Sein Kind weggeben? (Achtung lang)

Austausch persönlicher Erfahrung mit der Depression/Psychose vor und nach der Geburt

Moderator: Moderatoren

elenaki

Beitrag von elenaki »

Hallo Martina,

deine "Freundin" bringt in einer sehr unglücklichen und ungeschickten Weise ihre Sorge und Resignation über dein Verhalten gegenüber deiner Tochter zum Ausdruck. Sie wirkt kalt, kalkulierent und emotionslos. Sie schreibt einen Brief an eine Freundin wie einen Beschwerdebrief an eine Behörde. Ihre Sorge kann ich nachvollziehen und es ist sicherlich auch nicht ganz unbegründet. Sie benutzt Wörter wie : Brutinstinke, Brutpflegeverhalten, Nestwärme wie es auch Tiere brauchen....
Deine Tochter ist aber kein Tier! Ein primitiver Vergleich: ein so komplexes Wesen wie den Menschen mit einem Tier zu vergleichen. Da ist der Punkt den sie nicht versteht.: Wir Menschen funktionieren eben etwas anders, mit den Emotionen, Gefühlen, Persönlichkeiten, Eigenschaften, Identitäten, Individualitäten.

Lasse dir nicht einreden, dein Kind muss weggegeben werden, aber verinnerliche noch mal ihre Gedanken die sie dir geschrieben hat. Helfe dir selbst, dann ist auch deinem Kind geholfen.

Viele Grüße eleni
elenaki

Beitrag von elenaki »

Hallo Martina,

deine "Freundin" bringt in einer sehr unglücklichen und ungeschickten Weise ihre Sorge und Resignation über dein Verhalten gegenüber deiner Tochter zum Ausdruck. Sie wirkt kalt, kalkulierent und emotionslos. Sie schreibt einen Brief an eine Freundin wie einen Beschwerdebrief an eine Behörde. Ihre Sorge kann ich nachvollziehen und es ist sicherlich auch nicht ganz unbegründet. Sie benutzt Wörter wie : Brutinstinke, Brutpflegeverhalten, Nestwärme wie es auch Tiere brauchen....
Deine Tochter ist aber kein Tier! Ein primitiver Vergleich: ein so komplexes Wesen wie den Menschen mit einem Tier zu vergleichen. Da ist der Punkt den sie nicht versteht.: Wir Menschen funktionieren eben etwas anders, mit den Emotionen, Gefühlen, Persönlichkeiten, Eigenschaften, Identitäten, Individualitäten.

Lasse dir nicht einreden, dein Kind muss weggegeben werden, aber verinnerliche noch mal ihre Gedanken die sie dir geschrieben hat. Helfe dir selbst, dann ist auch deinem Kind geholfen.

Viele Grüße eleni
Milla

Re: Sein Kind weggeben? (Achtung lang)

Beitrag von Milla »

Martina hat geschrieben:Hallo ihr Lieben!

Ich hatte einer Freundin geschrieben, wie es mir vorgestern Nacht ging (siehe mein Posting unter "Kinder") und sie antwortete darauf, dass sie glaubte, ich sollte mein Kind am besten an Pflegeeltern geben. Diese Worte bestätigen eigentlich nur meine schlimmsten Befürchtungen, dass ich unfähig und ein Monster bin.

Lest mal einige Ausschnitte aus ihrer (2., noch drängenderen) Email:

(...)

Das sind schwerwiegende Probleme, die allein Du hast. Und Du machst sie zu Lydias Problem, denn bei Dir scheinen nicht nur die Brutpflege-Instinkte nicht zu funktionieren (heisst, naehe zum Kind zu WOLLEN und es als Grundbeduerfnis zu empfinden, sie moeglichst nah am Koerper zu spueren), sondern:

(...)

"a) ich bin tot oder b) ich verlasse sie" (= koerperliche Verweigerung und Entzug) in Extremform)

(...)

"Antidepressiva, Valium" (= Psychische Verweigerung und Entzug)

Was Du sagst, ist vollkommen eindeutig: Du willst auf keinen Fall dem Kind das geben, was es am noetigsten braucht. Das ist absolut ERNST und eine Therapie - so sie Dich denn auf die normale Brutpflegeschiene setzen KOENNTE, wuerde sehr viele Jahre dauern. Bis dahin ist das Kind total kaputt, zumal sich der Vater ebenso entzieht wie Du.

