Ich kann bald nicht mehr

Austausch persönlicher Erfahrung mit der Depression/Psychose vor und nach der Geburt

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Lymy

Ich kann bald nicht mehr

Beitrag von Lymy »

Hallo liebe Forengemeinde!

Ich weiß einfach nicht mehr weiter und habe langsam das Gefühl, alles wird immer schlimmer.

Meine Tochter ist jetzt 1 Jahr alt und seit sie ca. 3 oder 4 Monate alt ist geht es mir manchmal psychisch schlecht. Am Anfang war das nur selten so und es fing dann mehr und mehr an sich zu häufen.

Ich liebe mein Kind aber manchmal wünschte ich, ich hätte mein altes Leben wieder. Nie hab ich mal meine Ruhe. 24-Stunden-Bereitschaft, wenig Schlaf und alle Last auf meinen Schultern.

Ein Tag gleicht dem anderen, nur das Geschrei ist mal mehr mal weniger und ich fühle mich dem immer weniger gewachsen. Geduld war noch nie meine Stärke, aber mittlerweile könnte ich schon ausrasten, wenn die Kleine mal nur harmlosen Unsinn macht.

Manchmal kann ich nicht mal in Ruhe duschen gehen ohne das sie schreit. Natürlich verlege ich solche Sachen schon auf ihre Schlafenzeiten, aber vorhin wurde sie auch wieder wach. Dann nur schnell schnell und ihr Gekreische wurde dabei immer schlimmer. Als ich dann endlich an ihrem Bett stand war sie wach und aufgelöst und ich total aggressiv.

Ich hab sie noch nie geschlagen, aber manchmal schrei ich sie dann an und bin grob zu ihr. Das schlimmste ist, wenn ich mir dann bewußt werde, wie ich sie behandelt habe; so wie jetzt: Sie sieht so süß aus, wie sie in ihrem Bettchen liegt und schläft und es tut mir so unendlich leid, dass ich so gemein zu ihr war. Ich nehme mir dann immer wieder vor, geduldiger mit ihr zu sein, aber es klappt ja doch nicht.

Manchmal denke ich, sie wäre besser ohne mich dran, weil ich einfach keine gute Mutter bin...

Ich würde gerne eine Therapie machen, aber ich bin alleinerziehend und habe leider nicht die Möglichkeit meine Maus dann unterzubringen. Meine Eltern sind voll berufstätig. Sie helfen so viel sie können, aber letztendlich bin ich mit meiner Tochter doch immer allein.

Ab und zu komme ich mir vor, als wäre ich die einzige Alleinerziehende auf dieser Welt. Überall wird geheiratet und ich seh ständig Väter mit Kindern. Jennifers Vater interessiert sich nicht für sie. Hat sie noch nie gesehen und will sie auch nicht sehen. Wir besuchen mehrere Mutter-Kind-Gruppen, aber irgendwie hab ich manchmal das Gefühl, das macht die Sache nur noch schlimmer. Immer diese mitleidigen Blicke, wenn man sagt, dass man allein mit dem Kind lebt... Alleinerziehenden-Gruppen gibt es hier leider nicht.

Einen schönen Abend wünscht Kathy mit Jenny die friedlich schläft aber garantiert noch mindestens 10 mal wach wird bis morgen früh
claudia

Beitrag von claudia »

Hallo Kathy,

mich hat auch gerade mein jüngster wachgemacht( 3.00Uhr morgens).Er schläft jetzt auch so schön friedlich und ich bin wach....

Ich kann mir schon vorstellen,das es schwierig ist,ganz alleine ohne einen Partner das Kind großzuziehen.Ich bin sicher nicht die einzigste hier,die vollstes Verständnis für Dich aufbringt.Wie froh bin ich immer,regelmäßig,wenn mein Mann von der Arbeit kommt und ich die Kinder mal abgeben kann.Diese Unterstützung fehlt Dir ja im Moment komplett und bestimmt tut es auch sehr weh,wenn der Vater sein Kind noch nicht mal sehen will...


