Unaufhaltbare Wut und Hilflosigkeit

Austausch persönlicher Erfahrung mit der Depression/Psychose vor und nach der Geburt

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alibo79
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Re: Unaufhaltbare Wut und Hilflosigkeit

Beitrag von alibo79 »

Ich melde mich auch noch einmal zu Wort.
Anne ich finde es sehr gut wie ehrlich du bist und dass du dich so verletzlich zeigst.
Ich habe auch gedacht, ob ein Teil von deiner Krankheit mit der unglücklichen Partnerschaft zusammenhängt. So etwas ist ein enormer unterschwelliger Streßfaktor. Gerade bei psychischen Erkrankungen ist es glaube ich ganz wichtig ein stabiles und unterstützendes Umfeld zu haben.

Ich habe ja auch viel mit meiner Mutter Rolle gehardert und auch lange Zeit bereut mich für Kinder entschieden zu haben.
Inzwischen bin ich darin angekommen und reingewachsen und liebe meine Kinder.
Viel hängt aber auch davon ab wieviel Zeit ich für meine Bedürfnisse, Wünsche, meine Arbeit habe. Inzwischen sind die Kinder älter und damit auch selbstständiger.

Und zum Thema Väter. Ich bin leider auch in diese Rolle reingerutscht wo fast alles an der Mutter hängen bleibt, obwohl wir das anders abgesprochen haben.
Durch das stillen war ich eben immer die Nummer 1, die sich gekümmert hat und das hat sich dann verselbständigt. Und ich habe auch nicht stark genug auf mein Recht gepocht. Gerade heute wo doch fast ausschließlich die Mama Eltern Zeit nimmt, führt es wieder dazu dass man die Mutter in eine Rolle drängt wie früher, ist meine Meinung jedenfalls.
Und dann ist mit den Kindern ja schnell ein Team und sagt sich, ach das mache ich schnell selber fertig, bevor ich dem Papa alles erkläre, es dann doch nicht richtig gemacht wird oder anders als ich mir das vorgestellt habe usw. Und so schnell ist dann der Vater außen vor und viele Männer sind ja auch bequem und es passt denen gut in den Kram.
2014 schwere PPD mit Ängsten, 6 Monate Tagesklinik
2015- 2019 mirtazapin, erst 45mg ab 2017 langsam reduziert
Zwischendurch versuch mit citalopram, nach 2 Monaten abgesetzt, da starke Verschlimmerung der Depression
Anfang 2021 erneut schwere Depression wieder 45 mg mirtazapin zusätzlich noch quetiapin 150mg
Über Jahre zusätzlich noch psychotherapeutische Behandlung
alibo79
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Re: Unaufhaltbare Wut und Hilflosigkeit

Beitrag von alibo79 »

Ich habe für mich gesagt, wenn es dann darum geht zu Parties zu fahren oder nachts abzuholen, das macht dann der Vater, da weigere ich mich. Und da ich schon seit die Kinder da sind 99% der Arbeit mut Ihnen erledigen muss und dad meine ich ehrlich. Morgens für die Schule immer ich, abends fertig machen immer ich usw. Das kann ich aktuell auch nicht ändern.
Da nehme ich mir dafür andere Freiheiten, wie 1h Mittagspause, regelmäßig Sport zu machen, pünktlich Feierabend machen auch wenn mein Mann noch Arbeit hat oder ich lasse zu Hause Dinge einfach liegen, mir Zeit zb für das forum hier zu nehmen, am Wochenende eine lange Jogging Runde zu machen wo er dann zurück stecken muss usw.
Das ist dann für mich quasi die Entschädigung für das was ich an anderer Stelle entbehren muss.
2014 schwere PPD mit Ängsten, 6 Monate Tagesklinik
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Marika
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Re: Unaufhaltbare Wut und Hilflosigkeit

Beitrag von Marika »

Guten Morgen...

