Warum trifft es immer die "falschen"

Austausch persönlicher Erfahrung mit der Depression/Psychose vor und nach der Geburt

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Michelle
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Warum trifft es immer die "falschen"

Beitrag von Michelle »

Halli hallo ihr Lieben!

Kleines Update von mir: ich habe trotz der langen eigentlich schon symtomfreien Zeit hin und wieder trotzdem Schwankungen , wenn auch nur leichte und kurze. Gehört das so ?

Und noch mal eine andere Frage :

Oft stelle ich mir die Frage, warum gerade die Frauen , die sich sehnlichst ein Kind wünschen , die besten Voraussetzungen mitbringen für ein Kind, eine liebevolle und emphatische Personen sind, diese Erkrankungen bekommen ..

Eigentlich doch total falsch und unverständlich. Und dann auch gleich solche krassen Symptome. Diese lange Heilungsphase.. ich verstehe es nicht

Man hat das Gefühl, das komplette Leben und denken verändert sich dadurch .

Vielleicht versteht mich ja die ein oder andere.

Schönen Sonntag euch 😊
SaraGossa
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Re: Warum trifft es immer die "falschen"

Beitrag von SaraGossa »

Hey Michelle,

Diese Frage hab ich mir auch laaaaange gestellt. Warum ich? Warum nicht diese Bekannte, die immer so pessimistisch ist? Warum diese Frauen hier im Forum, die alle so emphatisch und nett wirken
Ich frage mich das nicht mehr, denn es bringt nix...Warum bekommen manche Kinder Krebs? Warum kommt jemand blind zur Welt? Es gibt so viele Warums, die wir nie beantworten können werden...es ist so. Es hat uns nun mal leider erwischt, warum auch immer. Und wir tun alles, damit das nicht nochmal passiert ♡ Darauf legen wir unseren Fokus
Sehr traumatische Geburt meines 1. Sohnes Nov. 2021
Seit Januar 2022 PPD
Anfangs Mirtazapin, inzwischen abgesetzt
Seit Oktober 22 Vortioxetin 20mg
Januar 23 noch Duloxetin 120mg dazu

Aktuell ziemlich stabil🤞
alibo79
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Re: Warum trifft es immer die "falschen"

Beitrag von alibo79 »

Hey Michelle, ich sehe es auch so wie sarah, es ist wie es ist, und sich damit zu quälen was man vielleicht falsch gemacht hat oder ob jemand daran schuld ist bringt oft nichts.
Mein Therapeut hat mir am Anfang meiner ganzen Arbeit mit ihm gesagt, : Frau Bode, hier in der Therapie geben wir keinem die Schuld für ihre Erkrankung, aber wir wollen zusammen erkennen was dazu geführt hat.
Und das ist wirklich so, wir haben natürlich über meine ganzen problematischen Verhaltensweisen gesprochen, meine Kindheit, mein Perfektionismus, mein jetziges Umfeld usw aber ohne erhobenen Zeigefinger sondern einfach ein erkennen, zulassen von negativen Erfahrungen, Gedanken, Gefühle, Wut usw. Aber mit dem Gedanken dass ich damit mein Leben besser und nachhaltig gestalten kann.
Wir haben bei uns in der Familie viele psychische Erkrankungen, Ich habe wahrscheinlich einfach zusätzlich auch noch ungünstige gene mit ungünstiger Familien Konstellation für mein Leben mitbekommen, jetzt muss ich damit meinen Weg gehen.
Aber was mir selbst aufgefallen ist bei mir. Ich habe durch meine schwere Krankheit meinen Glauben an Gott verloren. Wir sind recht christlich aufgewachsen und ich habe nie daran gezweifelt an meinem Glauben, aber nach der ppd konnte ich einfach nicht mehr glauben . Diese schlimme Zeit die ich durchmachen musste, danach konnte ich einfach nicht mehr an lieben gott glauben.
Ist vielleicht ein bisschen anderes Thema, aber vielleicht hat ja jemand schon mal ähnliches gefühlt.

Und zu deinen leichten Schwankungen, es ist völlig normal, selbst bei mir gibt es die stolpersteine noch, nach 2,5 Jahren aber zum Glück nichts schlimmes, ich merke es aber noch, dass ich eine Krankheit habe. Aber vielleicht ist es auch gut so, als kleine Erinnerung immer sorgsam mit sich Umzugehen und nicht wieder in den selben Trott zu fallen und nachhaltig an sich zu arbeiten :D :D
2014 schwere PPD mit Ängsten, 6 Monate Tagesklinik
2015- 2019 mirtazapin, erst 45mg ab 2017 langsam reduziert
Zwischendurch versuch mit citalopram, nach 2 Monaten abgesetzt, da starke Verschlimmerung der Depression
Anfang 2021 erneut schwere Depression wieder 45 mg mirtazapin zusätzlich noch quetiapin 150mg
Über Jahre zusätzlich noch psychotherapeutische Behandlung
Nic
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Re: Warum trifft es immer die "falschen"

Beitrag von Nic »

hallo ihr zwei,

Ich sehe es mittlerweile etwas anders. Denn ohne meine Ängste hätte ich niemals angefangen an mir zu arbeiten. Wäre in alten Verhaltens- und Denkmuster hängen geblieben.
Sicher, die Ängste sind zum kotzen, und ich habe sie immernoch, ABER ich arbeite an mir und sehe so langsam auch eine Spur GUTES in der Angst.

