Angespannte Situation

Austausch persönlicher Erfahrung mit der Depression/Psychose vor und nach der Geburt

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suzilizzy

Angespannte Situation

Beitrag von suzilizzy »

Hall ihr Lieben,
Brauche mal eure Einschätzung zu meiner derzeitigen Situation.

Im Moment ist ziemlich viel los. Mein Mann hatte einen Vater Monat und wir haben viel gemacht (Urlaub, Renovierung, Ausflüge). Mein Sohn und ich hatten Geburtstag und für Samstag steht eine grosse Feier an, außerdem waren er und ich ziemlich heftig krank vor kurzem. Dazu kommt, dass ich ab Montag wieder arbeiten gehen werde und sich da die Terminierung von Kinderbetreuung und Jobterminen etwas kompliziert gestaltet. Generell weiss ich, dass die Anfangszeit eine riesen Umstellung und schrecklich anstrengend wird. Trotzdem freue ich mich aufs Arbeiten.
Wenn das alles nicht schon genug Trubel wäre, ist mein Sohn gerade sehr fordernd. Er wird immer mobiler und man muss ständig hinterher sein und aufpassen. Außerdem habe ich das Gefühl, dass er gerade seine erste Trotzphase durchmacht. Wehe es läuft etwas nicht so wie er will, dann gibt es ein riesiges Geschrei. Auf einmal sind die Nächte auch wieder Katastrophe. Er hat mal ne ganze Zeit durch geschlafen und jetzt schafft er gerade mal zwei Stunden am Stück, muss wieder nachts gefüttert werden und schläft irgendwann nur noch bei uns im Bett ein...
Ich merke, dass ich wieder stark an meine Grenzen komme, fühle mich aber in kleinster Weise depressiv, sondern einfach nur gestresst. Nachts ist es am schlimmsten. Ich will einfach nur schlafen und reagiere ziemlich genervt, wenn der Kleine was will. Teilweise Maule ich ihn dann schon ziemlich heftig an und bin auch etwas ruppig (ich tue ihm aber nicht weh, oder schreie ihn an).
Das war zu meiner aktiv depressiven Zeit auch so, aber da hat es sich ganz anders angefuehlt. Da hatte ich keinerlei Verbindung zu dem Kleinen Terroristen. Das ist heute anders. Ich liebe ihn heiss und innig und bin ihm auch nicht boese oder so, sondern einfach nur müde und genervt. Fühle mich ihm gegenüber auch nicht schuldig, sondern denke mir, da müssen wir beide jetzt halt durch und es wird auch wieder anderes werden.
In soweit habe ich kein direktes Problem. Mein Mann sieht das anders. Er mault mich immer furchtbar an, wie ich denn mit dem Kind um gehe und hat mir heute gesagt, ich solle zu meiner Psychiaterin gehen und meine Medis hochdosieren lassen.
Das hat mich unsagbar wütend gemacht! Was bildet der sich bitte ein? Er ist den Tag ueber auf der Arbeit und hat nicht ständig das Geheule in den Ohren. Ich troeste den ganzen Tag, spiele und kuschle, aber irgendwann sind die Akkus halt auch mal leer. Was ich bräuchte waren ein paar auf munter de Worte und eine Umarmung und nicht noch mehr Medikamente. Er meint, er sieht das anders und ich solle aufpassen, nicht wieder mitten in die Depression zu rutschen.
Ich fühle mich eigentlich nicht gefährdet. Wie seht ihr denn das Ganze?

Liebe Gruesse und danke für eure Antworten!
Charleenmaxim

Re: Angespannte Situation

Beitrag von Charleenmaxim »

Das ist wirklich sehr frech von ihm... Männer! Die denken manchmal wirklich nicht weit. Ich denke es gibt leute die mehr mühe haben nachts und anderen denen es weniger aus macht. Mein mann ist zumbeispiel so einer, der motzt einfach immer mal rum wenn er nachts geweckt wird! Wegen dem ist er aber lange nicht depressiv! Mach doch deinem mann den vorschlag, dass er die nachtschichten übernimmt, wenn du auch wiedr arbeitest! Vieleicht hat er weniger mühe damit....


