Ich weiß nicht weiter.
Verfasst: 06:10:2017 11:24
Schwanger sein ist die schönste Zeit im Leben einer Frau – so tönt es von draußen. Mutterglück. Man strahlt so von innen heraus.
Meine Schwangerschaft war geplant. Ja, so richtig. Wir wussten – jetzt ist es soweit. Der erste Zyklus war nicht erfolgreich. Spannende Zeit und wir rechneten mit noch weiteren Zyklen ohne Erfolg. Aber schon der zweite sollte es sein. Mein Freund sagte sogar nach dem Verkehr – wir bekommen ein Kind!
Die ersten Wochen der Schwangerschaft liefen super – außer ein paar Unterleibskrämpfen (die ich nur zu gut von meiner Menstruation kannte) ging es mir gut und ich freute mich darüber, dass es so schnell und unkompliziert klappte. Ich posaunte noch heraus: „Bin ich froh, dass ich nichts mit Übelkeit zu tun habe.“ Denkste. Ab circa der 9. Schwangerschaftswoche erwischte es mich. Und zwar so richtig. Wenn ich mich nur fünfmal am Tag übergab, dann war es ein guter Tag. „Schwanger sein ist die schönste Zeit im Leben einer Frau – man strahlt so von innen heraus.“ Diese Phase dauerte so etwa acht Wochen. Ich nahm ab, konnte nicht aus dem Bett aufstehen, mich nur mit Medikamenten über Wasser halten und fühlte mich schrecklich einsam. Das lag an mir. Ich wollte keinen Besuch empfangen, der mir dann womöglich die Haare über der Toilette zurückhalten sollte.
Nach diesen Wochen ging es allerdings wieder bergauf. Wir verreisten nach Italien und nach Den Haag. Ich fühlte mich besser. Der Bauch wuchs und es wurde realer. Die Schwangerschaft. Das Gefühl, dass da wirklich etwas in mir heranwächst. Aufregend. Die Ultraschall-Termine und insbesondere die Geschlechtsbestimmung waren die Highlights. Es sollte ein Junge werden. Wider aller Erwartungen im Umfeld. „Lisa, du siehst so schlecht aus, es wird bestimmt ein Mädchen. Mädchen nehmen die Schönheit der Mutter.“, oder „Lisa, du trägst deinen Bauch rund. Du bekommst sicher ein Mädchen.“ Ich liebte Ammenmärchen. Immer schon. Nicht so sehr.
Nun war endlich langsam Endspurt. Etwa zwei Monate vor dem Entbindungstermin entwickelte ich einen zu hohen Blutdruck, nicht übermäßig hoch, aber eben grenzwertig. Die Ärzte*innen schlugen Alarm. Hin und wieder Eiweiß im Urin. Präklampsie, Schwangerschaftsvergiftung und ähnliche Begrifflichkeiten schwebten im Raum. Täglich Blutdruck messen galt als Ansage. Der Frauenarzt, zu dem ich ein Vertrauensverhältnis aufbaute, fuhr in den Urlaub, wollte, dass ich mich in dieser Zeit in meiner Wunschklinik vorstelle zur Geburtsbesprechung. Also folgten Vorsorgeuntersuchungen bei der Vertretung und Besuche im Krankenhaus von dann an regelmäßig. Jede*r sagte etwas anderes. „Einleiten.“, „Sie schaffen es nicht in die 40. Woche.“, „Die Werte sind viel zu hoch.“, „Die Werte sind nicht pathologisch – wir warten.“, „Einleiten.“. Ein ewiges hin & her. Schließlich entschied die Oberärztin im Krankenhaus uns zum Ende der 38. Schwangerschaftswoche zur Geburtseinleitung einzubestellen. Ich vertraute auf sie. Wir also mit gepackten Koffern los in Krankenhaus – mit dem Gedanken: Nach Hause gehen wir dann wohl zu dritt. Die Oberärztin ist im Urlaub. Eine andere Ärztin untersucht mich, erklärt mir, dass alles in bester Ordnung sei, der Blutdruck hatte sich gut eingestellt Dank der Medikamente. Der Dopplerultraschall ergab, dass das Baby gut versorgt ist. Also doch wieder nach Hause. So ging es die nächsten zwei Wochen weiter. Krankenhaus. CTG. Doppler. CTG beim Frauenarzt usw.