Ich bleibe dabei, ich schlage vor, Lydia in eine Familie zu geben, wo sie Nestwaerme und Naehe erhaelt, wie es jedes Kind und junge Tier ueberlebenswichtig braucht.

Wie absolut unnatuerlich und entgegen aller menschlichen Prodisposition Dein Verhalten ist, siehst Du an den Extremreaktionen Lydias. Das ist der Spiegel dessen, was aus Dir herausstrahlt.

Wenn Du Dein Kind also wirklich "liebst" (mir ist absolut unklar, was Du darunter verstehst!), dann solltest Du darueber nachdenken, wie Du ihr das organisieren kannst, was Du selbst nicht in der Lage bist, zu bieten. Ich lese bisher AUSSCHLIESSLICH, welche Plaene und Ideen Du hast, um die fuer *Dich* geeignetste Loesung zu finden... auf welchem Weg Du ich am besten entziehen kannst.

Du solltest Dir wirklich gruendlich ueberlegen, ob Du nicht nur aus Eitelkeit daran festhaelst, sie aufziehen zu wollen - es sollte ausschliesslich um das Kind gehen! Und wenn Du es in Wirklichkeit so sehr ablehnst, dass sie hysterische Ausraster deswegen kriegt, musst Du langsam mal ehrlich zu Dir selbst sein. Kein Mensch kann in einen anderen hineintherapieren, was nicht da ist. Wie oben schon gesagt, Dir fehlt total, was als Brutpflegeinstinkt eigentlich angeboren sein sollte.

Nachdem ich jahrelang selbst alleinerziehende war - noch dazu voll berufstaetig, sehe ich in Deinem Fall nicht nur die normale Erschoepfung und Ueberforderung, die durch Schlafmangel und koerperliche Ueberanstrengung ganz natuerlicherweise entsteht. Ich sehe abgrundtiefe Ablehnung und die Depression ist mE ebenfalls darin begruendet, dass Du Dich in einem Zustand siehst, der Deinem Naturelle absolut entgegen geht.

Ich hoffe sehr, dass Du irgendwann ehrlich gegenueber Dir selbst wirst. Mutterliebe kann man nicht mit Pillen essen und die Einnahme von Drogen gibt Lydia auch nicht mehr Nestwaerme als vorher.


Wie findet ihr das? Ich dachte eigentlich bisher, ich mache Therapien usw., DAMIT ich für Lydia voll da sein kann!

LG
Martina
Hallo liebe Martina!

"Diese Worte bestätigen eigentlich nur meine schlimmsten Befürchtungen, dass ich unfähig und ein Monster bin."

Nein,Martina,die Worte deiner Freudin bestätigen keinerlei deine eigenen Befürchtungen,denn zum einem kann deine Freundin NICHT VERSTEHEN was eine Mutter, die seit 2,5 Jahren an PPD leidet,empfindet,sie kann ihr Überforderungsgefühl nicht verstehen und zum anderen bist du mit 100% Sicherheit KEINE UNFÄHIGE Mutter und bestimmt KEIN MONSTER!

Ich habe in deiner Homepage gestöbert und man sieht ja auf den Photos daß Lydia ein durch und durch GLÜCKLICHES Kind ist!!!

Dazu:sie ist schon sehr anhänglich,braucht also ihre Mama mehr als andere Kinder!Wie kann sich dann deine "Freundin" vorstellen,daß es diesem Kind besser gehen würde,wenn sie plötzlich von ihrer Mama und das für eine längere Zeit getrennt wäre???Ich war als Kind auch sehr anhänglich,obwohl meine Mutter nicht an PPD litt und ich litt unendlich,als ich von fremden Leuten für kurze Zeiten betreut wurde.Wäre ich in eine Pflegefamilie gegangen,hätte ich bestimmt zum Essen und zum Schlafen aufgehört,weil meine Mutter mir Tag und Nacht schrecklich gefehlt hätte!!!

