Meine Erlebnis mit der Depression und der Weg danach...

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Lilly

Meine Erlebnis mit der Depression und der Weg danach...

Beitrag von Lilly »

Hallo Zusammen,

seit Anfang 2016 lese ich im Forums mit und es tut mir sehr gut. Das Gefühl, dass es anderen Frauen ähnlich geht, sich selbst in den Erzählungen wieder zu finden, hat mir meine ich mehr geholfen als die Therapie.

Ich habe/hatte keine PPD im klassischen Sinne, sondern eine Depression mit Zwangsgedanken und Panikstörung diagnostiziert bekommen. Meine Tochter war da bereits 6 Jahre alt. Es hat mich halbwegs aus heiterem Himmel getroffen und ich frage mich immer noch wieso.

2011 hatte ich die erste Panikattacke. Ich habe mir sehr schwer getan mich nach der Elternzeit wieder im Arbeitsleben einzufinden. Mich vollwertig zu fühlen. Anfang 2013 habe ich einen neuen Job angefangen in dem ich auch heute noch bin. Ab da wurden die Panikattacken mehr. Hauptsächlich in beruflichen Besprechungen, aber auch in der Sbahn oder im Auto.

Im November 2015 überfielen mich Zwangsgedanken in Bezug auf meine Tochter, die Folge war eine schwere Depression. 7 Wochen in verbrachte ich darauf hin in einer Tagklinik.
Die Zwangsgedanken weiteten sich noch aus.
Ich dachte ich werde verrückt, konnte nicht mehr schlafen, wachte mit Herzrasen immer wieder auf.
Konnte nichts mehr empfinden. Alles machte mir Angst. Auch stationär in der Klinik zu sein machte mir Angst. Zuhause war halbwegs erträglich, doch ich konnte mit meiner Tochter vor Angst kaum alleine sein.

Gegen Medikamente habe ich mich erst gewehrt, musste mich dann aber geschlagen geben und kann es von meiner Seite nur empfehlen. Auch wenn ich es mir schlecht erklären kann wie sie mir geholfen haben. Ich nahm Sertralin 100mg und Quetiapin 50mg zum Schlafen.

Derzeit habe ich bis zur Hälfte ausgeschlichen.
Ich schlafe wieder bestens.
Eine Therapie die mir aus meiner Sicht nicht soviel gebracht hat habe ich vorerst abgeschlossen.

Noch kurz rund um Kind und Kegel.
Ich hatte eine Frühgeburt in der 28 Woche. War viel allein, da der Vater meiner Tochter in Österreich arbeitete.
2012 haben wir uns dann getrennt und seitdem wohnen wir bei meiner Mutter (eine meiner Baustellen).
Seit 3,5 Jahren habe ich einen Freund, aber die Beziehung. Er sagt alles wäre anders seit meiner Erkrankung (auch eine Baustelle).

Mir selbst geht es jedoch gut soweit. Ich habe einfach viel mit mir selbst zu tun und mit meiner Tochter. Die Arbeit ist mir wichtig und es läuft gut (gerade keine Baustelle) Ich habe derzeit keine Attacken mehr.

Aber ich habe immer noch die Frage nach dem Warum in mir und auch Angst ob es wieder kommt. Ich freue mich auf Tips für den Umgang mit der Erinnerung an die Erkrankung und gebe gerne Ratschläge aus meiner Erfahrung heraus.

Viele liebe Grüße
Lilly
Graureiherin
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Beiträge: 530
Registriert: 07:01:2015 12:57

Re: Meine Erlebnis mit der Depression und der Weg danach...

Beitrag von Graureiherin »

Hallo Du,

eine gute Threrapie finde ich wichtig. Evtl. kannst Du Dich nochmals auf eine Thera einlassen? Gerade um das Warum bzw. das Woher nochmals genauer für Dich herauszuarbeiten.

Ansonsten glaube ich, dass es wichtig ist sich bewußt zu machen, dass die Erinnerungen immer wieder aufblitzen werden. Und sich auch bewußt zu sein, dass dann unangenehme Gefühle kommen können. Diese Phasen gehör(t)en zu unserem Leben, sind teil unserer Erfahrung und sie haben/hatten ihre Berechtigung! Unsere Seele hat auf einen Umstand reagiert und deutlich gezeigt, dass etwas grundlegend nicht stimmt. Dadurch haben wir die Chance zu erkennen was nun ansteht und was ich tun kann, damit es mir zukünftig besser geht.

