Wie Rückschläge verkraften?

Austausch persönlicher Erfahrung mit der Depression/Psychose vor und nach der Geburt

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Ella241
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Wie Rückschläge verkraften?

Beitrag von Ella241 »

Hallo,



ich bin neu hier, habe in den letzten Tagen aber ein bisschen mitgelesen. Kurz zu mir: ich habe am Anfang April entbunden und mein drittes Kind zur Welt gebracht. Nach einer sehr schwierigen Schwangerschaft, hohem Blutverlust/Not-Op bei Geburt und vielen Infektionen/Antibiotika in den darauffolgenden 2 Monaten bekam ich eine dicke Wochenbettdepression, die wir gut mit Sertralin 50 mg in den Griff bekommen haben. Ich hatte nie Probleme, meine Tochter anzunehmen, aber die Zeit, bis die Tabletten gewirkt haben, war der Horror. Die letzen 2,5 Monate ging es mir sehr gut, ich habe mich stabil gefühlt und mein Leben wieder genossen. Habe mich geheilt gefühlt.

Vor vier Tagen dann plötzlich musste ich nachmittags anfangen zu weinen. Seitdem bin ich ängstlich und breche vor allem vormittags und nachmittags immer wieder in Tränen aus. Ich grüble und google den ganzen Tag und traue mir wieder nichts mehr zu. Nichts macht mehr Sinn, ich habe auf nichts mehr Lust. Ich bin wieder depressiv. Nicht so schlimm wie damals, aber schlimm genug. Abends geht es mir wieder gut.

Ich denke, es liegt an den Hormonen - aber kann das wirklich sein noch nach 6 Monaten? Ich stille und meine Kleine bekommt jetzt seit 2-3 Wochen frühs und abends zusätzlich Brei. Kann es sein, dass das meine Hormone so durcheinanderwürfelt? Vielleicht bekomme ich jetzt wieder einen normalen Zyklus?



Vorgestern habe ich das Sertralin auf 75 mg hochgesetzt und hoffe auf baldige Besserung. Könnt ihr mich etwas beruhigen, dass eine Hormonumstellung zu dieser Zeit noch normal ist und meine Hormone sich auch irgendwann mal wieder einpendeln? Ich habe Angst, dass das Sertralin plötzlich nicht mehr wirkt. Oder sind solche Einbrüche normal? Wie lang dauern bei euch diese Tiefs? Ich weiß, dass meine Ängste momentan wieder irrational sind und es auch wieder irgendwann gute Tage geben wird, doch dieser Rückschlag ist so schwer zu akzeptieren. Die Angst, wie lang es dieses Mal dauern wird, hat mich fest im Griff. 



Liebe Grüße,
eine verzweifelte Mami
Fipsie81
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Re: Wie Rückschläge verkraften?

Beitrag von Fipsie81 »

Hallo!
Ich habe irgendwo mal gelesen dass der weibliche Körper sich noch drei Jahre nach der Geburt wieder umstellt. Also da ist scheinbar ständig noch was los… und gerade wenn man am abstillen ist, ist das hormonell wieder was ganz anderes.
Ich glaube es war sehr gut dass du hochdosiert hast, 50mg sind glaube ich sehr wenig. Damit hast du die Sache wahrscheinlich schon ein wenig ausgebremst.
Ich drücke dir die Daumen dass du die Erhöhung bald merkst!!
Viele Grüße
Erste depressive Episode 2010
Nach Geburt meiner Tochter 2014 PPD mit Angststörung und starken ZG
Das Ganze wieder nach Geburt meines Sohnes 2018. Nehme in all der Zeit Citalopram, mal mehr mal weniger, versuchte immer auszuschleichen, einmal habe ich es sogar geschafft, und dann doch wieder nehmen müssen.
Letzte Reduktion vor einem Jahr auf 10mg was aktuell ziemlich in die Hose geht. Seit ein paar Wochen wieder auf 20mg und hoffentlich auf dem Weg in eine Stabilität
Ella241
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Re: Wie Rückschläge verkraften?

Beitrag von Ella241 »

Danke für die schnelle Antwort. Mich beunruhigt einfach, dass es so plötzlich ohne Vorwarnung wieder eingebrochen ist, nachdem es über so langen Zeitraum stabil war:( Ich hab von so vielen gelesen, dass es mit Medikamenten dann einfach wieder gut war oder maximal ein schlechter Tag dazwischen. Aber so ein heftiger Rückschlag? Hatte das von euch auch jemand?
Von Abstillen sind wir noch weit entfernt - selbst nach den Mahlzeiten möchte sie nochmal an die Brust.

Ich frag mich die ganze Zeit, wie man die PPD auch irgendwann mal „vergessen“ soll, wenn man immer wieder mit Einbrüchen rechnen muss und in sich hinein horcht.
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Marika
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Re: Wie Rückschläge verkraften?

Beitrag von Marika »

Hallo!

Also hier im Forum findest fast ausschließlich die Bestätigung, dass auch mit Medikamenten heftige Tiefs kommen können. Mich eingeschlossen. Ich hatte sage und schreibe 2 Jahre lang Tiefs.... allerdings war meine Erkrankung sehr schwer und die Tiefs haben im Laufe der Zeit natürlich sehr stark an Intensität verloren.