Schließlich, ein paar Tage vor meinem Entbindungstermin, informiert mich mein Frauenarzt darüber, dass ich ein spitzes Schambein habe und nicht im Liegen entbinden solle, da die Gefahr bestünde, dass das Baby nicht durch passe. Prima. Beim nächsten CTG im Krankenhaus diese Info an die Ärztin weitergegeben und zusätzlich angefragt, ob es denn normal sei, dass das Baby noch so weit oben sitze. Das Köpfchen hat sich noch nicht ins Becken gesenkt. Die Ärztin sagte forsch: „Ohne Wehen kann sich das Baby nicht senken. Ist doch wohl klar.“ Gut. Klar. Jetzt.
Einen Tag nach meinem ausgerechneten Entbindungstermin waren wir zum letzten CTG beim Frauenarzt. CTG ohne Wehen. Der Arzt sagte ich solle mich darauf einstellen, dass es noch einige Tage dauern würde. Gut. Er sollte allerdings nicht Recht behalten...
Am Mittag begannen dann meine Wehen. Zuerst im 10 Minutentakt und dann zum Nachmittag hin immer regelmäßiger. Es sollte also losgehen. Voller Vorfreude und Neugier gingen wir gegen 18.00 Uhr Richtung Krankenhaus. CTG – alles gut, deutlich sichtbare und regelmäßige Wehen. Untersuchung – der Muttermund war bereits 2 fingerbreit auf. Gut. Die etwas forsche Hebamme sagte wir sollen nochmal für 1-2 Stunden spazieren gehen und dann wiederkommen. Schwer vorstellbar mit solchen Schmerzen. Aber klar – mit so einer Aussage rechneten wir und stiefelten also los. Eine Stunde haben wir geschafft. Zurück im Kreißsaal war es mittlerweile 20.30 Uhr. Und dann ging es so richtig los. Wehen fast ohne Pausen. Um kurz vor 22 Uhr bat ich um eine PDA. 22.00 Uhr Schichtwechsel. Ich bat die Nachthebamme wieder um eine PDA und sie versicherte mir, dass sie den Anästhesisten informiere. 22.30 Uhr. Kein Anästhesist. Ich bekam es mit der Angst zu tun. 22.45 Uhr immer noch nichts. 23.00 Uhr. 23.30 Uhr. Wehen ohne Pause. Die Hebamme, eine ganz tolle Hebamme, kam immer wieder kurz rein und schaute nach uns. 23.45 Uhr. Wehensturm. Keine Pause. CTG schlecht. Herztöne des Babys nur noch ein Strich. Immer noch kein Anästhesist. Ich muss mich hinlegen. Wegen der Herztöne. Aus einer stehenden Wehenden wird eine liegende Wehende. Es war schwer auszuhalten im Liegen, aber ich durfte nicht mehr aufstehen. Die Herztöne blieben schlecht. 0.00 Uhr. Endlich kam der Anästhesist. Nach FÜNFZEHN Minuten und FÜNF Einstichen in meine Wirbelsäule saß die PDA endlich. Laut Aussagen meines Freundes tropfte Blut von den Einstichen über meinen Rücken auf den Boden. Jetzt war alles still. Eine Stunde circa keine Schmerzen. Es ging mir gut. Mein Freund konnte ein paar Minuten die Augen zu machen. Und dann plötzlich bekam ich Schüttelfrost, mein Blutdruck sank, die Herztöne des Babys wurden wieder schlechter. Schließlich fielen die Herztöne immer wieder ganz ab. Der Schüttelfrost verwehrte es mir zu sprechen. Ärztinnen kamen. Untersuchungen liefen. Ich fühlte mich ausgeliefert. Keiner fragte mehr, ob er/sie mich untersuchen dürfe. Nacheinander untersuchten mehrere Ärztinnen und die Hebamme. Das Baby konnte nicht ins Becken rutschen. Es fielen Wörter wie „Saugglocke“ und „Zange“. Ich wollte mein Baby unbedingt spontan bekommen. Doch dann ging alles ganz schnell. Es musste ein Kaiserschnitt gemacht werden. Die Ärztin versicherte mir, dass ich sobald das Baby geboren ist, ich es auf die Brust gelegt bekomme und es solange bis ich zugenäht bin bei mir sein kann. Das ist das einzige woran ich mich erinnere was diese Ärztin mir erzählte. Dann ging es schon los. Keine Zeit zum nachdenken. Es ist alles nur noch passiert. Im OP dann. Es ruckelte. Wir wussten, jetzt wird er geboren. Gleich ist er da und dann sehe ich nur noch den Hinterkopf der Hebamme aus dem Raum stürmen mit einem Baby auf dem Arm welches nicht schrie. Fünfzehn Minuten lag ich auf dem OP-Tisch, mein Freund saß neben mir und wir wussten nicht was mit unserem Baby geschah. Fünfzehn Minuten in denen uns keiner sagte was los ist. Dann, endlich, ein kurzer Blick auf das Kind und es musste wieder weg. Wegen irgendwelcher Werte. Sauerstoff im Blut, glaube ich. Ich bat meinen Freund beim Baby zu bleiben. Unendliche Minuten in denen ich zugenäht wurde. Endlich zurück im Kreißsaal saß mein Freund mit unserem Baby im Arm, welches an einem Gerät angeschlossen war. Schichtwechsel. Die hektische Hebamme drückte mir schließlich das Baby auf meine Brust und stopfte ihm meine Brust in den Mund. Ohne zu fragen. Ich wusste nicht wie mir geschieht und hatte keinerlei Gefühl zu diesem Wesen. Und das tut mir bis heute so wahnsinnig leid.
