Vorstellung :)

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Miri312
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Vorstellung :)

Beitrag von Miri312 »

Hallo liebe starken Frauen,
ich möchte mich vorstellen. Habe bisher nur gelesen. Achtung: der Text wird etwas länger, falls die Ein oder Andere sich setzen möchte und sich einen Kaffee holen will 😉
Ich bin Miriam, mittlerweile 41 Jahre alt und seit ziemlich genau einem Jahr mit meiner Krankheit beschäftigt. Aber jetzt von vorn….
Im Juni 2017 kam unsere Tochter gesund zur Welt. Im 3. ÜZ war ich schwanger und alles lief gut. Nach der Geburt 2 Tage kleiner Babyblues, aber nichts wildes. Etwas ängstlich war ich, aber ich würde sagen normal, wenn man das erste mal Mutter wird.
Das erste Jahr hat sie schlecht geschlafen…. Wir haben alles versucht. Aber dennoch war ich gut drauf. Erstmal wollten wir wieder vernünftig schlafen und mit der kleinen reisen, um evtl. Dann an ein Geschwisterchen zu denken. Bei mir kam der Wunsch ganz stark, als unsere Tochter 2 war. Mein Mann war erst nicht so überzeugt, sagte dann aber auf einmal, er wäre jetzt auch soweit! Super dachte ich, dass wird sicher klappen. Leider war dem nicht so. Ich wurde nach einem halben Jahr schwanger. War unglaublich glücklich. Die ersten Untersuchungen verliefen gut. Herzchen schlug und ich war guter Dinge. Leider hatte ich dann in der 10. Woche eine Fehlgeburt. Es zog mir den Biden unter den Füßen weg. Ich war sehr traurig! Ich musste zur Ausschabung und wurde (wie unsensibel) auf die Station gelegt, wo ich auch mit meiner ersten Tochter lag. Ein Zimmer weiter. Nur dieses Mal, weil unser Kind tot war und letztes mal voller Freude mit einem süßen Baby im Arm. Es war schlimm. Ich kam sehr spät dran, ich lag 6 Stunden auf dem Zimmer, alleine und niemand sah nach mir. Alle glücklichen Frauen gingen mit den Babys an meinem Zimmer vorbei (ich musste zur Toilette auf den Flur gehen).
Naja, irgendwann nach vielen weinen und reden ging es mir besser und wir beschlossen es wieder zu versuchen. Ich wurde 2 Monate später wieder schwanger. Ich konnte es nicht glauben. Leider verlor ich auch das Baby wieder….. in der 11. Woche. Wieder zur Ausschabung. Es verblieben Reste, ich sollte erneut hin. Blieb aber dabei es der Natur zu überlassen. Ich hatte Angst mit jeder weiteren Ausschabung die Chance auf ein Baby zu minimieren. Irgendwann nach vielem Nestreinigungstee trinken, war alles raus. Dies zog sich aber über bestimmt 4 Wochen . Ich konnte somit erst spät mit der Trauer und Verarbeitung beginnen. Ich fing mich wieder. Stellte Ultraschall-Bilder mit Blumen und Kerze in eine Ecke im Schlagzimmer um mich immer wieder erinnern und Abschied nehmen zu können.
Ich bin zum Glück mit viel Willensstärke und Humor bedacht worden. Also richtetet ich mein Krönchen und stand wieder auf. Natürlich wussten alle Freunde und Familie, was uns passiert ist. Wir versuchten es nach 3-4 Monaten nochmal und ich wurde schnell wieder schwanger. Leider verlor ich das Kind auch wieder. Ich ging verschiedene Dinge in der Uniklinik checken. Eine kleine blutgerinnungsschwäche, aber nicht unbedingt der Auslöser. Naja, ich kürze es mal ab. Ich wurde ein nächstes mal schwanger. Ganz ungeplant. Wir wollten erst den Termin in der Aport Sprechstunde abwarten, aber der kleine Mann hat sich so einfach in unser Leben geschlichen. Die Schwangerschaft über war ich natürlich ängstlich. Lief ständig zum Arzt. In der 16 Woche bekam ich heftig Corona. Damals, 2021 durfte man als Infizierte nicht zu den Untersuchungen (ein Unding). Ich war sehr krank. Hatte natürlich Angst uns Baby. Alles ging gut. Nach 4 Wochen war ich wieder fast gesund. Dann 4 Wochen vor der Geburt ein 2. mal Corona. Wieder sehr krank, aber nicht mehr so lange. Die Ängste blieben. Dann Ostern 2022 kam unser Sohn innerhalb von 1 Stunde auf die Welt geplumps. Ich war so glücklich. Wir nach Hause. Die erste Woche war super. Wir alle happy. Stolze große Schwester!
Bis nach einer Woche der kleine anfing nur noch zu weinen. Er schlief nur auf meinem Arm und ich musste ihn dauer stillen. Er lies sich nicht ablegen, nicht in den Kinderwagen, Maxi Cosi oder geschweige denn zu meinem Mann oder meinen Eltern. Er schrie und schrie und schrie. Schlafen konnte ich nur im halb sitzen. Selbst zur Toilette nahm ich ihn mit auf meinem Arm. Meine Tochter wurde eifersüchtig und fragte ständig, ob ich Dir nicht mehr lieb hätte, sie bekam dann auch noch Scharlach und saß auch nur noch bei mir. Meine Kräfte schwinden….. der Kinderarzt überwies jns wegen dem Brüllen ins Krankenhaus. Diagnose: Regulationsstörung. Ich Googlete auf dem Zimmer. Mir wurde schlecht. Ein Schreibaby hieß das. Ich telefonierte mit meinem Mann. Er sagte einen unüberlegten Satz, der mir heute noch in den Ohren liegt: wir waren ja auch zu 3. glücklich! Bums…. Das hat gesessen, was das für mich hieß war, ich muss da alleine durch. Also nach Hause und ich versuchte mit aller mach das Kind vom schreien abzuhalten, mit stillen, tragen usw.
Er hat das nicht so gemeint, er hat sich auch entschuldigt, aber bei mir hat es etwas ausgelöst. Die Depression war quasi fast schon besiegelt. Nicht nur wegen dem Satz. Einfach wegen der großen Belastung, die ich versuchte auf meinen kleinen Schultern zu tragen. Wir ließen die Diagnose aber nicht so stehen. Machten einen Termin beim Osteopathen. Der kleine Kerl war krumm und schief. Er hatte schmerzen. 4 Tage nach dem Termin war er wie ausgewechselt. Nur meine Krankheit war nicht mehr aufzuhalten, wie ich heute weiß. Es ist wahrscheinlich einfach eine Summe an Geschehnissen.
