Das bin ich...

Hier können sich unsere Mitglieder vorstellen

Moderator: Moderatoren

Antworten
Beatrice

Das bin ich...

Beitrag von Beatrice »

Hallo Ihr alle,

also, nun bin ich seit ein paar Tagen hier Mitglied. Habe mich bisher so bißchen davor gedrückt, mich vorzustellen. Weil ich gar nicht weiß, wo ich anfangen soll. Fällt mir ein bißchen schwer, weil es sooo viel zu sagen gibt, aber ich hier auch nicht ewig schreiben sollte. Aber nun beginne ich eben einfach mal.

Ich bin Anfang 30, verheiratet und habe 2 Mädchen. Lilly ist 8 Jahre alt und Nele 1,5 Jahre.
Nach Lillys Geburt fing es damit an, dass ich die ersten Tage immer wieder weinen musste. Hatte davor schon gehört, dass der "Baby Blues" ganz normal ist und das hab ich mir dann immer gedacht. Obwohl ich in den Momenten schon sehr verzweifelt war. Da ging es aber noch um "Lappalien".

Zuhause hatte ich gerade mal wieder eine Heulattacke als mal die Hebamme kam. Sie fragte total schroff "warum weinste denn??". Hm, wusste ich das so genau? Ich hatte das Gefühl, es wäre falsch ohne Grund zu weinen.

Mein damaliger Freund musste nach ein paar Tagen wieder arbeiten gehen. Es war nicht anders möglich. So war ich in meiner Wohnung im 2. Stock ohne Balkon eingesperrt, es war sehr warm draußen, schönstes Wetter und ich zuhause völlig alleingelassen im Hamsterrad der ersten Wochen. Das Stillen hat zudem nicht funktioniert. Wunde Brustwarzen, Abpumpen, Brustentzündung... Ich fand das Stillen die ersten Tage als es noch ging (bevor die Brustwarzen total kaputt waren) auch gar nicht schön. Es war ein Gefühl, als würde Lilly alles aus mir heraussaugen, mit Gewalt. Brrr. Und das wo alle sagen, wie schön es zu sein hat.

Das Baby an sich habe ich vom ersten Augenblick an geliebt wie nichts anderes auf der Welt.
Ich war aber einfach so hilflos. Wie wahrscheinlich die meisten mit dem ersten Baby. Aber heute weiß ich, wie wichtig es ist, den Partner noch länger an der Seite zu haben. Und eine verständnisvolle Hebamme! So war des die glücklichste Zeit meines Lebens bis dahin aber auch die schrecklichste.

Mein Freund wusste auch vom Baby Blues. Und: dass der nach ein paar Tagen auch wieder rum ist. So war er die ersten Tage sehr verständnisvoll. Immer mehr hatte ich dann das Gefühl, er denkt, dass die Heultage ja nun vorbei sein müssten und er deshalb auch kein großes Verständnis mehr hätte.
Hab mich verschlossen und mit niemandem drüber geredet, dass es mir teilweise sehr schlecht ging.
Ich hab mich total hineingesteigert in panische Angst davor, dass meinem Kind was passieren könnte. Es hat mich fast verrückt gemacht, sie nun nicht mehr 100% beschützen zu können. So lange sie in meinem Bauch war hatte ich das Gefühl, sie eben unter meiner Obhut zu haben. Nun musste ich sie in die Welt freigeben. Kann sie nicht mehr beschützen. Ich hatte das Gefühl, aber Schuld zu sein, wenn ihr was passieren würde. Wenn ich mit dem Kinderwagen draußen war bekam ich auf einmal Panik, dass die Autogase meinem Baby schaden und bin schnell nach Hause gelaufen.