Das was du erlebst, kennen hier eigentlich alle. Nach einem schönen stabilen Hoch, plötzlich wieder ein Tief. Glaub mir, das ist normal. Eine Depression ist eine schwere Erkrankung, die auch mit Medikament ZEIT braucht. Dazu kommt, dass man gerade wenn man sich wieder besser fühlt, dazu neigt in Überlastungen zu kippen... quasi aufholen möchte, was man "versäumt" hat.

Wenn du hier ein bisschen stöberst wirst du viele Beiträge zu Tiefs finden.
Liebe Grüße von
Marika

Diagnose:
schwere PPD 2005
heute völlig beschwerdefrei mit 10 mg Cipralex
alibo79
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Re: Wie Rückschläge verkraften?

Beitrag von alibo79 »

Hallo Ella, ich möchte dir auch eben antworten. Wie du dich fühlst kennt wirklich jeder hier, genauso dein tief in dem du gerade festgehalten wirst, ist total normal, zwar nicht schön und auch schwer zu verstehen, aber ein ganz klassischer Verlauf bei Depressionen. Ich musste das auch erstmal verstehen, akzeptieren und nachvollziehen können, dass es so ist. Gerade bei meiner ersten Episode habe ich das überhaupt nicht geschnallt und auch nicht wahrhaben wollen. Und bei meiner 2. Episode wusste ich es ja und bin trotzdem immer wieder darüber gestolpert und verzweifelt. Und habe immer wieder gedacht,, oh nein nicht schon wieder,, .
Als ich stabiler wurde und die Tiefs besser auszuhalten waren, konnte ich einfacher damit umgehen und quasi mit schwimmen, schwingen.
Und was ich dir auch mitgeben möchte, ich habe in deinem Bericht gelesen wie schnell es dir gut ging, dass darf dir ganz viel Hoffnung geben, denn der Regelfall ist es nicht, dass Patienten so schnell und gut auf ein AD ansprechen, deswegen bin ich sehr zuversichtlich, dass du ganz schnell aus diesem tief wieder hinaus kommst 💪💪
2014 schwere PPD mit Ängsten, 6 Monate Tagesklinik
2015- 2019 mirtazapin, erst 45mg ab 2017 langsam reduziert
Zwischendurch versuch mit citalopram, nach 2 Monaten abgesetzt, da starke Verschlimmerung der Depression
Anfang 2021 erneut schwere Depression wieder 45 mg mirtazapin zusätzlich noch quetiapin 150mg
Über Jahre zusätzlich noch psychotherapeutische Behandlung
Ella241
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Re: Wie Rückschläge verkraften?

Beitrag von Ella241 »

Vielen lieben Dank für eure Aufmunterung! Das tut wirklich gut und dieses Forum hat mir in der kurzen Zeit schon so viel geholfen!

Ich versuche in der akuten Phase immer zu verstehen, was mit mir gerade passiert und was der Auslöser war. Dann verfalle ich in zwanghaftes Googeln, suche nach Antworten, wie lange ich das aushalten muss, obwohl das Quatsch ist, denn das kann keiner so richtig vorhersagen.

Es ist ja erst mein zweites Tief. Das erste hat circa 4 Wochen gedauert, bis ich Hilfe hatte und die Medikamente wirkten. Die Zeit war die schrecklichste in meinem Leben. Und nun wusste ich nicht, wie lang es dieses Mal dauern wird, denn ich bin fest davon ausgegangen, dass es mir wieder gut geht. Das hat mich zum Verzweifeln gebracht.

Ich hoffe, dass ich beim nächsten mal gefasster damit umgehen kann - jetzt wo ich weiß, dass es nach ein paar Tagen schon vorbei sein KANN.

Mir geht es mittlerweile etwas besser, aber momentan ist es noch so ein Zwischenstadium.
alibo79
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Re: Wie Rückschläge verkraften?

Beitrag von alibo79 »

Ja genau, man möchte einfach wissen wieviele Tage man durchhalten muss, denn wenn man weiß man muss drei Tage warten, dann ist es absehbar. Ansonsten kann es ja gefühlt ewig dauern und das depressive Gehirn redet einem ja auch immer das schlimmste ein. Merk dir eine Sache, die Depression lügt und wie heißt es bei Kurt krömer, du darfst nicht alles glauben was du denkst.
Bei mir war es auch so, dass es in einem tief dann auch wieder Momente oder einen Tag gab wo es wieder einfacher war und dann nochmal ein doofer Tag, aber meistens konnte ich irgendwann die Kehrtwende fühlen. Und dann hat es nicht mehr so lange gedauert bis es wieder leichter geht.
2014 schwere PPD mit Ängsten, 6 Monate Tagesklinik
2015- 2019 mirtazapin, erst 45mg ab 2017 langsam reduziert
Zwischendurch versuch mit citalopram, nach 2 Monaten abgesetzt, da starke Verschlimmerung der Depression
Anfang 2021 erneut schwere Depression wieder 45 mg mirtazapin zusätzlich noch quetiapin 150mg
Über Jahre zusätzlich noch psychotherapeutische Behandlung
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