Als es dem kleinen besser ging, merkte ich direkt, dass etwas nicht mit mir stimmt. Ich kannte solche Gefühle nicht. Ich war noch nie depressiv oder sonstiges. Trotzdem wusste ich sofort, dass ich Hilfe brauche. Leider sah ich meine Hebamme nur noch von hinten. Der wurde es wahrscheinlich zu ungemütlich mit mir. Ich telefonierte mir die Finger wund um Hilfe zu bekommen! Krankenkasse,Psychologen noch und nöcher, erste Hilfe Hebamme aus eurer Liste (leider keinen Platz für mich, da voll), Notfall Hotline für Termine für Psychologen, Frauenärztin, Homeopathin usw.
Alle verwiesen mich weiter. Mit mir wurde es immer schlimmer….. die Homöopathie hat mich 170 Euro die Stunde gekosten. Nur am Telefon mit Hypnose usw. Hunderte von Euros. Es wurde nur schlimmer. Ich bekam irgendwann dann einen Termin beim Psychiater. Er verschrieb mir am 22.6. sertralin. Ab dem Tag schlief ich nicht mehr. Was ich zu dem Zeitpunkt nicht wusste, meine Schilddrüse war auch verstellt. Meine Augen flackerten nur noch, wenn ich sie geschlossen habe. Wie Blitze in meinem Kopf, wenn ich einschlafen wollte. Nichts ging mehr. Als ich dann eines nachts wach lag und darüber nachdachte, wie viele von den Beruhgingsmedis ich nehmen muss, um morgens nicht mehr aufzuwachen, zog ich in Absprache mit meinem Mann die Notbremse.Klinik!
Dort wurde dann aufgrund der Schilddrüse (schon völlige Überfunktion TSH 0,3) mein Schilddrüsenmedikament von 50 auf 100 verdoppelt. Dazu das Sertralin aufdosiert. An Schlaf gar nicht mehr zu denken. Ich nahm Kilo für Kilo ab. War wie permanent auf Droge. So wach und aufgeputscht durch die Kombi. Ich redete mir den Mund fusselig. Der Oberarzt (oberarsch trifft es eher) knallte mir die Tür vor der Nase zu. Ich ging nur zu ihm, weil sie Stationsärztin kein Deutsch verstand und wir permanent aneinander vorbei geredet haben. Es war alles furchtbar. Ich komme aus einer sehr behüteten und tollen Familie. Habe bisher in meinem Leben wirklich nicht viele schlimme Dinge erlebt. Dann von jetzt auf gleich in die Psychiatrie. Sowas kannte ich nur aus Filmen. Es wurde der Balkon abgeschlossen, weil jemand suizidal war. Selbst diese Wörter waren bisher in meinem Leben nicht vorgekommen. Eine neue, beängstigende Welt. Ich hatte Angst, hier nun Stammgast zu werden.
Nach 5 Wochen und ständigen Streit mit dem Oberarzt (ich könnte hier Sachen erzählen). Wenn man da nicht Herr seiner Sinne ich, machen die einen fertig. Teilweise auch aus Unwissenheit. Ich für meinen Teil habe dann beschlossen, meinen Weg zu Hause bei meiner Familie weiter zu gehen. Alle sicherten uns Hilfe zu. Die Krankenkasse war super. Wir hatten direkt eine tolle Haushaltshilfe. Eltern, Freunde, Nachbarn alle halfen schon während der klinik meinen Mann mit den Kindern.
Ich ging also nach 5 Wochen mit 30 mg Mirtazapin nach Hause.
Ich hatte mir eine Psychologin gesucht, bin jeder mit laufen angefangen, rede viel und mein Mann unterstützt mich toll.
Dennoch habe ich immer noch Tiefs. Die Tiefs werden mit einer leichten Panikattacke eingeläutet. Danach gehts mir tagelang oder manchmal nur 1-2 Tage schlecht. Mittlerweile nehme ich zu den Mirtazapin noch 15 mg Escitalopram. Seit ich das nehmen habe ich schon viele sehr gute Wochen am Stück gehabt. Wo es mir von morgens bis abends gut geht. Teilweise 10 Wochen, wo ich dann nichts merke. Und dann wieder von jetzt auf gleich so schlimm. Ich habe immer auf den ersten Geburtstag hin gefiebert. Ich dachte, dann bin ich wieder gesund! Und jetzt die Ernüchterung!!!! Manchmal verlassen mich die Kräfte….. ich habe auch das Gefühl, ich môchte keinen mehr voll jaulen. Alle sagen zwar, dass ich immer reden und weinen kann (das hilft mir ungemein.) ich bin immer offen mit meiner Krankheit umgegangen. Und meine Mama und mein Mann sind meine größte Stütze,aber denen muss es doch langsam auch aus den Ohren raus kommen! Ich wäre so gern wieder komplett die Alte. Ich frage mich auch, werde ich wieder ganz gesund? Ist der Verlauf normal mit den wiederkehrenden Tiefs? Weder der Psychater, noch meine Psychologin beantworten mir meine Frage! Da wird immer rum geschwafelt. Leider habe ich niemanden, dem es so ging wie mir. Ich weiß zwar von Frauen aus unserem Ort, aber ich kann da ja schlecht an der Tür klingeln und fragen. Es spricht ja auch keiner drüber. :(
Wie kann es sein, dass ich so einen schweren Verlauf habe, obwohl ich nie so etwas habe, direkt Hilfe gesucht habe. Psychater, Psychologin, Haushaltshilfe, joggen und jede Menge Unterstützung! Ich habe ja quasi alles um gesund zu werden…. Aber wann!
Ich möchte mich noch kurz für den langen Text entschuldigen und bei denen bedanken, die sich die Zeit nehmen um ihn zu lesen, bzw. Zu antworten.auch Dank an die vielen positiven Posts . Die helfen mir sehr! Und unterstützen mich bei meiner großen Aufgabe!
Ich drücke allen Frauen, die wie ich noch drin stecken ganz viel Kraft!!!!
Herzliche Grüße,
Miri
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Marika
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Re: Vorstellung :)

