Hallo! Das ist meine Geschichte

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Frieda

Hallo! Das ist meine Geschichte

Beitrag von Frieda »

Hallo!

Ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll.

Es ist so, dass ich nie den absolut innigen Wunsch hatte, Mama zu werden. Nicht zuletzt deshalb, weil ich schon immer gedacht habe, dass ich zu viele Probleme mit mir selbst habe, "gestört" bin und ein Kind nicht darunter leiden sollte. Außerdem hatte ich so lange meine Freiheit. Kinder anderer Leute haben mich meist nur genervt, obwohl ich Lehrerin bin.

Mitte 2003 trennte sich mein damaliger Freund von mir. Ich fiel in ein tiefes Loch und hatte schlimme Depressionen, aus denen ich mich aber befreien konnte. Eine Psychotherapie (50 Sitzungen mit dem anschließenden Rat, Analyse zu machen, was ich aus Zeitmangel nicht machte) half mir nicht wirklich, sondern die Zeit. Und ich lernte meinen jetzigen Mann kennen. Eigentlich therapierte er mich. Es war zuerst nur eine tolle Freundschaft und er wusste, dass er eigentlich nie eine Chance bei mir haben würde. Äußerlich entsprach er nämlich gar nicht meinen Vorstellungen.

Im Mai 2004 schliefen wir einmal miteinander, nachdem wir zusammen gefeiert und auch einiges getrunken hatten. Es war ein Volltreffer und ich wurde schwanger. Ich war geschockt und völlig fertig. In der 5.SSW wurde die Schwangerschaft abgebrochen. Es war für mich die richtige Entscheidung.

Obwohl wir den Kontakt abbrechen wollten wurde unsere "Beziehung" noch intensiver. Wir verlebten einige wunderschöne Urlaube und nach und nach konnte ich auch zu ihm stehen, wenngleich ich noch immer von meinem "besten Freund" sprach.

Im Februar 2006 zog dieser Mann zu mir. Selbst da sah ich das ganze noch als eine Art WG. Irgendwann war es dann halt eine Beziehung im klassischen Sinn.

Im Herbst 2006 hatte ich erneut eine schwere Krise und war sehr depressiv. Ich schaffte mit Hilfe meines Mannes mich wieder aufzurappeln, aber eine Therapeutin, mit der ich ein paar Gespräche hatte sagte mir, dass es ist wie mit einem Motor, der immer mal wieder kaputt geht und schwächelt, aber noch gerade so fährt, bis irgendwann das Maß voll ist und das Auto liegen bleibt. Ich machte weiter wie bisher, immer im Hinterkopf: eigentlich müsstest du was für dich tun.

Plötzlich stand wieder das Thema Baby im Raum. Ich dachte, wenn nicht jetzt, dann nie mehr, und da ich immer so drauf bin später verpassten Gelegenheiten nachzutrauern, wollten wir es einfach rauf ankommen lassen. Wir hatten beide den Wunsch und es klappte sofort. Das hatte ich nicht gedacht. Doch nach dem anfänglichen Schock und den großen Ängsten fing ich an mich zu freuen. Leider schlug das Herzchen unseres Babys in der 11. SSW nicht mehr. Wir verkrafteten den Verlust ganz gut und ich dachte, dass es vielleicht nicht sein sollte. Wir wollten es noch mal probieren, obwohl ich auch sagte: wenn es nicht klappt, ist es auch ok. Das wäre dann glaub ich nicht so gewesen...

Auf jeden Fall wurde ich, nachdem wir versuchten die fruchtbaren Tage herauszupicken, schnell wieder schwanger. Wir freuten uns!
Bis auf leichte Blutungen zu beginn und 12 Wochen ziemlicher Übelkeit war die Schwangerschaft toll. Mir ging es richtig gut, sowohl physisch als auch psychisch. Meine ständigen Halsschmerzen und Nasennebenhöhlenentzündungen waren wie weggeblasen und auch das häufige Weinen - scheinbar grundlos - war auch fast verschwunden. Wir hatten eine gute Zeit. Obwohl ich mir sonst um kaum mehr Gedanken gemacht habe als um meine Figur, fand ich es nicht wirklich schlimm, 15 Kilo zuzunehmen. Bis auf drei Kilo sind sie auch schon wieder runter, aber das interessiert mich im Moment kaum, wo ich mich früher total gefreut hätte.