Kopf hoch! Du machst das trotz stressiger zeit super!
lotte

Re: Angespannte Situation

Beitrag von lotte »

Hey Du,

ich finde, das jeder - und erst Recht eine gestresste, zuvor körperlich und vielleicht auch noch leicht seelisch angeschlagene Mutter - ihren Frust rauslassen darf. Wie Du selbst schreibst, liegt der im "Rahmen", anders würde es ausschauen, wenn Du Deinen Sohn schütteln oder massiv anschreien würdest. WIE bitte denn soll man, gerade nachts, gut gelaunt und pädagogisch wertvoll reagieren, wenn man zudem das Geschrei schon den ganzen Tag hatte?

Mache Deinem Freund klar, dass das nichts mit den Medis zu tun hat, sondern ganz normale Gefühle und Reaktionen auf schlaflose Nächte! sind.

Guter Tipp von Charleen: soll er doch nachts mal raus zum beruhigen ;)

LGL
Graureiherin
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Re: Angespannte Situation

Beitrag von Graureiherin »

Hallo Suzilizzy

zuerst eine virtuelle Umarmung von mir (auch wenn ich nicht Dein Mann bin :wink: ). Ich finde das was Du schreibst klingt plausibel und absolut normal. Ich reagiere ebenfalls ungeduldig wenn ich schon den ganzen Tag (Tagelang) für meine Tochter da war und diese viel gequengelt hat. Wenn dann noch die Nächte keine Erholung sind, na dann aber "Gute Nacht" bei mir. Ich bin eh nicht mit Geduld ausgestattet. Meine Thera meinte dazu einmal ganz trocken " dann wird sich Ihre Tochter daran gewöhnen müssen, dass sie eben eine ungeduldige Mutter hat".

Ich finde Charleens Vorschlag gut. Teilt euch die Nächte! Ich kenne Ehepaare die das so organisiert haben, trotz Berufstätigkeit von Seiten des Mannes. Dann sind es z. B. die Tage Freitag, Samstag und evtl. noch einen Tag unter der Woche. Ihr braucht sowieso einen Plan, wenn Du wieder arbeiten gehst. Dann kannst Du nicht jede Nacht raus. Wobei sich das nächtliche Aufwachen auch schnell wieder regulieren kann. Vermutlich ist Dein Mann aber auch einfach noch angeschlagen von dem ganzen Trubel den ihr hattet. Ich meinte einmal von Dir gelesen zu haben, dass er sich ziemlich in die Materie PPD eingelesen hat. Vielleicht war sein Vorschlag die Medis zu erhöhen eine Überreaktion?

Mein Partner arbeitet mehr als ich. Wenn er dann da ist klappt es zunächst ziemlich gut mit unserem Töchterchen und ihm, ABER sobald auch er "selbstverständlich" wird, dann geht es los mit austesten, strampeln, quengeln, trotzen eben... und siehe da (klingt jetzt schadenfroh von mir, hüstel ist es auch ein wenig) wird der liebe, gelassene "Papaheld" auch schneller ungeduldig und schimpft. Ganz normal!

Ich habe mich wie Du auch gefreut wieder arbeiten gehen zu können. Es hat mich auf andere Gedanken gebracht, ich war wieder mehr als "nur" Mama in Elternzeit, die Themen wurden wieder vielfältiger... Trotzdem solltest Du auf Pausen achten. Ich bemerke bei mir, dass ich viel schneller reagiere wenn ich müde bin, im Sinne von negative Gedanken etc.

liebe Grüßen Dir
die Graureiherin
postpartale Zwangserkrankung 10/2012
Cipralex bis 2014
Rückschlag 2015, wieder Escitalopram bis 15mg
langsame Reduzierung auf 5 mg Escitalopram seit Juli 2017
Verhaltenstherapie beendet seit September 2017
Glu

Re: Angespannte Situation

Beitrag von Glu »

Hallo du,

Da kann ich nur sagen "Männer".
Leider ist es doch so, dass sie nicht nachvollziehen können, wie das ist, den ganzen Tag zu Hause zu sein mit allem was dazu gehört :)
Für mich liest es sich nach einer Zeit an, in der man als Mama halt etwas dünnhäutiger ist. Und ich glaube, dass es jede Mama mal hat. Mal nicht so viel Geduld und gestresst.. es ist ja auch was los bei dir.;) Und wie du schreibst, ist alles noch im Rahmen, keine Schläge oder schreien.

Und ich glaube, man fühlt selber ganz gut, in welche Richtung es geht und wann man reagieren sollte.

Eine gute Idee, die Nächte mal deinen Mann zu überlassen ;) vielleicht denkt er dann auch etwas anders.

