Erinnerung an ZG´s ?

Austausch persönlicher Erfahrung mit der Depression/Psychose vor und nach der Geburt

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Nepal

Erinnerung an ZG´s ?

Beitrag von Nepal »

Hallo liebe Frauen,

ich weiß jetzt gar nicht, wie ich das was ich denke schreiben soll. Bin nicht so gut darin. Im letzten Jahr hatte ich mit schlimmen Angstzuständen und ZG´s zu kämpfen. Seit Februar mach ich eine Therapie. Es geht mir viel besser, kein Vergleich zu früher. Hatte in diesem Jahr echt gute Zeiten, leider kommen immer wieder Phasen wo es mir schlecht geht. Deshalb bin ich vor kurzem erneut zur Psychiaterin, die mir zunächst Opipramol verschrieben hat. Nehme diese seit zwei Wochen. Gestern hatte ich wieder einen Termin. Sie fragte natürlich wie es mir geht. Und an dem Tag und die Tage vorher ging es mir gut. Das sagte ich ihr auch. Sie meinte ich soll das Opi erst einmal weiternehmen. In 4 Wochen ist der nächste Termin. Sollte es mir damit nicht gutgehen, will sie mir Escitalopram verschreiben.

Was mich am meisten quält zur Zeit sind die Erinnerungen an die ZG´s. Also wenn ich z. B. gerade was mache, kommt mir der Gedanke, dass ich in dieser Situation immer ZG´s hatte. Dann frag ich mich, ob es nur die Erinnerung ist oder ob ich gerade doch wieder ZG´s habe. Dann beginne ich mich wieder und wieder zu überprüfen, ob ich gerade normal denke oder nicht. Dann bekomme ich Angst, dass es wieder losgeht. Das macht mich echt fertig. Ich will einfach wieder normal leben. Hätte der Ärztin das sagen sollen, aber wenn ich vor ihr sitze habe ich das Gefühl, dass ich Watte im Kopf habe. Das ist auch in Gespräch mit anderen so. Als würde ich neben mir stehen, mir fallen Wörter nicht ein, kann mir Gesprächsinhalte schlecht merken, ich glaube ich verblöde langsam.

lg
Nepal
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Marika
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Re: Erinnerung an ZG´s ?

Beitrag von Marika »

Hallo,

ich verstehe was du meinst. Ich hatte auch extrem mit ZG zu tun, daher kann ich gut nach voll ziehen wie es dir gerade geht. Ein bissl stehst du gerade zwischen den Stühlen - es sind wohl keine reinen ZG mehr, aber es mischt sich bei den Erinnerungen dann doch wieder die Angst dazu. Und aus dieser Spirale entstehen dann neue blöde Gedanken, die in den Zwang münden.

Da es dir aber sehr viel besser geht, finde ich hast du deiner Psychiaterin gestern alles richtig gesagt. ZG sind generell eine zähe Sache, die recht viel und oft auch länger Geduld braucht. Ein Medikament kann dir da sehr viel helfen - es macht die Gedanken leichter und so kann man oft besser daran arbeiten. Ich selber habe mit Escitalopram sehr gute Erfahrungen gemacht. Aber sie haben die ZG auch nicht einfach "ausgeknipst", ich musst trotzdem echt lange am Zwang arbeiten und oft war es sehr hart. Denn es kommen auch "Rückschritte" - heißt, dass es einfach auch Phasen dazwischen gibt, in denen der Zwang wieder stärker wird. Das ist aber (leider) normal. Der Weg stimmt dann, wenn es im Gesamten gesehen einen Aufwärtstrend gibt.

Vielleicht hilft dir folgendes: Es geht nicht darum, die Gedanken nicht mehr zu haben, sondern das ZWANGHAFTE dahinter zu VERLERNEN! Die Gedanken dürfen da sein, nur nicht zwanghaft gefühlte 1. Mio mal Tag und immer wieder usw.... Der zwanghafte Mechanismus der sich aus der Angst heraus und meist auch aus wenig Selbstvertrauen "ernährt", ist das was du angehen und dir abtrainieren kannst. Dazu gehört auf der anderen Seite z.B. aktiv dein Selbstvertrauen zu stärken. Ein starkes Selbstvertrauen ist Gift für den Zwang. :wink:

Seltsame, unpassende, aggressive, abartige Gedanken hat JEDER MENSCH ab und an auf dieser Welt - das liegt in der menschl. Natur. Das kann und muss man sich auch nicht abgewöhnen, da es sich um reine Gedankenspielereien und "Gedankenmüll" handelt, die kurz abgehandelt werden und dann in den weiten des Gehirns verschwinden. :wink: Der Zwang allerdings macht daraus Endlosschleifen und erzeugt einen extremen Leidensdruck. Also - lass die Gedanken zu, sie dürfen da sein - sag aber dem Zwang klar, dass ER zu gehen hat. :wink: Und sollte es dir zu schwer erscheinen, gibt es immer noch die Option mit dem Escitalopram!
Liebe Grüße von
Marika

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schwere PPD 2005
heute völlig beschwerdefrei mit 10 mg Cipralex
Nepal

Re: Erinnerung an ZG´s ?

Beitrag von Nepal »

Hallo Marika,

vielen Dank für deine Worte. Das mit "zwischen den Stühlen" trifft es denke ich gut. Weißt du es ist manchmal so, dass ich mir selber meine Gedanken nicht verzeihen kann. Irgendetwas ist "kaputt" gegangen. Als hätte ich mein Recht auf Glücklichsein mit meiner Familie verwirkt. Habe lange bevor ich mich hier angemeldet habe mitgelesen. Bin auch auf einige Beiträge von dir gestossen, insbesondere was ZG angeht und an besonders schlechten Tagen haben deine Worte und die der anderen mir Mut gegeben. Das es bessser werden kann und man nicht alleine damit ist usw. Dafür möchte ich euch danken.

