werde ich jemals wieder normal?

Austausch persönlicher Erfahrung mit der Depression/Psychose vor und nach der Geburt

Moderator: Moderatoren

Astrid

Re: werde ich jemals wieder normal?

Beitrag von Astrid »

Du Liebe,
ich bin froh, dass du es geschafft hast dem Arzt die richtigen Infos zukommen zu lassen. Ich weiss es ist schwer sich einzugestehen Hilfe zu brauchen. Schwach und hilflos zu sein, fühlt sich furchtbar an. Aber gerade dass du dir Hilfe suchst in dieser Situation ist ein Zeichen von ungeheurer Stärke. Du hast geschrieben:
"Von meiner Krankheit weiß außer mir und meinem Freund niemand etwas.
Ich fühle mich schon schwach genug und dieses Mitleid und Unverständnis von außerhalb, kann ich schlicht und ergreifend nicht gebrauchen.
Da heißt es dann "man muss sich auch mal zusammenreißen können" usw usw... Die Nummer kenn ich leider schon zur Genüge."
Ich kann das so gut nachfühlen... . Auch ich wollte es unbedingt alleine schaffen, ich war doch immer eine starke, unabhängige Frau gewesen, die alles schaffen konnte. Und jetzt war ich ein Wrack, ein Looser, ein Haufen Elend, eine schlechte Mutter... . Das das alles durch die Krankheit kam, war mir lange nicht klar. Warum darf man, wenn man krank ist keine Hilfe bekommen, oder annehmen. Wünscht sich nicht jeder jemanden, der einem über den Kopf streichelt bei Schmerzen, oder der einem eine Hühnersuppe kocht, wenn man Elend ist? Oder einfach nur für Ruhe sorgt? Mitleid ist nicht negativ! Jemand leidet mit, heisst, er fühlt deinen Schmerz oder deine Angst mit. Wenn dir das keine große Hilfe ist, kannst du das sagen. Danke für deine Anteilnahme, aber ... kannst du mir nicht lieber aktiv helfen? Z.B. Kind abnehmen wenn ich zum Arzt möchte? Fenster putzen, einkaufen... .
Der Leidensdruck wird leider immer höher, je länger man wartet. Ich habe gute Erfahrungen damit gemacht, offen mit meiner Krankheit umzugehen. Es kommt viel mehr Hilfe, als man denkt. Und oft findet man auch andere Betroffene. Die, die von "Sich zusammenreißen" sprechen, sind leider nicht gut informiert und wissen nichts von Depressionen. Man kann auch Durchfall nicht durch Willenskraft stoppen... . Dass dein Freund meint, dass ihm die Kraft ausgeht, ist natürlich verständlich, wenn der ganze Druck auf nur euch Beiden lastet. Ich glaube, dass es sich sehr große Sorgen um dich macht. Und er fühlt eine große Verantwortung für Dich und euer Kind. Dadurch, dass Du den Kontakt mit dem Arzt jetzt nochmal gesucht hast, hast du schon etwas für eure Beziehung getan. In dieser Krankheitsphase ist das eine riesen Leistung. Wenn dein Freund möchte, kann er hier auch Kontakt zu einem anderen Vater aufnehmen. Vielleicht möchte er ja mal mit ihm sprechen. angehoerigen-beratung@schatten-und-licht.de
Ich wünsche dir einen guten Termin am 2.3.. Und wünsche dir viel Kraft

Astrid
Cosmeni

Re: werde ich jemals wieder normal?

Beitrag von Cosmeni »

Hallo ihr Lieben.

Hier (spät wie immer;)) mal wieder ein Update der Lage.
Ich hatte inzwischen wieder 2 Termine beim Therapeuten. Im ersten ging es hauptsächlich darum, die ausgedruckten Forums-Beiträge zu besprechen, da er anhand derer denke ich, ein besseres Bild meiner Situation bekommen hat und ihm auch klar wurde, dass ich total in der Luft hänge bzgl. einer Diagnose. Er sieht bei mir keine klassische PPD, sondern zwar Zusammenhänge mit der traumatischen Geburt und auch der hohen Belastung der ersten Monate, die Diagnose lautet aber zur Zeit: "Sonstige rezidivierende depressive Störungen".
Er hat mit mir sämtliche auslösende Faktoren und Symptomatik einer Depression besprochen inkl. Zeitfaktoren, Ausprägungen usw.
Das hat schon Vieles klarer gemacht. Da ich aber v.a. die Zeitfaktoren nicht in der Art erfülle, dass klassisch "Depression" diagostiziert werden kann, sondern "nur" immer mal wieder, fiel die oben genannte Diagnose.
Im Termin danach am 19.3. haben wir das Thema Medikation tiefergehend besprochen, ich war sehr offen mit meinen Befürchtungen und Ängsten, die er mir zumindest großteils nehmen konnte. Verschrieben bekommen habe ich nun Sertralin (zunächst 50er die ersten Tage, dann Steigerung auf 100).
An dem Tag, an dem ich starten wollte, es einzunehmen, habe ich wieder solche eine unglaublich große Angst bekommen, dass ich es gelassen habe. Ich hatte dann abends nochmals mit meinem Freund über das Ganze gesprochen und ihm alles erzählt, was mein Therapeut mir dazu gesagt hatte (so gut ich es eben wiedergeben konnte) und er hat mich nochmals bestärkt, dass es zumindest einen Versuche wert ist.
Also habe ich gestern mit den 50mg losgelegt und nun heißt es geduldig sein und abwarten...
Ich bin gespannt wie Alles weitergeht, ich bin immernoch sehr unsicher und hoffe einfach darauf, dass es mir helfen wird, auch wenn ich riesige ANgst vor Nebenwirkungen usw habe und va. dass es mir dann in ein paar Monaten ohne Medikament wieder genau gleich gehen wird wie zuvor.
Ein positiver Aspekt wird sicherlich sein, dass, wenn mir das Medikament helfen sollte, vielleicht auch die Angst vor meinem Zustand nach einer weiteren Geburt nicht mehr ganz so ausgeprägt sein wird, da ich dann weiß, dass ich im Fall der Fälle 1. einen guten Therapeuten und 2. eine wirkungsvolle Medikation habe.
Ich danke euch für eure immerzu unterstützenden Worte, ich kann es gar nicht genug tun, das ist wahnsinnig wichtig für mich, mit euch zu schreiben.
Ich hoffe es geht euch gut?
Vllt könnt ihr mir sagen, auf welche Art und Weise und wie schnell ihr Verbesserungen bei euch feststellen konntet usw?

Ganz viele liebe Grüße,
Verena
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