Diese absolute Verzweiflung darüber, mein Kind nicht schützen zu können vor gewissen Gefahren hat mich aufgefressen. Soweit dass ich immer wieder den Gedanken hatte „Wenn ich nun mit ihr aus dem Fenster springe ist es vorbei: ich muss keine Angst mehr davor haben, dass ihr was passiert, weil wir dann weg und sicher sind.“ Die Vorstellung war so erleichternd.
Aber ich bin dabei auch vor mir selbst erschrocken. Und hab schon immer wieder überlegt, evtl. zum Psychiater zu gehen. Nur wenn es mir dann gerade wieder besser ging hab ich selbst wieder alles herunter gespielt.

So ging das eine ganze Weile. Nach einem Jahr habe ich mich von meinem Freund getrennt. Da ging es mir wieder „gut“. Ich hab mich in eine neue Beziehung gestürzt, Halli Galli gemacht und mich nicht weiter mit mir beschäftigt.
Ich dachte, ich wäre wieder geheilt. Aber heute weiß ich, dass die Krankheit die ganze Zeit da war. Ich hatte Phasen, in denen ich teilweise sehr verantwortungslos mit meiner Tochter und mir umgegangen bin, habe viel getrunken, viel geraucht, mich schlecht ernährt. Meine Tochter war viel bei ihrem Papa oder bei meinen Eltern… Ich habe sie manchmal schlecht behandelt…
Dann Phasen in denen mich Schuldgefühle meiner Tochter ggü. aufgefressen haben. Weil ich so viele gravierende Fehler mit ihr gemacht habe.

Letztendlich habe ich meinen Mann kennen gelernt. Letztes Jahr haben wir unsere Nele bekommen.
Bei ihr war es so, dass die Anzeichen einer Depression schon während der Schwangerschaft auftraten.
Ich fass es nun kurz – es ist schon lang genug.
Es war fürchterlich und gipfelte in einem Nervenzusammenbruch. Ich lag auf dem Boden und hab mich gewälzt und geschrien: „Holt das Kind aus mir raus, aus mir Monster. Es muss in mir gefangen sein, das hat es nicht verdient!!!“ Ich dachte, es wäre für alle meine Mitmenschen besser, es gäbe mich nicht mehr. Weil ich die ganze Schwangerschaft über so reizbar war, regelmäßig ausgeflippt bin, um mich geschlagen habe etc. Danach wieder viel geweint. Ich war überzeugt, dass ich damit schon mein Ungeborenes verrückt mache. Und die Große und meinen Mann sowieso.
Ich hab geschrien, dass ich sterben möchte.

Ohne meinen Mann wäre ich selbst danach nicht zum Arzt. Und ohne meinen Mann und dem wirklich tollen Psychiater hätte ich mich nicht durchringen können, schon in der Schwangerschaft Medis zu nehmen (3. Trimester, 50g Zoloft). Es hat meine Selbstvorwürfe natürlich erst noch viel größer gemacht. Dass ich mein Kind nun auch noch vergifte. Bei Recherchen im Internet traf ich auf Foren, wo Frauen denen es ähnlich ging um Rat fragten. Da standen dann Antworten von Müttern des Typs „Übermutter“, die aber null Ahnung haben. Z.B. „Ich würde es meinem Kind niemals antun, es mit Medis zu vergiften. Da würde ich eben die Traurigkeit aushalten für die Gesundheit meines Kindes.“ Prima. (Das ist aber leider sehr oft so, dass Unwissende Depressionen als „Traurigsein“ ansehen…)

Ich hab es aber genommen und es ging mir dann bald schon ein wenig besser. Das einzige was mich noch traurig gemacht hat war, dass ich nicht stillen konnte. Allerdings hat es mich gleichzeitig auch etwas erleichtert nach der Erfahrung mit Lilly.
Die Dosis musste nach und nach noch gesteigert werden. Nehme nun Sertralin biomo (200 mg/Tag) und mache eine tiefenpsychologische Therapie.
Es geht mir besser, jedoch weiß ich, dass ich noch krank bin. Es hat so viele Ursachen und Auslöser dafür.
Bin guter Dinge, dass es nach und nach besser wird und ich evtl die Medis dann wieder absetzen kann. Aber genau davor hab ich auch irgendwie schon Angst. Ich kann mir nicht vorstellen, wie das werden soll ohne die Medikamente.
Da ich in letzter Zeit wieder an starken Erschöpfungszuständen litt habe ich eine Mutter-Kind-Kur beantragt. Ich hoffe so sehr, dass wir die genehmigt bekommen.