Beitrag von Marika »

Hallo Miri, ganz herzlich Willkommen!

Du hast einen unfassbaren Weg hinter dir, ich bin gerade total fertig und es tut mir unendlich leid, was du durchmachen musstest. So viel trauriges und beängstigendes zu erleben hinterlässt Spuren .... für mich überhaupt nicht verwunderlich dass du jetzt tatsächlich in eine Depression gerutscht bist.

Du fragst ob dein Verlauf normal ist: ja, kann ich da nur sagen, eine Depression dauert und heilt tatsächlich mit diesen Hochs und Tiefs ab. Du wirst beim Lesen hier feststellen, dass alle Frauen genau das kennen: nach einer guten Zeit kommt plötzlich wieder ein Tief. Auch bei mir war das so. Erst nach 2,5 Jahren blieben heftige Tiefs aus und ich konnte sagen, ich habe es geschafft. Es ist aber ganz individuell wie lange es dauert, das ist bei jeder betroffenen Frau anders.

Du bist aber auf einem wirklich tollen Weg, super. Übrigens nehme ich auch Escitalopram. Dieses kann man auch noch erhöhen, falls du denkst, es muss noch mehr Stabilität rein. Dein Arzt kann dir da sicher das beste raten.

Fühl dich wohl und verstanden bei uns, schön dass du da bist!😘
Liebe Grüße von
Marika

Diagnose:
schwere PPD 2005
heute völlig beschwerdefrei mit 10 mg Cipralex
Miri312
Beiträge: 2
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Re: Vorstellung :)

Beitrag von Miri312 »

Ganz lieben Dank für die netten Worte und die herzliche Begrüßung! Eine ganz tolle Arbeit leistet Ihr hier! Danke dafür!

Ok, wenn Ihr das auch alle so erlebt/ erlebt habt, dann muss das wohl der normale Weg zur Genesung sein!
Am Anfang dachte ich, meine Krankheit wäre ein Sprint…. Mittlerweile weiß ich, dass es ein Langstreckenlauf ist, der über hügeliges und bergiges Gelände führt! Man weiß nie, was hinter der nächsten Kurve kommt!
So stelle ich es mir immer wieder vor. Ich hoffe, dass wir alle irgendwann auf der Zielgeraden sind.

Aber irgendwann laufen wir alle durchs Ziel und können so stolz auf uns sein! Bis dahin heißt es durchhalten, an guten Tagen die Akkus mit schönen Sachen füllen, um sich an schlechten Tagen daran zu erinnern!
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