wieder vom Zwangmonster umschlungen :-(((

Austausch persönlicher Erfahrung mit der Depression/Psychose vor und nach der Geburt

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schattenblume
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wieder vom Zwangmonster umschlungen :-(((

Beitrag von schattenblume »

Ein liebes Hallo in die Runde,

ich nehme nun schon seit über 2 Jahren Cipralex 10mg, es ging mir mal gut mal schlecht damit. Seit c.a. 1 Jahr fand ich aber das ich ziemlich stabil war. Mir ging es sehr sehr gut (hab wohl vergessen auf holz zu klopfen).
Vor ungefähr 3 Wochen bemerkte ich das ich wieder gedrückte hatte. Ich war ziemlich nah am Wasser gebaut, und hatte so unterschwellig ein mulmiges Gefühl.
Ich hatte auch ca. 2 Wochen lang eine Blasenentzündung, die sehr schmerzhaft war.
Naja, lange Rede kurzer Sinn, ich die ganze Zeit nach dem Grund für meine gedrückte Stimmung gesucht habe, fragte ich mich eines Tages ob ich einen Zwangsgedanken hatte und schwupps kamen sie.
Anfangs konnte ich sie noch wegziehen lassen doch jetzt, seit 4 Tagen plagen sie mich mehr denn je.
Das schlimmste an ihnen ist das sie sich gegen meine geliebte Tochter richten.
Ich habe die tollste Tochter der Welt und bin unheimlich stolz auf Sie, ich liebe Sie über alles.
Diese Gedanken machen mich einfach nur fertig, eigentlich kenne ich die Situation ja schon aber momentan habe ich das Gefühl als könnte ich nichts vom erlernten anwenden.
Vorgestern ich mal versucht den Gedanken zu Ende zu denken, das war keine so gute Idee. Mir kam dann plötzlich der Gedanke, was ist wenn ich es wirklich will? Oh nein, oh nein um Himmels Willen, dann folgte fetteste Panikattacke seit JAhren.
Ich zitterte am ganzen Körper, mir war übel, schwindelig etc.
Seit dem traue ich mich nicht mal meine Tochter anzuschauen.
Sie merkt das es mir nicht gut geht, und fragt mich ständig, ob ich krank bin :-(
Es ist einfach so unfair. Warum bin ich jetzt wieder so tief gefallen.
Es fühlt sich schon wieder so schlimm an, ich denke ich werde nie wieder gesund :-(


Könnt ihr mir helfen bitte
November 2010 Geburt meiner wundervollen Tochter
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Sanna
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Re: wieder vom Zwangmonster umschlungen :-(((

Beitrag von Sanna »

Hallo!

Es tut mir leid, dass du da wieder durch musst. Aber auch das geht vorbei.

Mein erster Gedanke war, ob du vielleicht gegen deine Blasenentzündung ein Antibiotikum genommen hast. Gerade Gyrasehemmer (z.B. Ciprofloxacin) sind bekannt dafür Depressionen bis hin zur Suizidalität auszulösen, bzw. können sie schlimmste Rückfälle verursachen.

Hast du was genommen?

LG, Sanna
schwere PPD 2012, heute komplett symptomfrei
schattenblume
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Re: wieder vom Zwangmonster umschlungen :-(((

Beitrag von schattenblume »

danke für die rasche Antwort,

ich habe tatsächlich ein Antibiotikum bekommen, weiß allerdings nicht mehr wie es hieß.
War aber nur eine Einmaleinnahme.
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Sanna
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Re: wieder vom Zwangmonster umschlungen :-(((

Beitrag von Sanna »

So ein Antibiotikum mit Einmal gäbe hatte ich auch bei meiner letzten Blasenentzündung, und es hat trotzdem zu einem fetten Tief geführt.

Ob das nun der alleinige Grund ist für dein Tief vermag ich nicht zu sagen. Sicher ist aber: Es wird vorbei gehen!!

LG, Sanna
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Re: wieder vom Zwangmonster umschlungen :-(((

Beitrag von schattenblume »

Danke liebe Sanna...

Ich hatte nicht nur eine Blasenentzündung, sondern hatten wir die letzten 2 Monate an Baby Nummer 2 gearbeitet.
Letzte Woche bekam ich auch noch eine schreckliche Nachricht, ein Nachbarsjunge, den ich quasi mit aufgezogen habe, hat Suizid begangen 😢😢😢
Das hat mich schon sehr traurig gemacht...
Ich finde es so unfair, mir gegenüber, meinem Kind gegenüber, meinem Mann gegenüber, das ich mit dieser Krankheit gestraft fürs Leben bin...
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Re: wieder vom Zwangmonster umschlungen :-(((

Beitrag von Marika »

Hallo,

da kommt im Moment natürlich einiges zusammen, was ein Tief auslösen kann. Dass du da mit dem "Schicksal haderst", ist verständlich - bringt aber nichts. Versuch daher nach VORNE zu schauen und Lösungen zu finden, damit es wieder bergauf geht.