Meine Große ist auch in psychologischer Behandlung bei einer sehr lieben Therapeutin. So habe ich allein 4 Termine in der Woche für unsere Therapien… Es ist eine nicht ganz leichte Zeit. Und es wird noch lange dauern. Aber ich bin froh, dass die Richtung nun feststeht. Als ob wir vorher oben in einem Trichter rumgepurzelt wären. Nun müssen wir uns durch den dünnen teil quetschen. Lange und mühselig. Aber irgendwann kommen wir sicher unten raus… Im Licht….

Es tut mir leid, dass es so lang wurde. Dabei hab ich noch vieles gar nicht geschrieben…
Es tut einfach gut mal alles loszuwerden bei Leuten, die einen WIRKLICH verstehen können. Ich fühle mich nämlich oft so isoliert, alleine. Weil keiner weiß, was genau in mir vorgeht.

Liebe Grüße,

Eure Beatrice
Spirit

Beitrag von Spirit »

Hallo Beatrice,

erstmal herzlich willkommen hier (von selber einem Neuling *g*).

Deine "Geschichte" war sehr ergreifend. Und es tut mir echt leid was Du da so erfahren müssen hast.
Aber dann habe ich mich für Dich gefreut, daß Du nun einen lieben Mann hast und die Kraft wieder gesund zu werden.

Ich denke wir sind hier wirklich gut aufgehoben. Wie Du schon schreibst - hier sind welche denen es genauso geht und die wissen, daß es einem wirklich manchmal echt sch... gehen kann.
Außerdem - ich geh jetzt von mir aus - muß ich nicht immer meinen Mann nerven. Der zwar sehr viel Verständnis hat und mir auch immer hilft. Aber ich denke oft, daß ich ihm irgendwie auf den Nerv geh.

Also dann! Auf daß wir es schaffen.

LG
Spirit

PS: Ich mußte über den Namen Deiner Großen schmunzeln. So oft liest man den nicht in der Schreibweise. Schau mal in meiner Sig. Auch wenn das der Kosename von unserer Kleinen ist. Aber geschrieben muß es SO werden. *smile*
Mimi

Beitrag von Mimi »

Hallo ihr zwei

also mir hat dieses Forum immer wieder geholfen. Ich wünsche Euch hier das Selbe und Kopf hoch bzw. tief durchatmen. Ich sehe die Depression inzwischen wie in den Vehen liegen. Bei einer schlechten Phase kommt eine neue Vehe und ich muss atmen atmen atmen um da durch zu kommen und dann hört die Vehe wieder auf. Und irgendwann hören sie ganz auf weil ich gesund bin.

Liebe Grüße Mimi
Benutzeravatar
Marika
power user
Beiträge: 9998
Registriert: 04:06:2005 16:05

Beitrag von Marika »

Liebe Beatrice!

Ein ganz liebes Hallo auch von mir - wie schön, dass du nun da bist und uns deine Geschichte anvertraut hast. Auch mir sind deine Worte unglaublich unter die Haut gegangen. Gleichzeitig bewundere ich dich über alle Maßen, dass du dir nun mit der Unterstützung deines Mannes so tolle Hilfe in Form von Therapie und Medikament geholt hast. Du kannst sehr, sehr stolz auf dich sein, dass du schon so viel geschafft hast und ich bin mir ganz sicher, dass du eines Tages wieder ganz gesund sein wirst.

