Ängste

Austausch persönlicher Erfahrung mit der Depression/Psychose vor und nach der Geburt

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Jessica740
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Ängste

Beitrag von Jessica740 »

Hallo, vor 3 Wochen kam mein Sohn zur Welt.

Ich hatte in der Schwangerschaft schon Probleme mit Panikattacken & einer Derealisation . Seit der kleine da ist, sind die Panikattacken besser & die Derealisation , kann ich recht gut bei Seite schieben. Da ich einfach funktionieren muss.

Allerdings hatte ich von Anfang an Angst, für ihn nicht richtig liebe zu empfinden, ich würde zwar schon sagen das ich ihn liebe. Aber es fühlt sich trotzdem so komisch an.
Könnte auch immer mal wieder anfangen zu weinen zwischendurch, besonders wenn er viel schreit. Dabei hab ich mich auch schon mit Gedanken erwischt, dass er doch bitte endlich ruhig sein soll oder ich so kein Kind mehr will. Sobald solche Gedanken kommen fühl ich mich direkt schlecht, dass ich solche Gedanken habe. Genauso wenn er mit dem Papa spazieren ist fühl ich mich schlecht, dass ich die Ruhe genießen & ihn nicht direkt vermisse.

Ich hab auch nur noch durchgehend Kopfschmerzen & bin ziemlich schnell gereizt.

Vielleicht möchte jemand seine Erfahrung mit mir teilen. 🙂
Jen
power user
Beiträge: 150
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Re: Ängste

Beitrag von Jen »

Liebe Jessica,

gerne möchte ich dich in den Arm nehmen und dir sagen, dass du vollkommen okay bist.
Und ich finde es mutig, dass du dich hier mitteilst.

Liebe braucht manchmal seine Zeit und so ein Baby ist doch auch eine große Umstellung. Also ich hab es so empfunden.
Plötzlich ist alles anders, dazu noch der Schlafmangel, die vielen Hormone.

Ich denke heute noch manchmal, wenn es sehr herausfordernd ist. ‚Warum hast du dir das eigentlich ausgesucht? Ein Kind!‘
Und ich möchte hier mal die Lanze brechen und sagen, dass auch das da sein darf!
Aus Verzweiflung weinen und mal denken ‚so ein Mist!‘
Deshalb bist du oder ich kein schlechterer Mensch.
Wir sind Menschen, wir fühlen, wir zweifeln, wir lieben, wir schreien, wir fallen hin und stehen auf.

Und die Ruhe genießen, Himmel, das kenn ich noch.
Du bist doch die Mutter und solltest immer da sein, kannst dich doch nicht ausruhen. Genießen, dass er weg ist.

DOCH!

Du bist immer noch du, eine Frau und auch eine Mama braucht mal Ruhe und darf sich freuen, wenn niemand schreit oder es einfach ruhig ist.
Deshalb lieben wir unsere Kinder trotzdem.

Erlaube dir, dass du Ruhe brauchst.
Erlaube dir, die neue Situation kennenzulernen.
Erlaube dir, da rein zu wachsen.

Und erlaube es dir, dir helfen zu lassen.

Hast du einen Therapeuten? Hast du mit deiner Ärztin darüber gesprochen? Oder jemand aus der Familie?

Alles liebe Jennifer
12/20 1. Geburt PTBS / Ängste
Aktuell bei 10 mg Escitalopram
Jessica740
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Re: Ängste

Beitrag von Jessica740 »

Hey, danke dir für deine lieben Worte. 😊

Das muntert mich aufjedenfall schon mal etwas auf & gibt mir wieder etwas Mut, dass ich mich nicht immer direkt schlecht fühlen muss.

Der Schlafmangel trägt bestimmt auch einiges bei, da ich dadurch auch jeden Tag Kopfschmerzen habe.

Bin momentan auf der Suche nach einem Therapeuten, auch wegen der Derealisation. Habe mir aber vorgenommen es beim nächsten Termin, mit meiner Hebamme, aufjedenfall anzusprechen.

Liebe Grüße Jessi
alibo79
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Re: Ängste

Beitrag von alibo79 »

Hallo Jessica, ich kann dir definitiv berichten, dass es völlig normal ist nicht immer seine kinder total toll zu finden. Sondern dass man als Mutter auch genervt, gestresst oder sauer auf seine Kinder sein darf. Mutter sein ist anstrengend, Mutter sein bringt uns oft an unsere Grenzen und Mutter sein heißt nicht sich völlig aufzugeben und aufzuopfern.
Man lernt sich als Mutter nochmals völlig neu kennen.
Und nur weil ich nicht permanent die Liebe zu meinen Kindern fühle, heißt es nicht dass ich sie nicht liebe.
Man muss in diese neue Rolle erst hinein wachsen, manchen fällt es leicht, weil die Kinder zb wenig schreien und andere brauchen Zeit. Das ist alles normal und okay. Ich finde es gut, dass du mit der Hebamme sprechen willst. Und auch einen Therapeuten zu suchen kann hilfreich sein.
Mein Therapeut sagte mir mal, dass er soviele Mütter kennt, die nicht immer glücklich mit ihrer Rolle waren. Es gibt nur leider oft in der Gesellschaft die Meinung man müsse in liebe und Glück aufgehen sobald man kinder hat und wenn man mal genauer nachfragt, dann kommen vielleicht mal ehrliche Antworten, dass nicht immer alles toll ist!
Liebe Grüße
2014 schwere PPD mit Ängsten, 6 Monate Tagesklinik
2015- 2019 mirtazapin, erst 45mg ab 2017 langsam reduziert
Zwischendurch versuch mit citalopram, nach 2 Monaten abgesetzt, da starke Verschlimmerung der Depression
Anfang 2021 erneut schwere Depression wieder 45 mg mirtazapin zusätzlich noch quetiapin 150mg
Über Jahre zusätzlich noch psychotherapeutische Behandlung
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