Und wieder wurde mir das Baby weggenommen. Zum wiegen und messen. Mein Bett, auf dem ich mit tauben Beinen lag war zum Fenster gerichtet und hinter mir wurde mein Baby gewogen und gemessen. Ich konnte nicht mal zusehen. War da bloß wie abgestellt. Irgendwann ging es dann auf Station. Wieder wurde ich im Zimmer abgestellt, allein, mein Baby genommen und woanders angezogen. Dann folgten Tage des Horrors auf Station. Keinerlei Bindung zu diesem Kind, schmerzende Narbe, schmerzende Brüste, grobe Krankenschwestern im Stillzimmer.
Seitdem sind sechs Wochen vergangen und es geht mir seit der Entbindung schlechter denn je. Ich weine jeden Tag, habe Schuldgefühle, kann mich nicht konzentrieren, habe Angst mit meinem Kind alleine zu sein, mich quälen schlimme Gedanken die ich nicht denken möchte. Ich fühle mich wie eine Versagerin, weil ich keine spontane Geburt „geschafft“ habe. Ich möchte wegrennen, ganz alleine. Ich habe keinen Antrieb, kann mich auf und über nichts freuen.
Wie geht es euch? Kann sich jemand in meine Situation hineinversetzen? Ich freue mich über Antworten.
Liska
Meine Schwangerschaft war geplant. Ja, so richtig. Wir wussten – jetzt ist es soweit. Der erste Zyklus war nicht erfolgreich. Spannende Zeit und wir rechneten mit noch weiteren Zyklen ohne Erfolg. Aber schon der zweite sollte es sein. Mein Freund sagte sogar nach dem Verkehr – wir bekommen ein Kind!
Die ersten Wochen der Schwangerschaft liefen super – außer ein paar Unterleibskrämpfen (die ich nur zu gut von meiner Menstruation kannte) ging es mir gut und ich freute mich darüber, dass es so schnell und unkompliziert klappte. Ich posaunte noch heraus: „Bin ich froh, dass ich nichts mit Übelkeit zu tun habe.“ Denkste. Ab circa der 9. Schwangerschaftswoche erwischte es mich. Und zwar so richtig. Wenn ich mich nur fünfmal am Tag übergab, dann war es ein guter Tag. „Schwanger sein ist die schönste Zeit im Leben einer Frau – man strahlt so von innen heraus.“ Diese Phase dauerte so etwa acht Wochen. Ich nahm ab, konnte nicht aus dem Bett aufstehen, mich nur mit Medikamenten über Wasser halten und fühlte mich schrecklich einsam. Das lag an mir. Ich wollte keinen Besuch empfangen, der mir dann womöglich die Haare über der Toilette zurückhalten sollte.
Nach diesen Wochen ging es allerdings wieder bergauf. Wir verreisten nach Italien und nach Den Haag. Ich fühlte mich besser. Der Bauch wuchs und es wurde realer. Die Schwangerschaft. Das Gefühl, dass da wirklich etwas in mir heranwächst. Aufregend. Die Ultraschall-Termine und insbesondere die Geschlechtsbestimmung waren die Highlights. Es sollte ein Junge werden. Wider aller Erwartungen im Umfeld. „Lisa, du siehst so schlecht aus, es wird bestimmt ein Mädchen. Mädchen nehmen die Schönheit der Mutter.“, oder „Lisa, du trägst deinen Bauch rund. Du bekommst sicher ein Mädchen.“ Ich liebte Ammenmärchen. Immer schon. Nicht so sehr.