Alles Gute
Nicole
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Marika
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Re: Warum trifft es immer die "falschen"

Beitrag von Marika »

Hallo!

Eine Frage die uns sicher alle schon beschäftigt hat und so wunderbare Antworten von euch. Da möchte ich mich gerne anschließen.

Die Frage nach dem Warum stelle auch ich nicht mehr, früher oft. Ich glaube dass das meine Therapie bewirkt hat, denn wie Alibo hat auch mein Psychiater nie nach Schuldigen gesucht, sondern einfach nach den Auslösern. Das lässt einen dann zielorientiert arbeiten. Jeder bekommt sein Päckchen mit und jeder muss dann damit das beste aus seinem Lebem machen.

Heute sehe ich das Gute in meiner Erkrankung von damals - ähnlich wie Nic. Ich habe sooo viel gelernt, über mich, über die Psyche und deren Erkrankungen im Allgemeinen. Ich habe so tolle Bücher gelesen und durfte mich weiterbilden. Und: ich habe hier her gefunden und so wunderbare Frauen kennengelernt und Freundschaften geschlossen, wie nicht mal im echten Leben. Ihr seid alle so intelligent, empathisch ... viele sind hochsensibel... unter solchen Menschen fühle ich mich wohl und verstanden, auch noch nach 18 Jahren. Danke dafür! ❤️

P.s. Alibo, wegen dem Glauben: ich traute mich früher nicht offen dazu zu stehen, dass ich aus der Kirche austreten möchte. Nach dem ich stabil war, habe ich das dann getan...und bin endlich für mich damit glücklich und frei. Ich bin spirituell interessiert, aber so wie ich es für richtig halte.
Liebe Grüße von
Marika

Diagnose:
schwere PPD 2005
heute völlig beschwerdefrei mit 10 mg Cipralex
SaraGossa
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Re: Warum trifft es immer die "falschen"

Beitrag von SaraGossa »

Zu dem Glauben an Gott würd ich auch gern noch was dazu sagen: Ich persönlich habe nie an Gott geglaubt, aber ich wusste nie wirklich an was ich dann glaube. Seit der PPD glaube ich fest ans Universum, dass uns manchmal nicht Dinge widerfahren, die wir wollen sondern die wir brauchen. Brauchen um zu wachsen, alte Wunden zu heilen und zum Kern unseres Selbst zu finden.
Seit ich zu meiner spirituellen Seite gefunden habe, sind so viele wundervolle Menschen in mein Leben gekommen, das ist kein Zufall. Gesetz der Anziehung 🥰 Wir erlauben nur mehr eine gewisse "Qualität" an Dingen/Menschen in unser Leben wenn wir erst mal unseren Wert kennen. Das ist wohl meine wichtigste Erkenntnis. Dass ich bei vielen Ereignissen jetzt denke: Hat das meine Energie und Liebe verdient?

Da hab ich früher keinen Gedanken dran verschwendet...da waren meine Bedürfnisse und Grenzen ja schlichtweg nicht existent
Sehr traumatische Geburt meines 1. Sohnes Nov. 2021
Seit Januar 2022 PPD
Anfangs Mirtazapin, inzwischen abgesetzt
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Januar 23 noch Duloxetin 120mg dazu

Aktuell ziemlich stabil🤞
Mammsie
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Re: Warum trifft es immer die "falschen"

Beitrag von Mammsie »

Ich kenne diese Frage. Heute habe ich beim Arzt eine Mutter im Wartezimme beobachtet. Mit zwei kleinen Kindern war sie da und war wieder schwanger wie man sah. Sie lachte und kicherte mit ihnen, reagierte immer ruhig, hat so einfühlsam geredet...Mir ging schon beim Zuschauen die Geduld weg. Ich fühlte mich schlecht, weil ich auch gerne diese Energie hätte. Ich habe mein Kind und wünsche mir noch eins. Aber die Angst ist so groß, wieder meinen Körper zu verlieren (so fühlte es sich damals an), wieder nur müde, kaputt und gestresst zu sein und an nichts mehr Freude zu empfinden. Natürlich weiß ich nichts über diese Frau. Wer weiß wie es ihr WIRKLICH geht. Denn mir sieht man meine Ängste und Depris auch nicht an, im Gegenteil. Uns bleibt nichts anderes übrig, als die Stimme unserer Seele zu hören und zu tun was wir können, um zu heilen. Heilung. Mehr nicht. Und dann akzeptieren was ist. Dann meldet sich oft das Glück zurück.
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Marika
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Re: Warum trifft es immer die "falschen"

Beitrag von Marika »

"Uns bleibt nichts anderes übrig, als die Stimme unserer Seele zu hören und zu tun was wir können, um zu heilen. Heilung. Mehr nicht. Und dann akzeptieren was ist. Dann meldet sich oft das Glück zurück."

Wow Mammsie, wundervolle Worte und so wahr. Ich werde sie mir ausdrucken und aufhängen, als Mantra für jeden Tag. Einfach toll, danke dir sehr dafür!
Liebe Grüße von
Marika

Diagnose:
schwere PPD 2005
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Mammsie
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Re: Warum trifft es immer die "falschen"

Beitrag von Mammsie »

Es freut mich, dass meine Worte soviel Positives in dir auslösen konnten. Ich finde hier auch bei unzähligen Beiträgen Kraft und schöpfe Hoffnung. Es ist wirklich unbezahlbar!
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