Und glaube mir:anhängliche Kinder wie Lydia,die noch mit 2-3 Jahre Tag und Nacht keine Sekunde von Mama abweichen wollen,die ein extremes Nähebedürfnis haben,die nachts deswegen katastrophal schlafen,gibt es mehr als genug und die wenigsten haben eine an PPD erkrankten Mama!!!Schaue mal die Berichte auf dem Schlafforum im Eltern.de-Forum!

Und eines muß ich noch sagen,was deine "Freundin" anscheinend nicht kapieren kann:Lydia ist kein einfaches Baby gewesen (Schreibaby?Sie hatte viele Blähungen und schlief tagsüber kaum, schreibst du in deiner Homepage...) und keine pflegeleichtes Kleinkind.Du hast mit ihr schon sehr viel mitgemacht und vor allem du leidest seit über 2,5 Jahre (?) an großem Schlafmangel.Dieser chronische Schlafmangel allein kann eine Depression auslösen und erklärt , warum deine Nerven manchmal so angespannt sind.Ich habe meinen Sohn und meinen Mann angeschrien,als ich tief in de Depri war,ich weiß,was du dabei empfindest,was ich etwas Ähnliches erlebt habe!

Jetzt zu den Argumenten deiner "Freundin".Ich denke,sie hat nicht Psychologie studiert,denn dann wüßte sie,daß es ein "Brutpflegeinstinkt" bei menschlichen Müttern gar nicht gibt,sondern ein Mutterinstinkt,das darauf zielt,das Kind zu pflegen und zu schützen,was du anscheinend überragend machst!

Noch dazu zu behaupten,daß es für eine Mutter normal ist, die "naehe zum Kind zu WOLLEN und es als Grundbeduerfnis zu empfinden, sie moeglichst nah am Koerper zu spueren" bestätigt meinen Verdacht,daß sie von Elternschaft KEINE AHNUNG hat, sondern nur platte Klichee im Kopf,die mit der Realität nichts zu tun haben!

Nicht die Mutter hat dieses Bedürfnis, sondern das Baby!Die Mutter versucht , diesem Bedürfnis gerecht zu werden,indem sie das Baby viel am Körper trägt,aber es ist auch normal, wenn das Nähebedürfnis des Babys extrem ist, also es der Mama Tag und Nacht kaum eine Minute allein lässt,daß diese extreme Nähe-sehr ungewohnt für alle Mütter!- dann ihr zu viel wird!Jeder Mensch , auch Mütter,braucht Zeit für sich selbst allein, ohne Baby,Mann,Freunde,diese Zeiten sind unerläßlich für das Regenerieren!

Wenn ich diesen Text lese, wird mir richtig übel,denn es ist ein gutes Beispiel intellektueller Manipulation oder emotionaler Erpressung.Deine "Freundin" versucht nämlich,dir einzureden,du sei eine schlechte und unfähige Mutter,um dich zu etwas zu bewegen,das dir widerstrebt,dein Kind abgeben,weil es angeblich das Beste für es wäre!Das ist ekelhaft!

Wenn sie schreibt:
"Du willst auf keinen Fall dem Kind das geben, was es am noetigsten braucht."
versucht sie dir Schuldgefühle zu geben!Du gibst aber diesem Kind schon mehr als viele Mütter geben würden:viel Nähe und Liebe!

Sie schreibt :
"Bis dahin ist das Kind total kaputt, zumal sich der Vater ebenso entzieht wie Du."
Also im Klartext bedeutet das, wenn du das Kind behälst,das machst du es kaputt,machst alles noch schlimmer.*kopfschütteln*

Sie schreibt:
"ich schlage vor, Lydia in eine Familie zu geben, wo sie Nestwaerme und Naehe erhaelt"
als ob Lydia bei dir keine Nestwärme und Nähe erfahren würde!
Glaube mir, Kinder , die keine Nestwärme und Nähe erfahren, schauen anders aus als Lydia!!!