Nun war endlich langsam Endspurt. Etwa zwei Monate vor dem Entbindungstermin entwickelte ich einen zu hohen Blutdruck, nicht übermäßig hoch, aber eben grenzwertig. Die Ärzte*innen schlugen Alarm. Hin und wieder Eiweiß im Urin. Präklampsie, Schwangerschaftsvergiftung und ähnliche Begrifflichkeiten schwebten im Raum. Täglich Blutdruck messen galt als Ansage. Der Frauenarzt, zu dem ich ein Vertrauensverhältnis aufbaute, fuhr in den Urlaub, wollte, dass ich mich in dieser Zeit in meiner Wunschklinik vorstelle zur Geburtsbesprechung. Also folgten Vorsorgeuntersuchungen bei der Vertretung und Besuche im Krankenhaus von dann an regelmäßig. Jede*r sagte etwas anderes. „Einleiten.“, „Sie schaffen es nicht in die 40. Woche.“, „Die Werte sind viel zu hoch.“, „Die Werte sind nicht pathologisch – wir warten.“, „Einleiten.“. Ein ewiges hin & her. Schließlich entschied die Oberärztin im Krankenhaus uns zum Ende der 38. Schwangerschaftswoche zur Geburtseinleitung einzubestellen. Ich vertraute auf sie. Wir also mit gepackten Koffern los in Krankenhaus – mit dem Gedanken: Nach Hause gehen wir dann wohl zu dritt. Die Oberärztin ist im Urlaub. Eine andere Ärztin untersucht mich, erklärt mir, dass alles in bester Ordnung sei, der Blutdruck hatte sich gut eingestellt Dank der Medikamente. Der Dopplerultraschall ergab, dass das Baby gut versorgt ist. Also doch wieder nach Hause. So ging es die nächsten zwei Wochen weiter. Krankenhaus. CTG. Doppler. CTG beim Frauenarzt usw.
Schließlich, ein paar Tage vor meinem Entbindungstermin, informiert mich mein Frauenarzt darüber, dass ich ein spitzes Schambein habe und nicht im Liegen entbinden solle, da die Gefahr bestünde, dass das Baby nicht durch passe. Prima. Beim nächsten CTG im Krankenhaus diese Info an die Ärztin weitergegeben und zusätzlich angefragt, ob es denn normal sei, dass das Baby noch so weit oben sitze. Das Köpfchen hat sich noch nicht ins Becken gesenkt. Die Ärztin sagte forsch: „Ohne Wehen kann sich das Baby nicht senken. Ist doch wohl klar.“ Gut. Klar. Jetzt.
Einen Tag nach meinem ausgerechneten Entbindungstermin waren wir zum letzten CTG beim Frauenarzt. CTG ohne Wehen. Der Arzt sagte ich solle mich darauf einstellen, dass es noch einige Tage dauern würde. Gut. Er sollte allerdings nicht Recht behalten...
Am Mittag begannen dann meine Wehen. Zuerst im 10 Minutentakt und dann zum Nachmittag hin immer regelmäßiger. Es sollte also losgehen. Voller Vorfreude und Neugier gingen wir gegen 18.00 Uhr Richtung Krankenhaus. CTG – alles gut, deutlich sichtbare und regelmäßige Wehen. Untersuchung – der Muttermund war bereits 2 fingerbreit auf. Gut. Die etwas forsche Hebamme sagte wir sollen nochmal für 1-2 Stunden spazieren gehen und dann wiederkommen. Schwer vorstellbar mit solchen Schmerzen. Aber klar – mit so einer Aussage rechneten wir und stiefelten also los. Eine Stunde haben wir geschafft. Zurück im Kreißsaal war es mittlerweile 20.30 Uhr. Und dann ging es so richtig los. Wehen fast ohne Pausen. Um kurz vor 22 Uhr bat ich um eine PDA. 22.00 Uhr Schichtwechsel. Ich bat die Nachthebamme wieder um eine PDA und sie versicherte mir, dass sie den Anästhesisten informiere. 22.30 Uhr. Kein Anästhesist. Ich bekam es mit der Angst zu tun. 22.45 Uhr immer noch nichts. 23.00 Uhr. 23.30 Uhr. Wehen ohne Pause. Die Hebamme, eine ganz tolle Hebamme, kam immer wieder kurz rein und schaute nach uns. 23.45 Uhr. Wehensturm. Keine Pause. CTG schlecht. Herztöne des Babys nur noch ein Strich. Immer noch kein Anästhesist. Ich muss mich hinlegen. Wegen der Herztöne. Aus einer stehenden Wehenden wird eine liegende Wehende. Es war schwer auszuhalten im Liegen, aber ich durfte nicht mehr aufstehen. Die Herztöne blieben schlecht. 