Viel Liebe Grüße
Glu
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Marika
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Re: Angespannte Situation

Beitrag von Marika »

Hallo,

kann mich den anderen nur anschließen. Wie reagiert ER denn, wenn ER nachts raus muss? Oder weiß er gar nicht wie das ist????? Macht mal einen Probelauf und wenn er dann immer noch ruhig und gelassen ist, dann soll er die Nachtschicht doch gleich ganz übernehmen. Dann wäre er wohl der geborene "Baby-Nachtschicht-Pädagoge".... :wink:

Nachts raus zu müssen und das Weinen des eigenen Kindes sind die messbar GRÖSSTEN Stressfaktoren - das haben Wissenschaftler heraus gefunden. Bei keiner anderen Situation sind so starke Stressparameter messbar. Und Schlafentzug oder Unterbruch wurde schon immer als Foltermethode eingesetzt.... :shock: Vielleicht sollt DEIN Mann mal zu deiner Psychiaterin und sich darüber aufklären lassen! :!: :!: :!:
Liebe Grüße von
Marika

Diagnose:
schwere PPD 2005
heute völlig beschwerdefrei mit 10 mg Cipralex
suzilizzy

Re: Angespannte Situation

Beitrag von suzilizzy »

Danke ihr Lieben,
jetzt bin ich beruhigt, da ihr das Ganze aehnlich wie ich seht. Er hat mich doch stark verunsichert. Habe letztes Jahr lange nicht gemerkt, bzw. mir eingestanden, dass ich eine Depression habe. Erst als es viel, viel zu spät war. Natürlich hat man dann immer Angst, dass sich das wiederholt.

Es ist nicht so, dass er in nie aufsteht. Da der Kleine zur Zeit eh meistens bei uns im Bett schlaeft, sind dann meistens sowieso gleich beide wach. Er dreht sich dann halt weg und ich fühle mich verantwortlich für Ruhe zu sorgen, da er ja so früh raus muss... aber im Vater Monat haben wir weitestgehend halbe halbe gemacht.
Am Wochenende darf dann jeder einen Morgen ausschlafen. Wie gesagt, ist nicht so, dass er sich ganz raus hält, aber wahrscheinlich brauchen wir jetzt auch für unter der Woche eine bessere Lösung.

Mich nervt halt echt, dass er immer so tut, als wäre der Alltag mit Kind kein Problem. Aber wenn er mal ganz zuständig ist (also wenn ich weg oder krank bin), dann ist der Kleine ruck zuck bei meinen Eltern (die wohnen direkt nebenan), oder bei seiner grossen Tochter (aus erster Ehe, ist jetzt 16 und regelmäßig bei uns) und er muss Rasenmaehen, oder an seinem Jeep schrauben, oder andere hochwichtige Dinge erledigen. Wenn ich den Kleinen aus den Füssen hab, komm ich natürlich auch zu was...
Der Knaller ist dann immer, wenn er mit dem Kleinen (1 Jahr) Kika schaut... da könnte ich regelmäßig Schreikraempfe bekommen...

So, jetzt ist der Frust raus :lol:

Liebe Gruesse und Umarmungen zurück!
Charleenmaxim

Re: Angespannte Situation

Beitrag von Charleenmaxim »

Das kommt mir alles ganz bekant vor :lol:
luraja

Re: Angespannte Situation

Beitrag von luraja »

oooooooh jaaaa, mir kommt das auch alles sehr bekannt vor! Ich hab auch immer zu hören bekommen, daß das mit den 3 Kindern daheim eh ein Klacks ist und ich hätte eh nix zu tun, wovon ich eigentlich müde bin.
Aber wenn ich am Wochenende mal Kurs hatte und mein Mann alleine zuständig war, schwupps war er samt Nachwuchs bei den Schwiegereltern und er hat sich auf die Couch geschmissen und geschlafen oder war Klavierspielen oder hat sonst was hochwichtiges gemacht. :mrgreen:

Aber du machts das schon ganz gut! Falls es dich tröstet, ich bin auch genervt, wenn meine heilige Nachtruhe gestört wird, das schlafen hab ich schließlich in harter Arbeit wieder "lernen" müssen. Gott sei Dank sind die Zeiten, in denen wirklich jede Nacht was war bei uns vorbei, jetzt ist es nur mehr anstrengend, wenn eines der Kinder krank ist, das zehrt noch ordentlich an meinem Nervenkostüm.

Also: nicht verunsichern lassen, du kriegst das schon gebacken! Und das durchschlafen bei deinem Zwerg kommt auch wieder, versprochen!
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