Aus welcher "Ecke" Deutschlands kommst Du denn?
Schau´doch mal auf den Seiten von "Schatten-und-Licht",vielleicht gibt es ganz in Deiner Nähe eine Fachfrau/Fachmann(Arzt/Psychotherapeut),Selbsthilfegruppe oder auch eine betroffene Frau(Betroffenenliste kann auch über Frau Surholt angefordert werden),die Dir weiterhelfen können.

Bin gerade über die Internetseiten vom Verein "Bei aller Liebe" gestolpert.
Vielleicht wäre auch eine solch stationäre Therapie etwas für Dich,weil Du dann Deine Tochter mitnehmen kannst und wirklich kompetente Hilfe für Dich in Anspruch nehmen kannst.Eine Telefonnummer findest Du unter " Mutter-Kind-Einrichtungen" auf der homepage von "Schatten-und-Licht".
Du müßtest unter "Herten" gucken.Das ist das Psychiatriezentrum,dem der Verein "Bei aller Liebe" angeschlossen ist.

Werd´jetzt doch müde und will auch nachts keine Monologe halten-
morgen/heute-grins- früh mehr,wenn Du magst...

Liebe Grüße Claudia
Lymy

Beitrag von Lymy »

Hallo Claudia!

Vielen lieben Dank für deine Antwort!

Ja, es stimmt. Manchmal ist es schon schwer für mich und es tut mir für meine Tochter so leid, dass ihr "Vater" sich nicht für sie interessiert.

Das mit der Stationären Therapie hört sich gut an. Dank dir für den Tipp! Ich wußte nicht, dass es so was gibt.

Liebe Grüße von Kathy und Jenny
viv

Beitrag von viv »

Liebe Kathi!

Ich kann mir gut vorstellen, wie sehr dich alles anstrengt. Das ist ja kein Wunder. Ich war selbst kurz davor, in der selben Situation zu landen und das Ausmaß an Belastung ist für einen Menschen einfach enorm. Ich glaube aber auch, dass diese Vergleiche mit "allen anderen" und die Schuldgefühle deiner Tochter gegenüber (weil kein liebender Vater ...) usw. da auch noch extra anstrengen.
Aber du weißt sicher eh, wie viele Gesichter die Dinge haben können: Beziehung: ja, manche funktionieren wirklich gut, die Betreuung wird aufgeteilt usw. Aber ich kenne viel mehr, bei denen die Frau trotzdem das volle Programm so gut wie allein trägt, sei´s weil er beruflich voll eingespannt ist, nicht sein kann, oder alles an die Frau abschiebt. Oder einfach, weil mehrere Kinder da sind, oder sonstwas Problematisches anfällt.

Ich finde es gut, dass du Kindergruppen besuchst, ob alleinstehend oder nicht ist doch kein Kriterium für Freundschaft, auch nicht bei Mamas.

Und es gibt soviel Positives: dein Mäderl ist anscheinend gesund und munter. Stell dir vor, sie wäre es nicht ...

Aber: klar, dass du erschöpft bist und entnervt, weil keine minute zeit hast, auf dich zu schauen. Dass sind wir alle, mehr oder weniger. Du hast doch aber sicher schon eine Menge in den letzten Monaten gelernt und es wird IMMER BESSER werden! Du wirst besser und deine Jenny wird selbstständiger ... in doch absehbarer zeit, wird sie wohl im kindergarten/der krabbelgruppe sein, das wird eine riesenerleichterung werden. und damit wird sich deine eigene welt wieder bereichern.

tut mir leid, ich schreibe vielleicht ziemlich verworren, bin schon müde, weil spät ... muss auch um 5 wieder auf ...