Unsere Tochter wurde am 04. Juli 08 geboren. Meine letzten Worte zu meinem Mann waren, bevor wir in die Klinik fuhren: Es war wunderschön mit dir. Wenn wir nach Hause kommen, wird alles anders sein.

Ich hatte Angst vor der Veränderung, obwohl ich mich doch so auf das Baby gefreut hatte und schon eine richtige Beziehung zu im aufgebaut hatte. Grundsätzlich kann ich schlecht mit neuen Situationen umgehen.

Unser Baby musste am Schluss mit der Saugglocke geholt werden, da die Herztöne sich bei den Wehen verschlechterten, aber ich kann nicht sagen, dass mich die Geburt traumatisiert hat. Es war zum Schluss sehr aufregend und ich machte mir große Sorgen, aber das war schnell wieder vergessen.

Aus dem typischen Babyblues kam ich dann irgendwie nicht mehr raus, was ich schon irgendwie vorher befürchtet hatte. Unsere Tochter ist eigentlich sehr pflegeleicht und lieb, aber sie schlief in den ersten 8 Wochen nachts sehr schlecht. Ich kam auf 2-4 Stunden pro Nacht und es ging mir immer schlechter.

Parallel dazu musste ich unseren Umzug für den 1.10.08 vorbereiten, da wir ein Haus gekauft hatten, das komplett saniert wurde. Da der Architekt uns völlig im Stich gelassen hat, verzögerte sich alles und war zum Einzug nur provisorisch fertig.

Seit vier Wochen wohnen wir nun hier und es geht mir jeden Tag schlechter. Manche Tage sind ein wenig besser, aber dann sieht am nächsten tag alles wieder dunkel aus. Ich werde einfach nicht damit fertig, dass alles voller Mängel ist, obwohl wie sooo viel Geld bezahlt haben für die ganzen Handwerker. Der Architekt hat einiges völlig verplant und die Kosten sind nun fast doppelt so hoch wie ursprünglich anberaumt.

Ich weiß nicht, wie ich je glücklich hier leben soll. Alles macht mir so schrecklich Angst, dass ich es kaum aushalte. Seit der Geburt ist kein Tag vergangen, an dem ich nicht sehr viel geweint habe.

Mein Kind liebe ich sehr und möchte es auch nicht mehr hergeben. Ich versorge sie gut und gebe ihr viel Liebe und Zuwendung. Sie macht mir Freude und ist total süß.
Gleichzeitig habe ich unglaubliche Ängste, dass ich es nicht schaffe! Ich funktioniere nur noch, gefangen in meinen Ängsten: Angst um meine Eltern, Angst, wieder arbeiten zu gehen, Angst, es finanziell nicht zu schaffern, Angst, dass die Gefühle für meinen Mann nicht wieder kommen, Angst isoliert zu sein und das Kind dadurch auch zu isolieren ... unendlich große Angst

Ich erledige Termine, ich versuche alles am Laufen zu halten, aber leider wie ein Hund. Ständig ist mir zum Heulen, sogar beim Einkaufen ... bei allem. Alles, was mir früher Freude bereitet hat, ist jetzt grau. Ich koche nur noch, wenn es unbedingt sein muss. Ich putze das Haus und habe das Gefühl rein gar nichts geschafft zu haben.

Meine Gyn hat mir vor ein paar Wochen Insidon verschrieben, was ich mich aber nicht getraut hab zu nehmen, weil man davon so zunimmt und es ja nur wieder ein zudeckeln der Probleme wäre.

Ich hatte vier Sitzungen bei einem Therapeuten, der eine Verhaltenstherapie startete, aber dann kam er zu dem Schluss, dass nur ein Klinikaufenthalt helfen würde.

Wäre ich ohne Kind würde ich wahrscheinlich sofort zustimmen, aber auch da ist wieder alles voller Ängste, dass ich das Baby nicht mitnehmen kann, weil ich es nicht schaffe, das alles zu organisieren, weil ich gerade Pekip mit ihr angefangen habe, weil wir zum Kinderarzt müssen, weil ich selbst einige Arzttermine habe, weil wir zum Babyschwimmen angemeldet sind und und und ...