Ich selber erkrankte vor 3,5 Jahren an der PPD. Angst und Panikattacken sowie Zwangsgedanken, ich könnte meinem Baby etwas antun, machten mir das Leben zur Hölle. Aber mit einer Therapie und Medikamenten wurde ich nicht nur wieder gesund, sondern habe heute eine Lebensqualität erreicht, die ich mein ganzes Leben davor nicht hatte. :D

Sehr geholfen hat mir auch der Austausch hier mit den Frauen von "Schatten und Licht" - deshalb bin ich heute - obwohl ich wieder gesund bin - immer noch da! :lol: Hier wirst du absolut verstanden und mit so dummen Sprüche wie "... ich würde mein Kind nie mit Medikamenten vergiften..." wirst du hier sicher nicht belästigt. Denn hier bist du unter "Leidensgenossinnen", die genau wissen wie schrecklich diese Krankheit ist und was es bedeutet, sie aus zu halten.

Du hast bereits jetzt schon mit deiner ergreifenden Geschichte dieses Forum sehr bereichert - ich hoffe wir können dir das in Form von Tipps und Hilfestellungen zurück geben!

Schön dass du da bist!

Liebe Grüße von
Liebe Grüße von
Marika

Diagnose:
schwere PPD 2005
heute völlig beschwerdefrei mit 10 mg Cipralex
Beatrice

Beitrag von Beatrice »

Guten Morgen!

Ich hab mich sehr über Eure lieben Antworten gefreut!
Es tut wirklich gut mit Menschen zu "sprechen", die wissen, wie "ES" sich anfühlt.

Ja, mein Mann, der ist schon eine große Hilfe gewesen. Er ist aber grundsätzlich eher ein ganz rationaler Mensch. Und: was man nicht sieht, gibt es nicht. :wink: Also, vielleicht nicht so extrem. Jedenfalls, wenn ich weine oder so, dann ist er ganz lieb. Aber so im Alltag ist ihm es irgendwie glaub ich überhaupt nicht bewusst, dass die Krankheit noch da ist. Er ist beruhigt, weil ich Medikamente nehme und zur Therapie gehe. Dadurch werde ich geheilt und das wars. Manchmal fühle ich mich schon ziemlich unverstanden. Allerdings rede ich wahrscheinlich auch zu wenig mit ihm darüber. Auch weil ich mir denke, dass er es eh nicht versteht. Und letztendlich auch nix tun kann. Wie gesagt, er ist da wenn ich in den Arm genommen werden möchte und sowas und das ist wichtig.

Was ich auch noch undbedingt mal loswerden möchte: grundsätzlich ist es meine größte Angst, dass meinen Kindern was passieren könnte. Manchmal (früher verstärkt) kamen in mir aber so blitzartige Gefühle/Gedanken auf, dass es irgendwie auch "schön" wäre. Ich kann das nciht beschreiben. Eben so, dass mir dann was ganz schlimmes passiert, was jeder sehen kann (die Depression siehr ja keiner). Und dass sich dann jeder um mich kümmert oder so.
Ich habe dabei nie gedacht, ihnen selbst was anzutun. Aber eben so grundsätzlich.
Kennt das jemand von Euch?

Nochmal danke Euch und viele liebe Grüße,
Beatrice
Spirit

Beitrag von Spirit »

Hallo Anita,

wir haben wirklich einiges fast gleich.

Ich hatte (und habe auch manchmal noch) die Gedanken "was wäre wenn". Was wäre wenn mir was passieren würde? Was wäre wenn meine Kinder draußen spielen und denen passiert was? Was wäre wenn mein Mann nicht mehr wäre?
Ich hasse diese Gedanken. Aber sie kommen immer mal wieder.

Ich glaube das sind die Verlustängste die wir haben. Gerade hier im Forum lese ich öfters, daß einige das haben.
Es wäre schön wenn ich endlich damit klarkommen würde.