Sei auch ein wenig geduldig mit dir, wenn dir mal die Kraft ausgeht. Sag deiner tochter, dass du grad müde und total genervt bist, dass du jetzt einfach mal duschen und für eine weile deine ruhe möchtest. ich hab´s bei meinem sohn (jetzt 14 monate) ein paar mal so probiert. und irgendwie ist das anders angekommen, irgendwie besser als alles andre. vielleicht weil´s ehrlich und echt ist.

so, sorry bin jetzt echt todmüd, vielleicht auf bald, alles liebe auf jeden fall, es wird alles besser!

ps: vielleicht können deine eltern mal am abend auf die kleine schauen, oder am woe, aber regelmäßig? damit du mal auf dich schauen kannst. verdient hast du´s!
Nina

Beitrag von Nina »

Liebe Lymi,

ich kann dich sehr gut verstehen.Wenn man das Kind 24 Stunden am Tag allein versorgen muß,ist es echt ein Knochenjob und der chronische Schlafmangel eine echte Tortur! :(

Hast du eigentlich an eine Tagesmutter gedacht?Vielleicht nur für 3-4 Stunden pro Tag,um endlich mal zur Ruhe zu kommen und etwas für dich zu machen?Vielleicht kannst du das Jugendamt anrufen und fragen,ob dir eine finanzielle Hilfe zusteht (eine Bekannte hatte für ihre Zwillinge ein Jahr lang eine Haushaltshilfe vom Jugendamt bezahlt bekommen).

Und vielleicht wäre eine Mutter-Kind-Kur eine Möglichkeit,neue Kräfte zu tanken?

Ich weiß nicht,ob deine Kleine ein Schreibaby ist.10 Mal pro Nacht aufzuwachen scheint mir aber nicht normal zu sein.Vielleicht könntest du Fachleute um Rat fragen?Es gibt ein tolles Kinderzentrum in München ,das eine Sprechstunde für Eltern von Schreibabys hat.Es gibt auch eine Telefononline.Dieses Zentrum hat eine Bekannte schon toll geholfen (das Baby wachte auch nachts jede 2.Stunde und schlief dann nach ein paar Besprechungen komplett durch und war danach tagsüber viel ruhiger).Vielleicht kannst du dort anrufen?

http://www.kinderzentrum-muenchen.de/fi ... bies_2.pdf

http://www.kinderzentrum-muenchen.de/69.html

Versuche,Hilfe zu suchen und anzunehmen.
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Marika
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Beitrag von Marika »

Hallo Lymi,

auch ich verstehe dich sehr gut - ein 1-jähriges Mäuschen daheim zu haben ist wirklich sehr, sehr anstrengend. Als mein Sohn in dem Alter war (heute ist er 3), war es auch oft sehr nervenaufreibend.

Die meisten machen da wieder so eine Art "Trennungsangst - Phase" durch, das hat mit den Wachstumsschüben zu tun. Sie können oft noch nicht laufen und wenn dann Mama aus dem Zimmer geht, dann fühlt es sich für die Mäuse so an, als wäre sie jetzt für immer weg - "aus den Augen, aus dem Sinn" - und käme nicht wieder. Daher wollen sie bei jedem Schritt den wir machen, dabei sein. Alleine Duschen oder aufs Klo gehen, war in dieser Zeit auch bei mir unmöglich. Ich mußte Noah überall mit hin nehmen und in der Phase wollte er nicht mal von Papa was wissen. Er hing an mir wie eine Klette! Alleine Weggehen war immer Tortour, weil er weder bei Papa bleiben wollte oder Oma oder sonst wem.... oft bin ich dann gefrustet daheim geblieben, weil ichs nicht übers Herz gebracht habe.

Schlafen war in der Zeit auch zum Albtraum geworden: Er schrie plötzlich, wenn er sein Bettchen nur sah und wenn er dann mal eingschlafen war (er schlief zur der Zeit in unserem Bett zusammen mit MIR ein) und ich ihn zurück in sein Bett brachte, konnte ich davon ausgehen, dass die Nacht für mich im Stundentakt unterbrochen wird. :shock: Auch das hat wieder mit dieser Trennungsangst zu tun und viele Kinder haben gerade in dem Alter auch erstmals Alb-und Ansgstträume.

