es geht nicht wieder aufwärts

Austausch persönlicher Erfahrung mit der Depression/Psychose vor und nach der Geburt

Moderator: Moderatoren

Antworten
Kate

es geht nicht wieder aufwärts

Beitrag von Kate »

Hallo,

heute Abend habe ich ausnahmsweise etwas Zeit zu schreiben.
Mir geht es immer noch nicht wieder so besonders. Aber ich komme zurecht und regel alle Sachen in vernünftiger Reihenfolge.
Wir haben jetzt eine neue Wohnung und ziehen schon in sechs Wochen um. Gott sei dank, endlich weg von den Schwiegereltern.
Eigentlich könnte ich mich so richtig freuen, aber ich empfinde nur Gleichgültigkeit.
Es gibt auch schöne Momente, aber halt nur Momente. Ich bin verzweifelt über diese Traurigkeit, aber kann nicht weinen, dass es alles mal raus käme.
Am Samstag hatte ich Geburtstag und viele Menschen waren sehr lieb zu mir, aber ich konnte mich nicht freuen. Wenn ich überlege wie weit ich schon war, dass ich gedacht habe, ich hätte die PPD überstanden, wird mir ganz schlecht.
Hört es jemals ganz auf? In drei Monaten sind es zwei Jahre! Natürlich ist mein Zustand jetzt nicht mit dem in den schweren Krankheitsphasen zu vergleichen, wo ich gar nichts mehr konnte, aber mein Leben lang so sein wie jetzt? Funktionieren ohne Gefühle?
Das Semester neigt sich dem Ende zu und ich schreibe viele Klausuren. Ich hoffe, dass ich sie bestehe, denn meine Merkstörung ist im Moment wieder heftig und das gerade gelernte verschwindet als hätte ich nie davon gehört. Noch mehr Frust kann ich eigentlich nicht gebrauchen.
Was mich fertig macht sind die Selbstzweifel, ich fühle mich so ungeliebt, obwohl ich es wahrscheinlich gar nicht bin.
Ich habe permanent das Gefühl, dass ich von jemandem in den Arm genommen werden möchte, wo ich mich fallen lassen kann und einfach so krank angenommen werde wie ich bin. So wenig fröhlich und so schwach wie ich mich fühle. Aber in meiner Umgebung ist scheinbar niemand stark genug, mich so auszuhalten und denjenigen, der so jemand für mich war habe ich verloren.
Ich bin vernünftig und mache immer weiter, aber macht das alles einen Sinn?
Sorry für dieses Gefühlsdurcheinander, aber ich weiß sonst nicht wohin mit mir.
Liebe Grüße
Kate
Christina

Beitrag von Christina »

Liebe Kate,

das was du schreibst macht mir sehr traurig den ich kenne das auch sehr gut. Du sagst es geht jetzt schon zwei Jahre. Das ist eine sehr lange Zeit wenn man krank ist das weiss ich aus Erfahrung. Bei mir waren es über 5 Jahre als ich endlich vollkommen gesund war. So eine lange Zeit in der man krank ist kommt einem ewig vor und man denkt man hält es nicht aus. Man hat niemand an den man sich lehnen kann. Ich kenne das nur zu gut. Ich habe auch diese Zeit fast ganz alleine durchstehen müssen. Ich hatte niemanden ausser meiner Mutter die mir zu Seite stand. Aber sie wohnt etwas weiter weg und war nicht immer parat wenn ich jemanden gebraucht hätte. Also musste ich mich immer alleine durchkämpfen. Ich dachte immer ich habe keine Kraft mehr um durchzuhalten. Aber ich habe es dann doch geschafft. Und du, liebe Kate, wirst es auch schaffen. Du bist so stark, du ahnst gar nicht wie sehr. Du hast es so weit geschafft und wirst es auch noch weiter schaffen. Ich habe es geschafft dann kannst du das auch. Vieleicht hast du noch nicht den richtigen Weg gefunden der dir hilft ganz da raus zu kommen. Bei mir hat es auch lange gedauert bis ich ihn gefunden habe. Suche weiter, kämpfe weiter. Du bist es wert. Du wirst sehen es lohnt sich. Du kannst dann mit Stolz zurück blicken wenn du es geschafft hast auf das was du gemeistert hast.

Ich drück dich ganz fest und umarme dich. Auch wenn wir so weit weg voneinander sind sind wir alle vereint. Alle die das durchmachen. Du bist nicht alleine und unsere ganze Kraft steht hinter dir und hilft dir weiter zu machen. Wir stützen dich damit du wieder aufrecht gehen kannst.

Zünde doch eine Kerze an und weise deinem Schutzengel den Weg zu dir. Wenn du das machst und ganz fest daran glaubst dann wirst du dich nicht mehr alleine fühlen. Dein Schutzengel wird mit dir sein.

Alles Liebe
Chris
Nora

Beitrag von Nora »

Guten Morgen, Kate

es ist immer wieder schlimm zu hören, wenn es jemanden schlecht geht. Das tut mir so leid und ich kann dich nur ermuntern, immer wieder hier herzukommen, wenn Du Hilfe brauchst. Es ist immer jemand da, der ein offenes Ohr. Und Du bist nicht alleine - ganz viele frauen können mit Dir mitfühlen. Mir ging es ähnlich wie Dir: ich hatte an nichts mehr Freude, konnte kaum noch lachen und spulte meine Leben so gut es ging runter. aber irgendwann kam der Tag, an dem mir plötzlich auffiel, daß es besser geht. Laß Dich nicht entmutigen! Es wird wieder gut! Mir hat eine kinesiologische Behandlung zusätzlich zu dem Medikament und der Selbsthilfegruppe geholfen. Das hat mich nochmal richtig nach vorne gebracht. Vielleicht wäre das auch noch etwas, was Du versuchen kannst. Ich kann es nur empfehlen.