0.00 Uhr. Endlich kam der Anästhesist. Nach FÜNFZEHN Minuten und FÜNF Einstichen in meine Wirbelsäule saß die PDA endlich. Laut Aussagen meines Freundes tropfte Blut von den Einstichen über meinen Rücken auf den Boden. Jetzt war alles still. Eine Stunde circa keine Schmerzen. Es ging mir gut. Mein Freund konnte ein paar Minuten die Augen zu machen. Und dann plötzlich bekam ich Schüttelfrost, mein Blutdruck sank, die Herztöne des Babys wurden wieder schlechter. Schließlich fielen die Herztöne immer wieder ganz ab. Der Schüttelfrost verwehrte es mir zu sprechen. Ärztinnen kamen. Untersuchungen liefen. Ich fühlte mich ausgeliefert. Keiner fragte mehr, ob er/sie mich untersuchen dürfe. Nacheinander untersuchten mehrere Ärztinnen und die Hebamme. Das Baby konnte nicht ins Becken rutschen. Es fielen Wörter wie „Saugglocke“ und „Zange“. Ich wollte mein Baby unbedingt spontan bekommen. Doch dann ging alles ganz schnell. Es musste ein Kaiserschnitt gemacht werden. Die Ärztin versicherte mir, dass ich sobald das Baby geboren ist, ich es auf die Brust gelegt bekomme und es solange bis ich zugenäht bin bei mir sein kann. Das ist das einzige woran ich mich erinnere was diese Ärztin mir erzählte. Dann ging es schon los. Keine Zeit zum nachdenken. Es ist alles nur noch passiert. Im OP dann. Es ruckelte. Wir wussten, jetzt wird er geboren. Gleich ist er da und dann sehe ich nur noch den Hinterkopf der Hebamme aus dem Raum stürmen mit einem Baby auf dem Arm welches nicht schrie. Fünfzehn Minuten lag ich auf dem OP-Tisch, mein Freund saß neben mir und wir wussten nicht was mit unserem Baby geschah. Fünfzehn Minuten in denen uns keiner sagte was los ist. Dann, endlich, ein kurzer Blick auf das Kind und es musste wieder weg. Wegen irgendwelcher Werte. Sauerstoff im Blut, glaube ich. Ich bat meinen Freund beim Baby zu bleiben. Unendliche Minuten in denen ich zugenäht wurde. Endlich zurück im Kreißsaal saß mein Freund mit unserem Baby im Arm, welches an einem Gerät angeschlossen war. Schichtwechsel. Die hektische Hebamme drückte mir schließlich das Baby auf meine Brust und stopfte ihm meine Brust in den Mund. Ohne zu fragen. Ich wusste nicht wie mir geschieht und hatte keinerlei Gefühl zu diesem Wesen. Und das tut mir bis heute so wahnsinnig leid.
Und wieder wurde mir das Baby weggenommen. Zum wiegen und messen. Mein Bett, auf dem ich mit tauben Beinen lag war zum Fenster gerichtet und hinter mir wurde mein Baby gewogen und gemessen. Ich konnte nicht mal zusehen. War da bloß wie abgestellt. Irgendwann ging es dann auf Station. Wieder wurde ich im Zimmer abgestellt, allein, mein Baby genommen und woanders angezogen. Dann folgten Tage des Horrors auf Station. Keinerlei Bindung zu diesem Kind, schmerzende Narbe, schmerzende Brüste, grobe Krankenschwestern im Stillzimmer.
Seitdem sind sechs Wochen vergangen und es geht mir seit der Entbindung schlechter denn je. Ich weine jeden Tag, habe Schuldgefühle, kann mich nicht konzentrieren, habe Angst mit meinem Kind alleine zu sein, mich quälen schlimme Gedanken die ich nicht denken möchte. Ich fühle mich wie eine Versagerin, weil ich keine spontane Geburt „geschafft“ habe. Ich möchte wegrennen, ganz alleine. Ich habe keinen Antrieb, kann mich auf und über nichts freuen.
Wie geht es euch? Kann sich jemand in meine Situation hineinversetzen? Ich freue mich über Antworten.
Liska