Allerdings rede ich viel mit meinem Mann drüber. Nur daß er - z.B. z.Zt. - dann auch genervt ist, weil ich mich oft dann reinsteigere. Tja, und dann muß ich irgendwie sehen wie ich selber damit klarkomme.

LG
Spirit
Benutzeravatar
Marika
power user
Beiträge: 9998
Registriert: 04:06:2005 16:05

Beitrag von Marika »

Hallo ihr Lieben!

Für unsere Männer und unser Umfeld ist es sehr schwierig zu verstehen, was wir da durch machen. Früher dachte ich auch immer wenn ich von der Krankheit "Depression" hörte, ..."Mensch, können die sich denn nicht einfach zusammen reißen..." Und so geht es eigentlich allen, die diese Krankeit (Gott sei Dank) nicht durch machen müssen.

Mein Mann hat auch einige Zeit gebraucht, bis er akzeptieren konnte, dass man mit eben solchen Sprüchen - wie oben geschrieben - nichts erreicht, sondern, dass eine Depression eine Stoffwechselerkrankung der Botenstoffe im Gehirn ist, die es uns unmöglich macht, einfach "positiv zu denken". Ich habe mit der Zeit dann auch angefangen, offen über meine Krankheit zu reden und war total erstaunt, wie viele Leute schon davon
gehört hatten, oder sogar selber betroffen sind bzw. Betroffene kennen. Vor allem aber hat mich das Interesse und aufrichtige Anteilnahme der Menschen erstaunt und gefreut, dass sie mir entegegen brachten.

Zu euren Gedanken: ich denke auch, dass es sich hier um Verlustängste handelt. Am besten ihr besprecht das mal mit euren Therapeuten - es gibt nämlich sehr gute Therapieformen, um diese Gedanken zu verlieren. Ich selber litt sehr unter Zwangsgedanken. Ich sah mich im Geiste immer wieder, wie ich meinem Baby Gewalt antat - meist dann, wenn ich in Medienberichten wieder von irgendeiner Greueltat gelesen hatte. Dann drehte sich bei mir die Angstspirale und die schlimmsten Gedanken (... was wäre wenn ich auch so was schreckliches tun könnte) kamen mir in den Kopf. Aber genau diese Gedanken entsprachen absolut nicht meinem Naturell - ich bin sehr friedliebend und liebte meinen Sohn über alles. Genau DIESER UMSTAND war es aber, der mir diese Gedanken aufzwang: VERLUSTANGST und die Ohnmacht die ich empfand, wenn ich schlimme Dinge las oder hörte. Und eben die Tatsache, dass es einfach schreckliche Dinge auf der Welt gibt, nahmen mir jegliche Sicherheit und das bisschen Selbstvertrauen das ich hatte komplett weg. Ich war mir nicht mehr sicher, dass ICH sowas nie tun würde - deshalb spielte mein Kopf immer wieder diese Horrorszenarien ab, um zu pürfen, ob ich es sicher nicht tun könnte. Die schrecklichste Zeit meines Lebens war das, aber dank meiner Therapie bin ich heute gesund und diese Gedanken - "... was wäre wenn..." die ganz normal sind und jeder Mensch mal hat (auch eure Gedanken sind normal und werden meist unbewußt von allen Menschen ab und an durchgespielt) laufen im Hintergrund bzw. meist im Unterbewußtsein ab. Genau so, wie bei eben gesunden Menschen.

Also: nicht eure Gedanken sind krankhaft, sondern die Intensität, mit der sie sich euch aufdrängen.

Wie gesagt, eine Therapie hilft euch dabei, wieder "andersrum" zu denken, euer SELBSTVERTRAUEN zu stärken und so diese Gedankenspirale zu druchbrechen!

