Was früher mies war ist heute gut

Austausch persönlicher Erfahrung mit der Depression/Psychose vor und nach der Geburt

Moderator: Moderatoren

Antworten
Astrid77

Was früher mies war ist heute gut

Beitrag von Astrid77 »

Ich hab heute gedacht, es ist eigentlich ein ganz guter Tag. Bis ich dann mal gemerkt habe, dass ich früher solch einen tag wie heute als absolut mies bezeichnet hätte. Baby schreit die meiste Zeit und als ich bei der Post war wollte mir NIEMAND mit dem Kinderwagen die Treppe rauf- und und wieder runterhelfen, und daheim stapeln sich die Aufgaben, dauernd fange ich an zu heulen.
Es ist echt arg wie wenig Anspruch ich mittlerweile habe, und wie meine Welt immer mehr zusammenschrumpft. Früher gab es so viel zu erleben und zu sehen und ich hatte Wünsche, Träume. Jetzt ist da nichts mehr. Nurnoch meine Wohnung in der ich bin. Mit meinen Medikamenten bin jetzt also von abgrundtief depressiv auf mittelmäßig-mies angekommen :( Ich weiß echt nicht, wie das weitergehen soll :(((((
suzilizzy

Re: Was früher mies war ist heute gut

Beitrag von suzilizzy »

Hey!
Was ist den schlimm daran, dass sich manche Dinge relativiert haben? Das passiert im Leben ständig. Ein Beispiel sind z.B. die ersten Fahrten mit neuem Führerschein. Es ist nur stressig und man ist angespannt. Man glaubt einfach nicht, dass es jemals entspannt gehen kann. Irgendwann geht es aber wie von selbst und das Verhalten zum Fahren hat sich relativiert und es macht sogar Spass!

Freu dich doch, dass du nicht mehr so gestresst bist und ein normaler Alltagschaostag dir nichts mehr anhaben kann und sogar ganz OK ist!

Ganz, ganz liebe Gruesse!
Astrid77

Re: Was früher mies war ist heute gut

Beitrag von Astrid77 »

Ja, ich sollte mich freuen stimmt.... aber ich glaub gerade es fängt alles wieder von vorn an. Irgendwie passt es wohl mit den Medis nicht, ich weiß auch nicht. Jetzt habe ich Sertralin ganz abgesetzt und dafür Cymbalta (Duloxetin) aber das fängt irgendwie nicht alles ab. Macht mich jedoch total nervös und das ist halt ne gute Vorraussetzung für Panikattacken. Daher seh ich wohl grad alles eher negativ.
Sanna
power user
Beiträge: 915
Registriert: 17:03:2013 14:36
Wohnort: Ruhrgebiet, NRW

Re: Was früher mies war ist heute gut

Beitrag von Sanna »

Hallo!

Du brauchst noch ganz, ganz viel Geduld. Ätzend, ich weiß. Man darf nicht davon ausgehen, was vor der Erkrankung war, sondern davon wie schlimm es war, als es anfing. Und im Vergleich dazu merkst du doch kleine Schritte nach vorn, oder?

LG, Sanna
schwere PPD 2012, heute komplett symptomfrei
Graureiherin
power user
Beiträge: 530
Registriert: 07:01:2015 12:57

Re: Was früher mies war ist heute gut

Beitrag von Graureiherin »

Hallo Du,

ich fand deinen ersten Beitrag auch sehr positiv. Es sind kleine Schritte und tatsächlich nützt es Dir wenig zu vergleichen wie es früher war. Jetzt ist es so und Du wirst lernen damit umzugehen. Ich denke sogar, dass Du viel lernen wirst auch wenn Du das jetzt noch gar nicht überschauen kannst.

Die Medis werden Dir helfen, auch wenn es noch dauert und die Therapie ist selbstverständlich unabkömmlich. Und natürlich wirst Du wieder Träume haben.

Ich glaube es ist sehr, sehr wichtig den negativen Blick bewußt auf das zu legen was gut war und ist. Auch wenn es nur für kurze Zeit gelingt, egal. Du kannst es trotzdem ein Stück weit selber steuern. Versuche Dir bewußt zu machen, dass es eine Erkrankung, eine Störung ist, die man behandeln und gut therapieren kann! Trotz allem! Geduld, Geduld, Geduld...

mit lieben Grüßen an Dich
Pe, die Graureiherin
postpartale Zwangserkrankung 10/2012
Cipralex bis 2014
Rückschlag 2015, wieder Escitalopram bis 15mg
langsame Reduzierung auf 5 mg Escitalopram seit Juli 2017
Verhaltenstherapie beendet seit September 2017
Sanna
power user
Beiträge: 915
Registriert: 17:03:2013 14:36
Wohnort: Ruhrgebiet, NRW

Re: Was früher mies war ist heute gut

Beitrag von Sanna »

Ich wollte dir auch nochmal Mut machen. Es wird Zeit brauchen, aber all das schöne, das du beschreibst, wird wieder kommen. Guck mal, ich bin seit zwei Jahren dabei. Ich spüre Lebensfreude, mache Pläne, arbeite ehrenamtlich, was mir viel Freude macht. Auch meine Träume und Wünsche sind wieder da. Sie sind anders. Haben andere Dimensionen (es sind eher die kleinen Dinge, die ich mir wünsche), aber sie sind da. Und das wird bei dir auch so sein. Ganz sicher.

Bis dahin musst du versuchen, deine Fortschritte zu sehen. Konzentrier dich auf das, was schon besser ist. Ist manchmal nicht so einfach, das weiß ich. Ich weiß noch, wie damals alle gejubelt haben, als ich das erste Mal wieder alleine in den Supermarkt gehen konnte. Und was hab ich gemacht? Nur negativ gedacht. "Das kann doch jeder. Früher habe ich das mit links gemacht. Usw..." STOP! Es war ein Riesenschritt. Nach Monaten konnte ich das wieder. Und diese Schritte müssen wir gedanklich ganz GROß machen!! Die kleinen Rückschritte gehören dazu und sollten gnädig übersehen werden.

Ich wünsche dir für deine Schritte viel Kraft und Geduld, Geduld, Geduld.

LG, Sanna
schwere PPD 2012, heute komplett symptomfrei
Antworten