Du schreibst "eigentlich recht stabil" ... stabil ist man dann, wenn man KEINE Tiefs mehr hat. Aus diesem "eigentlich" lese ich heraus, dass es doch nicht ganz sooo stabil war - kann das sein? Dann eine weitere Frage: Hast du in diesen Jahren auch Therapie gemacht, hast du gelernt, wie du mit den ZG umgehen musst? Das nächste: 10 mg Cipralex sind eine recht niedrige Dosis, möglich ist dass du mit dieser einfach doch nicht RICHTIG STABIL geworden bist und dann ist es sehr oft so, dass immer wieder Tiefs kommen, die auch heftig sein können wie jetzt.

Unsere psych. "Besonderheit" ist oft sehr hart und sicher nicht angenehm, aber versuch sie nicht als Strafe für dich und deine Familie zu sehen, sondern als Herausforderung dein Leben nachhaltig zum positiven zu verändern. Sie zeigt dir nämlich, dass so manches nicht wirklich zusammen stimmt in deinem Leben (Stressfaktoren, körperliche bzw. hormonelle Einflüsse, von außen kommender psychosozialer Stress usw.) - sie kommt also nicht einfach so aus heiterem Himmel, sondern hat handfeste Gründe. Hier kannst DU ETWAS TUN, bleib nicht passiv, sondern melde dich am besten deinem Arzt, schau mal ob man evlt. etwas an der AD Dosis machen sollte und: THERAPIE!!!!
Liebe Grüße von
Marika

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schwere PPD 2005
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Re: wieder vom Zwangmonster umschlungen :-(((

Beitrag von schattenblume »

Lieben Dank Marika,

Ich habe natürlich immer mal wieder in den 2 Jahren Phasen gehabt aber sie gingen immer recht schnell vorüber.
Diesesmal fühlt es sich so an wie am Anfang.
Ich habe in der Zeit auch eine Therapie gemacht, aber nur 25 Sitzungen wo eigentlich auch garnicht richtig auf meine Zwangskrankheit eingegangen wurde. Suche auch gerade nach einer Therapeutin die speziell darauf geschult ist. Das mit der Dosis scheint mir manchmal auch zu gering, aber ich war immer so stolz drauf das ich das mit so wenig packe.
Auf jeden Fall muss was passieren. Bin gerade auf der Suche nach einem guten Neurologen.
Im Moment sehe ich das ganze nunmal als Strafe, weil ich es so ungerecht meiner Tochter gegenüber finde. Ich wollte und will doch nur das es ihr gut geht und ich ihr eine gute Mutter bin, und nicht eine "potentielle Gefahr".

Du bist diejenige deren Geschichte mir immer Mut macht. Ich hoffe ich kann irgendwann auch rückblickend sagen es war hart aber ich habe es geschafft.

Welche Therapieform wäre denn am effektivsten? Verhaltenstherapie brachte bei mir nur bedingt was.
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Re: wieder vom Zwangmonster umschlungen :-(((

Beitrag von Marika »

Hey du,

du BIST eine tolle Mutter, du liebst dein Kind über alles, genau deswegen trifft dich der Zwang auch an deiner empfindlichsten Stelle: er richtet sich gegen dein Kind. ZG richten sich immer gegen das Liebste was man hat auf der Welt. Ich weiß, dass du im Moment sehr leidest, denn ZG gegen das eigene Kind sind so was von grausam, dass sie schwer zu überbieten sind. Du weißt ja, dass ich aus Erfahrung spreche.

Sehr gut, dass du etwas unternimmst. Eine Möglichkeit wäre, das Cipralex auf 15 mg rauf zu dosieren, am besten nach Absprache mit deinem Arzt. Ich hatte ja zu Spitzenzeiten 30 mg - recht lange sogar. Damit wurde ich STABIL und kann heute mit nur 10 mg auskommen und habe Null Symptome.

Das mit der "potenziellen Gefahr" ist natürlich absolut nicht so, das weißt du eh, oder? Im Gegenteil: Wir feinfühligen, sensiblen und vorsichtigen Menschen die meist nicht mal einer Fliege was zu Leide tun können, sind am häufigsten von ZG betroffen. So paradox es klingt, aber es stimmt. Wir sind am wenigstens "gefährdet" aus zu ticken und was schlimmes zu tun, da liegen auch noch die Gesunden hinter uns in diesem "Ranking". Es ist vielleicht ein kleiner Trost, dass zu wissen.