Alles Gute dabei und liebe Grüße von
Liebe Grüße von
Marika

Diagnose:
schwere PPD 2005
heute völlig beschwerdefrei mit 10 mg Cipralex
Beatrice

Beitrag von Beatrice »

Hallo Marika,

ich habe mich sehr über Deinen Beitrag gefreut. Du sprichst mir aus der Seele: es ist eine Stoffwechselerkrankung im Gehirn, die man nicht als "Traurigkeit" sehen kann, die man mit etwas mehr "zusammen reißen" heilen kann. So, wie wenn sich jemand das Bein bricht. Da sagt man auch nicht "reiß Dich zusammen, dann vergehen die Schmerzen und es heil wieder". Nein, da SIEHT man ja den Bruch und man weiß: das mus gegipst werden. Unsere Krankheit sieht man eben leider nicht.

Was ich auch festgesetellt habe, dass viele Leute jemanden kennen, der daran leidet. Und auch ich habe viel positives Verständnis bekommen. Allerdings habe ich das Gefühl, dass es für viele Leute auch schnell wieder erledigt ist. Sie wissen: die nimmt jetzt Medikamente und damit ist es für sie abgehakt irgendwie. So wie ein gebrochenes Bein eben auch nach 4 Wochen Gips wieder geheilt ist.

Das ist es, was mich zur Zeit belastet. Ich merke, dass es mir gerade (trotz Medikamenten) aus einigen externen Belastungen heraus wieder schlechter geht. Nicht so, wie in ganz schlimmen Zeiten und ohne Medis. Nun habe ich ja auch schon einiges dazu gelernt, wie ich mich selbst "rausholen" kann.
Aber ich habe nun mal auch wieder Symptome wie ständigen Kopfschmerz, der mich fertig macht, Reizbarkeit, Überreaktionen. Keinem ist bewusst, dass ich eben immer noch krank bin. Darum kommt dafür auch kein Verständnis. Das werfe ich niemandem vor, woher sollen sie es auch wissen.
Da wäre noch mehr Aufklärung einfach wichtig.
Nicht nur durch die Öffentlichkeit, sondern auch durch uns selbst. In guten Zeiten wäre es sicher hilfreich, den nahestehenden Personen mehr darüber zu erzählen. So dass sie einen in schlechten Phasen auch wieder auffangen können.

Es tut mir gut, was Du über diese "bösen" Gedanken schreibst. Danke Dir.

Liebe Grüße,
Beatrice
Kirschblüte

Beitrag von Kirschblüte »

hallo anita,
du sprichst mir auch aus der seele.
ich wünschte auch, die leute würden sehen wie es mir geht.
vor einem monat habe ich erzählt, dass ich in 2 monaten einen termin beim therapeuten habe. seit dem denken sie, ach die hat nen termin, jetzt ist das ja geklärt und ich muss ihr nicht mehr zuhören.
nur weil ich bald einen termin habe, geht es mir auch nicht sofort besser.
ich hasse die sprüche wie "das wird schon wieder".
immer wieder höre ich sowas und die sprüche machen es wirklich noch schlimmer. man fühlt sich einfach nicht ernst genommen.
auch wenn es manchmal tage gibt, an denen es mir besser geht, es kommt immer wieder zurück. dann frage ich mich, warum ich denn hoffnung hatte. es ist doch eh alles zu viel. ich bin nicht gut genug.

ich kenne das auch, das ich mir wünsche, ich hätte eine "richtige" krankheit, die jeder sieht und alle kümmern sich um mich.
die richtige krankheit habe ich grad. bin frisch operiert.
und ich brauche eben hilfe mit dem kleinen usw.
ich habe dann ein richtig schlechtes gewissen, weil sich die oma um den kleinen kümmern muss und ich hier krank sitze.
geht es euch auch manchmal so?
mein schlechtes gewissen kommt immer wieder, wegen jeder kleinigkeit.
das nervt mich so. ich kann kaum meinen "urlaub" geniessen, weil ich mich dauernd schlecht fühle.

Liebe Grüße, Kirschblüte
Antworten