Übermäßge Zweifel sollten nicht die Oberhand gewinnen im Sinne von "jetzt geht alles wieder los... was tue ich nur wenn es wieder so schlimm wird...". Ich denke auch, es ist wichtig Symptome nicht allzu negativ zu bewerten. Ich habe die Erfahrung gemacht, wenn ich mich zu sehr in die Symptome reinsteigere, dann gehe ich vom Kern des Ganzen weg. Verstehst Du was ich meine?

Und mir hat noch eine Aussage in der Meditationsstunde geholfen. Alles im Leben ist im Fluss der Veränderungen. Die Vergangenheit (also auch die Erinnerung), die Gegenwart und die Zukunft. Wenn ich mich z. B. heute an ein Erlebnis vor zwei Wochen erinnere, dann wird diese Erinnerung eine andere sein, wie wenn ich mich in zwei Jahren daran zurück erinnere. Genauso wird sich die Erinnerung an die schlimme Zeit der Depression, Ängste etc. verändern.

mit lieben Grüßen
die Graureiherin
postpartale Zwangserkrankung 10/2012
Cipralex bis 2014
Rückschlag 2015, wieder Escitalopram bis 15mg
langsame Reduzierung auf 5 mg Escitalopram seit Juli 2017
Verhaltenstherapie beendet seit September 2017
Lilly

Re: Meine Erlebnis mit der Depression und der Weg danach...

Beitrag von Lilly »

Liebe Graureiherin,

vielen Dank für Deine Antwort.
Vielleicht hatte ich auch die falsche Therapeutin.
Wir kamen zwar gut miteinander aus, aber ich konnte mich nicht ganz öffnen. Ich schäme mich für die Zwangsgedanken. Ich kann mir nicht logisch erklären wie ich zu sowas komme. Momentan habe ich zwar keine Ängste mehr, aber ich möchte "verstehen" was es war. Aber vielleicht kann man die Psyche auch nicht verstehen. In meinen Augen hat mir das Sertralin am meisten geholfen. Aber auch da weiss ich nicht wie. Ich hatte keine Nebenwirkungen, auch jetzt beim Ausschleichen nicht. Wie ein Placebo. Trotzdem habe ich Sorge es ganz abzusetzen.
Auf jeden Fall achte ich mehr auf mich. Ich bin gelassener geworden. Vielleicht durch das Sertralin? Aus der Therapie habe ich mitgenommen unangenehme Situationen zu akzeptieren und nicht zu ernst zu nehmen. Aber ich hatte kein Aha-Erlebnis, auf das warte ich eben noch. Manchmal ist mir auch gar nicht klar was ein Psychologe genau tut. Man erzählt seine Geschichte und er hört zu, schreibt mit...gibt Empfehlungen. Machen die sich danach noch Gedanken über die Person und überlegen ein Ziel einen Weg...? Mir erklärt sich auch das nicht ganz.

Viele liebe Grüße, Lilly
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Marika
power user
Beiträge: 9949
Registriert: 04:06:2005 16:05

Re: Meine Erlebnis mit der Depression und der Weg danach...

Beitrag von Marika »

Hallo,

das Wie und Warum ist oft eine Frage die uns bewegt - sehr verständlich.

Ich würde dir Bücher zum Thema Zwang empfehlen, dann kannst du vestehen was ZG sind und wie sie entstehen - was dabei also im Gehirn passiert.
Auslöser gibt es genug: Sie können in der KIndheit liegen, aber auch der Hormonsturz nach der Geburt ist ein ganz gravierender Faktor, der sich massiv negativ auf den Gehirnstoffwechsel auswirken kann. Wenn die Botenstoffe im Gehirn nicht passen, kommt es zu psych. Erkrankungen - es finden dann quasi "Fehlschaltungen" im Gehirn statt. Das AD greift genau dort ein und es kommt zu einer Verbesserung. Auch hier empfehle ich dir, dich über Bücher zu informieren. Für mich war das VERSTEHEN ein Schlüssel zum Gesund werden.

In einer Therapie erarbeitet der Therapeut normalerweise zusammen mit dir wie du oft unbewusste ungesunde Verhaltensmuster erkennen und verändern kannst. Es ziehlt auf ein "Umtrainieren" von bestimmten Gehirnarelen ab. Das Gehirn ist ein Muskel und kann genau wie ein anderer verändert - also stimmuliert werden. Daher ist eine Therapie sehr wichtig. Voraussetzung ist natürlich ein guter Therapeut. 8)
Liebe Grüße von
Marika

Diagnose:
schwere PPD 2005
heute völlig beschwerdefrei mit 10 mg Cipralex
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