Irgendwann hab ichs nicht mehr gepackt und Noah bei uns im Bett schlafen lassen - und er schlief durch!!!! Das war für uns alle vieeeeel Stressfreier und wir haben beschlossen, ihn bei uns zu lassen. Seither waren die Nächte wieder ruhig und für uns alle die beste Entscheidung. Vielleicht wäre das auch für dich eine Überlegung wert?

Was mich noch in dieser stressigen Zeit geholfen hat, waren die Bachblüten - hier mal ein paar Essenzen, die du dir in jeder Apotheke mischen lassen kannst:

- Olive (Olive): gegen körperliche und seelische Erschöpfung
- Cherry Plum ( Kirschpflaume): erleichtert es, Gefühle zu zeigen statt sie zu unterdrücken (du kannst deiner Kleinen ruhig schon sagen, dass du grad genervt bist - sie verstehen das viel besser, als schimpfen)
- Cerato (Bleiwurz): zur Stärkung deiner Intuition, die weiß, was für das Kind jetzt wichtig ist
- Impations (Drüsentragendes Springkraut): für mehr Geduld und Gelassenheit (hat bei mir seh gut geholfen)
- Pine (schottische Kiefer): hilft bei Schuldgefühlen, bzgl. des fehlenden Papas
Larch (Lerche): für mehr Selbstvertrauen
- Rock Water (Quellwasser): zur Minderung von Perfektionistischem Verhalten (damit du nachsichtiger mit dir und deiner Kleinen wirst, es muss nicht alles perfekt sein)
- Wild Rose (Heckenröschen): für mehr Lebensfreude

Von dieser Mischung nimmt man REGELMÄSSIG 5x5 Tropfen am Tag - kann aber auch öfter sein, bei Bedarf. Mir haben die Bachblüten sehr geholfen.

Weiter würde ich dir die Bachblüten - Notfall Tropfen empfehlen, die es bereits fix fertig in der Apotheke zu kaufen gibt. Von denen nimmst du dann in akuten Stress Situationen 5 Tropfen alle paar Minuten, bis es besser ist.

Liebe Lymi, ich drück die feste. Ich kann mir vorstellen, dass du als alleine Erziehende Mama noch mehr unter Druck stehst. Vielleicht sind dir meine Tipps und Erfahrungen eine kleine Hilfe euch beiden den Alltag etwas leichter zu machen!

Alles Gute wünscht euch
Liebe Grüße von
Marika

Diagnose:
schwere PPD 2005
heute völlig beschwerdefrei mit 10 mg Cipralex
Alicia

Beitrag von Alicia »

hi,

ich kann dich gut verstehn. Ich bin auch alleinerziehend, seit einem jahr jetzt, Ian wird im Juli 3.
Es ist sehr sehr anstrengend, wobei ich das davor und das danach kenne und sagen muss, dass mein Mann und ich nie an einem Strange gezogen haben, was Erziehung angeht und von daher habe ich es ohne Mann leichter :-)
Aber mit 3 sind kinder in der Trotzphase und alles wird schlimmer... Ian geht seit fast nem Jahr zur Tagesmutter, habe ich übers Jugendamt gemacht. Da kannst du dich mal erkundigen. Wenig Verdiener, bzw Leute wie ich, die von Hartz IV leben, bekommen fast den kompletten Betrag erstattet.

Ich kenn es auch, dass Kind grob anzupacken und danach tut es einem unendlich leid. Trotzdem ist es passiert.... ist echt schlimm. Die KLeinen haben das nicht verdient!
Rede mit dem Jugendamt dann kannst du auch ne Therapie anfangen.

LG
Maren
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