Wenn sie schreibt:
"Wie absolut unnatuerlich und entgegen aller menschlichen Prodisposition Dein Verhalten ist, siehst Du an den Extremreaktionen Lydias. Das ist der Spiegel dessen, was aus Dir herausstrahlt."
irrt sie aber total:sie hält nämlich die Reaktionen von Lydia als die Folgen deiner Krankheit !In Wirklichkeit bist du krank geworden,weil du seit Lydia auf der Welt ist, keine Nacht durchgeschlafen hast,weil du tagsüber kaum Zeit zum Entspannen hast!Natürlich können die Reaktionen von Lydia auch
eine Reaktion auf dein angespanntes oder gereiztes Verhalten ihr gegenüber,aber dies ist vollkommen normal, die Beziehungen zwischen Eltern und Kind sind eben wechselseitig!Wenn es dem Kind schlecht geht,dann geht es der Mutter schlecht und umgekehrt!Das bedeutet aber nicht, daß deine Depression schuld an das Verhalten von Lydia ist,denn sie war schon ein schwieriges Baby, bevor du erkrankt bist!

Den Rest lasse ich lieber unkommentiert,sonst mache ich vor Ärger mein Klavier kaputt!
:wink:

Tja, liebe Martina,ich bin sehr geschockt gewesen, als ich diese Worte deiner Freundin gelesen habe.Ich konnte gar nicht glauben,daß ein Mensch,dazu selbst Mutter eines Kindes, imstande ist,einer anderen tief verunsicherten und kranken Mutter solche Schuldgefühle zu geben!

Ich muß ehrlich sagen:ich würde persönlich einer solchen "Freundin" die Freundschaft sofort kündigen!Was sie treibt ist moralisches Mobbing,emotionale Erpressung der übelsten Art ("Wenn du dein Kind wirklich liebst,dann gib es ab!")!

Wenn ich noch einen Tipp geben darf:spreche nicht über deine intimen Pb mit Leuten , die keine Ahnung von dieser Krankheit haben!Damit schützt du dich vor dieser boshaftigen Ignoranz!

Und noch eines:wenn die PPD durch einen Virus übertragen werden könnte,würde ich diesen Virus dieser Frau übertragen,damit sie selber erlebt,welche Hölle diese Krankheit für eine Mutter bedeutet!

Und als Letztes:liebe Martina, du weißt vielleicht schon, daß die Depression eine Stoffwechselkrankheit des Gehirns ist und daß es Medikamente gibt,die ADs, die das Gleichgewicht der Neurotransmitter im Gehirn wieder herstellen können.Du weißt sicher auch,daß die Erbanlage eine Rolle spielt.Und die meisten wissentschaftlichen Studien haben gezeigt,daß eine Kombination aus ADs und Psychotherapie die besten Heilungschancen bietet!Daher mein Rat:versuche es mit ADs!Ich bin sicher,daß es dir helfen kann,aus dieser Depri schnellmöglichst herauszukommen!

Sorry für diesen langen Text,aber das mußte raus! :wink:

LGMilla
Martina

D A N K E

Beitrag von Martina »

Hallo ihr Lieben,

Danke sehr für eure vielen lieben, aufbauenden und teilweise sehr langen Antworten!

Ihr habt alle Recht. Nur gut war in diesem Fall die Wirkung der Mail, nämlich dass ich aufgerüttelt wurde und nun zu mir selbst stehe (und mich mit eurer Hilfe so schlecht gar nicht fühle).

Mir ging es in der letzten Zeit wirklich so schlecht, dass ich jetzt ein AD bekommen und heute die erste Tablette (halbe) eingeworfen habe. Ich fühle es auch schon, ein komisches Gefühl, als wenn mein Körper leicht schweben würde. Ich hoffe, das mit den Nebenwirkungen hält sich in Grenzen.

Liebe Grüße nochmal an alle
Martina
Milla

Beitrag von Milla »

Hallo liebe Martina! :D

Es freut mich SEHR,daß du dich zu diesem großen Schritt entschieden hast!

Die NB wirst du wahrscheinlich nur 1-2 Wochen lang spüren,dann werden sie verschwinden und dein AD wird anfangen zu wirken.In 4-6 Wochen wirst du dich sicher wie ein anderer Mensch fühlen! :D

Bis dahin,halte durch und berichte uns mal über deine Fortschritte!

Ganz liebe Grüsse
Milla
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