Therapiemäßig ist schon die Verhaltenstherapie bei ZG am besten geeignet. Ich habe so eine gemacht - 2,5 Jahre lang! Vielleicht kann dir diese Seite bei der Therapeuten Suche helfen:

http://www.zwaenge.de/
Liebe Grüße von
Marika

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Re: wieder vom Zwangmonster umschlungen :-(((

Beitrag von Graureiherin »

Hallo Du,

ich habe meine VT über einen Anruf bei der "Deutschen Gesellschaft für Zwangserkrankungen" gefunden. Diese haben eine Therapeutenliste. Leider muss ich meine Thera selber bezahlen, aber die VT hilft! Das ist das Allerwichtigste und meines Wissens auch die Therapieform die bei Zwängen am besten wirkt.

Bei Zwängen sind 25 Stunden wenig (ganz davon abgesehen, dass nicht auf den Zwang eingegangen wurde!? In der Regel genehmigen die Kassen bei Zwangsstörungen 40 Stunden. Ich bin nun seit über zwei Jahren bei der VT. Um die Arbeit an den Zwängen geht es schon länger nicht mehr, mit diesen habe ich gelernt umzugehen.
Also gilt auch für Dich! Man kann lernen damit umzugehen! Es sind Überbewertungen/Fehlinterpretationen von (im Prinzip ganz normalen) Gedanken... In der Regel bekommst Du zu Beginn der Therapie eine Psychoedukation. Das heißt, Du lernst welche Faktoren führen zum Zwang, welche Mechanismen tragen zu seiner Aufrechterhaltung bei, was konkret kann ich tun etc etc...

Lese am besten auch ein/zwei Bücher zum Thema (schau mal in der Bücherecke). Wissen ist "Macht" und macht uns nicht so hilflos. Es ist schon Gold wert zu wissen, dass andere Menschen Zwänge auch kennen und man nicht die Einzigste ist...

Und sicherlich wirst Du sagen können "es war hart aber ich habe es geschafft". Die Erkrankung als Strafe zu sehen, kann ich zwar sehr gut nachempfinden, ist aber im Prinzip schon eine "falsche", überbewertende Haltung. ich weiß noch gut, wie meine Therapeutin zu mir gesagt hat: "na und! Sie haben eine Zwangserkrankung, das ist die vierthäufigste psychische Erkrankung und man lernen damit umzugehen".

mit herzlichen Grüßen

die Graureiherin
postpartale Zwangserkrankung 10/2012
Cipralex bis 2014
Rückschlag 2015, wieder Escitalopram bis 15mg
langsame Reduzierung auf 5 mg Escitalopram seit Juli 2017
Verhaltenstherapie beendet seit September 2017
schattenblume
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Re: wieder vom Zwangmonster umschlungen :-(((

Beitrag von schattenblume »

Vielen Dank Graureiherin für die ausführliche Erkläarung...
Ihr seid mir immer eine große Stütze...

Heute und gestern ging es mir etwas besser, sprich hatte keine eindeutigen ZG, nur Angst davor.
Heute habe ich eher Angst eine Psychose zu haben :roll:
Habe gerade was dazu gelesen, von wegen eigenen und nicht eigenen Gedanken...
Menno muss mir denn alles Angst machen?

Kann man bei Zwangsgedanken von einer Art Psychose reden?

Ich weiß das ist unsinnig aber ich bin wieder so unsicher...
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Re: wieder vom Zwangmonster umschlungen :-(((

Beitrag von Marika »

NEIN, Zwangsgedanken/Zwänge im Allgemeinen haben NICHTS mit Psychosen zu tun.
Liebe Grüße von
Marika

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Re: wieder vom Zwangmonster umschlungen :-(((

Beitrag von Graureiherin »

Hallo Du,

die Angst vor einer Psychose zeigt schon, dass Du keine hast. Ich hatte neulich bei der Arbeit eine Einweisung einer Patientin mit einer Psychose und das ist was ganz, ganz, ganz anderes!!! Menschen mit einer Psychose wissen es nicht.

Die Angst davor scheint typisch bei Zwängen und Ängsten (in der sehr instabilen, akuten Phase), man denkt alles wird noch viel schlimmer... alles wird nie mehr besser und kreiiert sich eine katasrophale Wirklichkeit zurecht. Das Gehirn greift sich sozusagen einen Begriff (z. B. Psychose) von dem es gar keine konkrete Vorstellung hat, der Begriff macht aber Angst und dieser Angstgedanke wiederholt sich dann... kenne ich auch.

mit Grüßen
die Graureiherin
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