Irgendwie habe ich das letzte Jahr geschafft, ich weiß gar nicht wie. Obwohl es irgendwie besser ist, bin ich nicht die, die ich vor der Geburt war. Die Abstände in denen es mir richtig schlecht ging, so dass ich nicht alleine sein konnte, sind in diesem Jahr viel größer gewesen. Bin zwiegespalten, an manchen Tagen denke ich, du bist durch die schlimmste Zeit ohne AD durch, jetzt zieh es weiter durch. An anderen denke ich, dass ich langsam keine Kraft mehr habe. Die Angst, dass ich wieder in ein Loch falle ist so groß. Morgens horche ich in mich rein und frage mich, ob es wieder anfängt. Wenn wir was planen für die nächsten Tage oder das WE, oder einen Urlaub denke ich mir immer, lass es nicht da wiederkommen. Am liebsten würde ich nur noch spontan Sachen mit anderen machen. Ich kann mich überhaupt nicht auf mich verlassen. Meinst du, dass ein AD, obwohl es meistens besser geht dennoch angebracht ist? Das Opipramol nehme ich ja jetzt, Nebenwirkungen hatte ich keine, aber ich weiß auch nicht ob es auf Dauer hilft.

lg
Nepal
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Marika
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Re: Erinnerung an ZG´s ?

Beitrag von Marika »

Hallo du,

normaler Weise bin ich eine Befürworterin von AD´s - in deinem Fall allerdings fällt mir eine Antwort nicht leicht. Du hast schon enorm viel geschafft und der Trend stimmt - die Tiefs werden weniger, die Hochs immer mehr. Das heißt: Der Weg passt absolut. Von daher ist es eigentlich nicht nötig, etwas zu ändern.

Du merkst im Moment einfach das, was man langläufig sagt - nämlich dass die Arbeit an ZG extrem hart und Kräfteraubend ist. Aber das war sie für mich auch mit Cipralex phasenweise. Du nimmst Opipramol und es scheint, dass du gut damit klar kommst. Von daher bist du eigentlich in der glücklichen Lage ganz nach deinem Bauchgefühl entscheiden zu können. Wenn du das Gefühl hast, es geht über deine Kräfte, kannst du dich für das AD entscheiden, musst aber nicht. Hör auf DICH - wenn der Druck zu groß wird, dann kannst du dich für das AD entscheiden - aber generell sehe ich persönlich im Moment keinen Grund dazu. Allerdings stecke ich auch nicht in deinen Schuhen - es ist ganz deine alleinige Entscheidung!
Liebe Grüße von
Marika

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Re: Erinnerung an ZG´s ?

Beitrag von Tribunus »

ich erkenne mich exakt in deinen Beschreibungen wieder. Ich kann auch nicht sagen, ob es nur Erinnerungen sind oder schon wieder zg. Ich kann nur sagen, dass es bei mir mit Medikamenten viel besser geworden ist. Das Ziel meines Therapeuten ist es aber die Medikamente wieder abzusetzen und durch das Erlernte wieder stark zu werden. Er ist sogar der Meinung, dass man durch so eine Krise wachsen kann. Ob mit oder ohne Medikamente Hauptsache man fühlt sich wieder gesund!!!! :P
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Re: Erinnerung an ZG´s ?

Beitrag von Marika »

Das kann ich bestätigen: Ich bin durch diese Krise extrem gewachsen! :D

@Tribunus: Mir macht ein bissl Bauchweh die Aussage, dass euer Ziel ist, das AD abzusetzen. Bitte, bitte, sei vorsichtig damit!!!!! ZG sind ein harter Brocken der ganz alleine ohne Medikament sehr schwer zu lösen ist. Dein Ziel sollte sein stabil zu werden und wenn du das bist das AD noch über eine ausreichend lange Zeit zu nehmen. Mein Ziel war vor Jahren auch das AD los zu werden ... ganz ist das nicht gelungen, ich werde für immer wohl eine kleine Erhaltungsdosis brauchen. Das wollte lange nicht in meinen Kopf, bis ich mein Ziel "verändert" habe nämlich zu Gunsten eines gesunden und schönen Lebens. Mach dir bewusst, dass es Fälle gibt, in deinen ein AD ein Begleiter für lange Zeit wird - ich wünsche dir von Herzen dass du nicht dazu gehörst. Aber ich möchte dir sagen, dass das Ziel das AD los zu werden, nicht wirklich förderlich für das Gesund werden ist.
Liebe Grüße von
Marika

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Tribunus

Re: Erinnerung an ZG´s ?

Beitrag von Tribunus »

Liebe Marika, mein Ziel ist es auf jeden Fall mich wieder gesund zu fühlen. Wenn dazu die Medikamente nötig sind dann habe ich damit kein Problem. Ich habe keine Nebenwirkungen und vertrage sie sehr gut. Ich wollte damit nur sagen, dass man verhaltenstherapeutisch sehr viel hinbekommt. Es ist, wie du sagst ganz viel Einstellungssache und Übung, Übung, Übung :wink:
PS: Trage mittlerweile ein Gummiband
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Re: Erinnerung an ZG´s ?

Beitrag von Marika »

Das beruhigt mich sehr - das ist auch eine sehr gesunde und reflektierte Einstellung. Du machst das sicher alles richtig - bitte entschuldige, dass ich mich so eingemischt habe. :wink:
Liebe Grüße von
Marika

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