein mit meinem Sohn draußen. Ich weiß nicht warum, aber ich habe irgendwie Angst, dass er zum Beispiel schreit und ich ihn nicht beruhigt kriege. Und dass dann alle Augen auf mich gerichtet sind. Natürlich sollte mir das egal sein, aber ist es eben nicht. Ich setze mich selbst so sehr unter Druck... Oder dass halt irgend etwas anderes Unvorhergesehenes passiert, mit dem ich dann überfordert bin. Klar, mein Mann sagt immer "Was soll schon Schlimmes passieren, außer dass er schreit?" Ja ich weiß das!!! Aber trotzdem bin ich unheimlich gehemmt. Da ich keinen Führerschein habe, bin ich mit Bus und Bahn unterwegs. Wir wohnen auch relativ zentral. Aber ich habe mich bisher auch nicht getraut mit ihm im Bus zu fahren. Ich weiß nicht, vor was ich so Angst habe, aber die habe ich nunmal und kann sie einfach nicht abschütteln. Kennt ihr das?

Ich würde mich auch so gerne einer Freundin anvertrauen. Es wäre ja so schön, sich mal mit jemandem zu treffen und zu unterhalten, bei dem ich mal die Fassade fallen lassen kann. Aber da gibt es halt nicht viele. Die kinderlosen Freunde können da wahrscheinlich nicht viel mit anfangen und die, die Kinder haben, sind voll eingespannt und rennen zwischen Kursen hin und her und sind eben die richtigen Mütter. Naja, und sich da jemandem anzuvertrauen fällt mir wirklich schwer. Wie soll ich entscheiden, wer wohl einigermaßen nachvollziehen kann, wie es mir gerade geht?

Aber es ist schön zu wissen, dass es euc hauch so ging. Dann fühle ich mich schonmal nicht ganz so "unnormal"...
Sabrina

Re: Dann stelle ich mich mal vor...

Beitrag von Sabrina »

Hallo Blume,

mir ging es auch so. Ich dachte am Anfang "und das ist es jetzt geswesen?"...und jetzt ist meine Tochter 13 Monate alt und es ist einfach nur toll. Das wird sich bei dir auch ändern. Glaube mir.
Ihr müsst euch beide noch aneinander gewöhnen und sobald ein Rhythmus da ist, fällt es dir auch leichter. Wenn du merkst, du kommst nicht aus dem tief raus, würde ich ein Antidepressivum in Erwähgung ziehen.
Graureiherin
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Registriert: 07:01:2015 12:57

Re: Dann stelle ich mich mal vor...

Beitrag von Graureiherin »

Hallo Du,

ich musste das Rausgehen nahezu neu lernen.

Es war die ersten Wochen eine Überwindung. Alles erschien mir so beschwerlich. Wenn ich ca. eine halbe Stunde zu Fuß von zu Hause weg war, brach mir fast der Schweiß aus, bei dem Gedanken was ist wenn das Baby jetzt anfängt zu schreien? Einkaufen nahezu ein innerer Wettlauf... Mein Partner war drei Wochen lang nur noch mit dem Tragetuch unterwegs, weil unsere Tochter einmal! im Kinderwagen gequengelt hat! Das zur Entspanntheit der Väter beim ersten Kind :wink:

Es ist aber tatsächlich so, dass man sich an diese Situationen gewöhnt. Deswegen solltest Du sie Dir -trotz Überwindung- zutrauen. Fast alle Personen reagierten übrigens mit Verständnis, wenn tatsächlich mal Geschrei sein sollte, im Sinne von "das mussten wir alle durchmachen"... "Gott, bin ich froh, dass unsere Kinder schon groß sind und wir das hinter uns haben"...

mit lieben Grüßen
die Graureiherin
postpartale Zwangserkrankung 10/2012
Cipralex bis 2014
Rückschlag 2015, wieder Escitalopram bis 15mg
langsame Reduzierung auf 5 mg Escitalopram seit Juli 2017
Verhaltenstherapie beendet seit September 2017
Graureiherin
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Re: Dann stelle ich mich mal vor...

Beitrag von Graureiherin »

ach so, ich denke die Angst kommt von der neuen Lebenssituation, der Überforderung und auch davon, vor anderen sozusagen zu "versagen", eine Situation nicht im Griff zu haben. Ich kenne aber keinen, der nicht irgendwann einmal richtig hilflos war mit kleinem Baby, sogar meine Freundin die Hebamme ist!
postpartale Zwangserkrankung 10/2012
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