Mir geht's da sehr ähnlich wie Alibo. 2005 als unser Sohn auf die Welt kam, dachte ich wir machen das sooo fortschrittlich, sooo modern, teilen uns vieles auf. Mein Mann war und ist auch selbstständig und ganz schnell war ich in der Rolle: ich + PPD daheim und zuerst natürlich mit Hilfe - später dann alleine für die Care Arbeit zuständig, mein Mann fürs Geld. Später dann wieder teilzeit arbeiten in einem Drogeriemarkt + die ganze Care Arbeit. Oft auch wollte ich diese Arbeit nicht teilen, weil eben wie Alibo schreibt, man erklären muss etc. Und so schleichend war klar: mein Mann ist der hart Arbeitende, ich ja nur teilzeit. Das sahen sogar meine Eltern eine zeitlang so. Care Arbeit ist ja keine Arbeit.

Aber gerade nach der PPD, habe ich angefangen, umzudenken... auch angestoßen durch die Therapie. Plötzlich hinterfragte ich dieses System und begann mich mitzuteilen. Meine Wünsche, Bedürfnisse, das Recht auf Auszeit... all das begann ich einzufordern. Mein Mann hat mitgezogen und wenn wir es auch nicht mehr ganz hinbekommen haben als unsere Sohn kleiner war - heute ist es wieder ähnlich wie bei Alibo: Autofahren (mein Sohn ist 18 und hat gerade die letzten Fahrstunden für den Führerschein), Musterung für das Bundesheer und suchen einer Zivieldienststelle, am Morgen aufstehen und Frühstück machen (ich schlafe weiter und arbeite Nachmittags bei meinem Mann oder im Homeoffice) macht mein Mann. Ich weigere mich strikt, denn ich habe jahrelang genug doppelt gemacht. Mein Mann hängt oft Wäsche auf oder schaltet die Maschine ein, saugt die Wohnung wenn er am Wochenende daheim ist. Auch ich gehe wie Alibo in den Feierabend, auch wenn mein Mann noch in der Firma ist. Meinen Sport mache ich auch am Wochenende, da muss er dann entweder warten, selber kochen oder später mit mir essen. ☺️☺️☺️ Früher bin ich Samstags und Sonntags nur am kochen und verhätscheln der Männer gewesen inklusiver doofer "Familenausflüge". Aber das habe ich nach und nach geändert, weil auch meine Bedürfnisse am Wochenende Platz haben müssen. Klar, es ist heute einfacher, weil mein Sohn groß ist. Trotzdem: um diese Veränderung habe ich schon Jahre vorher angefangen zu kämpfen. Und ich hatte das Glück, dass mein Mann da auch angefangen hat, umzudenken.
Liebe Grüße von
Marika

Diagnose:
schwere PPD 2005
heute völlig beschwerdefrei mit 10 mg Cipralex
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Marika
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Re: Unaufhaltbare Wut und Hilflosigkeit

Beitrag von Marika »

P.S. Habe meinem Mann gerade erzählt, was ich geschrieben habe...er ist nicht ganz einverstanden, er mache mehr... er hat recht 😚😚😚 ich ergänze: den Wochenendeinkauf auch ohne mich erledigen, abwaschen und abtrocknen (wir benützen keinen Geschirrspüler), Wäsche abnehmen, zusammen legen und versorgen. Aber damit kein falscher Eindruck entsteht, natürlich nicht täglich alles, aber doch 2 bis 3 x die Woche... und ach ja, er ist für unsere Pflanzen und Früchte, Kräuter usw... zuständig, ich ernte nur. Und er bringt mir Sonntags einen Kaffee ans Bett... manchmal putzt er das Bad... eigentlich habe ich ihn doch recht gut erzogen 😅😅😅
Liebe Grüße von
Marika

Diagnose:
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Anne 861
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Re: Unaufhaltbare Wut und Hilflosigkeit

Beitrag von Anne 861 »

Sara ,deine Worte sind toll .

Ich melde mich zur Wort, wenn ich ruhe hab .leien grüße :D
Anne 861
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Re: Unaufhaltbare Wut und Hilflosigkeit

Beitrag von Anne 861 »

Liebe Grüße..auch lese ich zu gerne von alibo und marika 🥰
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