Gleichzeitig wünsche ich mir so sehr hier weg zu kommen. Doch dann wieder die Angst, dass es von vorne los geht, wenn ich zurück komme, die Angst, was ich allen sagen soll, die Angst, noch mehr Kontakte zu verlieren, die Angst vor der Weihnachtszeit: dass ich es nicht schaffe, Plätzchen zu backen, Geschenke zu kaufen, das Haus zu dekorieren ... Angst vor Sylvester und dem neuen Jahr.

Ich würde sooo gerne die Zeit mit dem Baby genießen und kann es nicht. Meine Eltern unterstützen mich wo es nur geht, aber ich kann diese Hilfe nur ganz schwer annehmen, weil ich ständig denke, ich müsste es doch auch alleine schaffen.

Ich wünsche mir so sehr Freundschaften, aber die wenigen, die ich habe, sind ohne Kinder und so verliere ich diese auch noch. oft wünsche ich mir, einfach nicht mehr da zu sein, aber gleichzeitig fürchte ich mich davor, durch die psychische Situation auch noch ernsthaft körperlich zu erkranken. Der Krebsabstrich neulich bei der Gyn war schon nicht so toll, so dass sie noch einen gemacht hat.

Ich wollte mich eigentlich kurz fassen, aber auch das ist mir nicht gelungen.

Danke fürs Lesen!
angel

Herzlich willkommen!

Beitrag von angel »

Hallo Frieda!

Ein ganz herzliches Willkommen hier!

Bei so manchen Situationen gibt es Parallelen bei uns beiden, daher kann ich nur sagen, du bist nicht allein!!!

Ganz liebe Grüsse, Angel
Geli
power user
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Wohnort: NRW

Beitrag von Geli »

Hallo Frieda,

ganz herzlich willkommen hier im Forum. Hier wirst du verständnisvoll aufgenommen und brauchst dich nicht mehr so alleine fühlen.

Wenn ich deinen Bericht so lese, sehe ich auch so einige Parallelen zu mir. Aus welchem Teil Deutschland kommst du?

Es gibt ja hier auf der Hauptseite von Schatten und Licht unter den Rubriken "Fachleute", "Mutter-Kind-Einrichtung" und "Selbsthilfegruppen" Kontakt-Listen zu Therapeuten und Ansprechpartner der Selbsthilfegruppen. Vielleicht findest du auch jemand in deiner Nähe.

Ich habe vorhin noch ein Hallo an Loulou hier in der Vorstellungsrunde geschrieben. Lies das doch auch einmal. Dann brauche ich hier nicht noch einmal alles schreiben.

Ich wünsche dir, dass du die richtigen Therapeuten findest. Und hoffentlich ist eine Gruppe in deiner Nähe.

Ich habe selbst auch einmal eine Mutter-Kind-Kur gemacht, wo auch mein Mann mitgekommen ist. Wir hatten ein Familienzimmer und mein Mann hatte dort alle Möglichkeiten, sich dort zu bewegen. Sei es Mahlzeiten, Unternehmungen, Freizeitangebote usw. Das war für mich sehr toll.

Ansonsten gibt es ja auch Mutter-Kind-Einrichtungen, die speziell Mütter mit ihrem Kind aufgenommen werden und dort wieder zueinander finden. Dort würde man dich auch auf ein evtl. Medikament hin einstellen. Vielleicht ist eine Einrichtung in deiner Nähe.

Ganz viele Frauen hier im Forum haben damit Erfahrungen gemacht. Auf der Unterforumsliste findest du dafür ein spezielles Forum. Oder auch ein Forum zu Medikamenten. Dort kannst du gezielte Fragen stellen. Ganz viel Glück

Mir fällt noch ein:
Du schreibst, dass du so wenig im Haushalt schaffst. Da gibt es z.B. die Möglichkeit einer Haushaltshilfe, die du über deinen Arzt bei der Krankenkasse beantragen kannst. Und das auch, obwohl dein Mann evtl. jeden abend wieder zuhause ist.
Lieben Gruß von mir

* Auszeit als Ausgleich - fühlen, was tut mir gut *
Irisches Segenswort:
"Mögen gute Tage deinen Weg begleiten, freundliche Menschen dir begegnen, und die Sehnsucht führe dich zum Ziel."
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PPD: 2001
Schilddrüsen-Hormon (nie die Präparatfirmen wechseln!)
Gesprächstherapie
Mutter-Vater-Kind-Kur
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2014: Depression, Medikament Opipramol, seit 07/15: Escitalopram
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