LG,
Nora
Carlotta

Beitrag von Carlotta »

Hallo Kate,
tja, das Gefühl des funktionierens, so wie Du es beschreibst, kommt ja meist dann, wenn man irgendwie keine schöne Sachen mehr für sich macht. Also, Du spulst dein Programm ab, aber ist es das, was Du wirklich willst? Versteh mich nicht falsch, ich finde es toll, Du an der Uni bist, aber vielleicht gibt es da noch was, tief in Deinem Inneren, was Du stattdessen lieber machen würdest, was Dich komplett ausfüllt? Manchmal müssen wir ja ein paar Umwege gehen, um herauszufinden, was wir wirklich wollen. Oft zwängen oder lassen wir uns in Dinge reinpressen, die wir vom Bauch her gar nicht wollen. Stehst Du denn 100% hinter deinem Studium? Und was ist mit Deinem Mann? Wenn Du schreibst, niemand fängt Dich auf? Was ich komischerweise erst in den letzten Wochen gelernt habe, ist, dass nur ICH es in der Hand habe, mich glücklich oder unglücklich zu fühlen. Ich habe auch oft auf meinen Freund gewartet, dass er mich noch mehr auffängt, versteht etc. Das macht er ja auch, in seinem Rahemn, aber die Suche nach meiner inneren Zufriedenheit kann er mir auch nicht abnehmen. Seit ich das akzeptiert habe, geht es mir besser, denn ich schaue nicht so sehr auf die anderen, sondern versuche herauszufinden, was ich eigentlich will. So, hoffe, ich konnte Dir bisschen helfen. Lass Dir Zeit, Kate, und versuche Frieden zu schließen mit Dir selbst (klingt bissi wie in der Kirche, ich hoffe, Du verstehst mich :))) LG Charlotte
Kate

Beitrag von Kate »

Liebe Charlotte,

vielen Dank für deine Anregungen. Das Studium ist genau das worauf ich seit acht Jahren gewartet habe. Ich habe erst jetzt einen Studienplatz bekommen, da mein Notendurchschnitt im Abi nicht so gut war.
Es macht mir auch sehr viel Freude in den Zeiten, wo es mir besser geht.
Ich habe mir jetzt eine Bachblütenmischung zusammenstellen lassen und bald beginnt meine Therapie. Ich habe die Hoffnung dann zu lernen an mich zu glauben und nicht so auf andere Menschen angewiesen zu sein.
Ich denke viel ist daher begründet, dass ich nie ein Urvertrauen habe aufbauen können und nie Kind sein durfte. Ich habe mich noch nie irgendwo anlehnen und auffangen lassen können.
Als ich mich eingehend mit den Bachblüten beschäftigt habe war ich sehr erschrocken, wie sehr machen Dinge für mich zu treffen.
Dafür einen ganz lieben Dank an Blanca: die Bachblütenseite ist richtig gut!
Da liegt noch viel Arbeit vor mir.
Im Moment fehlt mir aber die Kraft für alles was über die normale Tagesbewältigung hinaus geht und ich habe solche Angst in der Depression stecken zu bleiben.
Liebe Christina, dein Weg macht mir immer wieder Mut, dass es nach so langer Zeit auch noch wieder gut werden kann. Du kannst es so gut nach fühlen, wie lang die Zeit werden kann.
Ich wünsche mir so sehr einfach wieder ein normales Leben zu führen ohne diesen Schmerz in der Brust und diese Freudlosigkeit.
Danke dass ihr für mich da seid.
Benutzeravatar
Marika
power user
Beiträge: 9998
Registriert: 04:06:2005 16:05

Beitrag von Marika »

Liebe Kate!

Ich möchte dich auch nochmal ermutigen weiter zu kämpfen. Oft ist es ein langer Weg - aber er führt trotzdem ans Ziel - zum Gesund werden.

Noch was zu den Bachblüten: Ich nehme sie auch seit Beginn meiner PPD und mir haben sie ganz enorm geholfen - und tun es jetzt auch noch. Da ist echt was drann. Ich habe jetzt alle Essenzen zu Hause und habe aus meiner PPD sogar ein neues Hobby gefunden!!!

Liebe Kate, du wirst sehen, mit der Therapie, deinen Medis und den Bachblüten wirst du es schaffen!!!

Sei lieb gegrüßt!
Liebe Grüße von
Marika

Diagnose:
schwere PPD 2005
heute völlig beschwerdefrei mit 10 mg Cipralex
Benutzeravatar
Uli W.
power user
Beiträge: 347
Registriert: 16:03:2005 9:34
Wohnort: Bayern (Fürstenfeldbruck)

An Kate

Beitrag von Uli W. »

Liebe liebe Kate,

lass Dich mal ganz fest in den Arm nehmen und drücken! Auch wenn wir das hier nur "virtuell" können, hoffe ich, dass ein bisschen Mut und Zuneigung bei Dir ankommt!
Mach Dir bloß nicht zu viele Sorgen, die Krankheit ist leider ein oftmals langes Auf und Ab, aber Du kommst da raus, ganz sicher, Christina ist der beste Beweis dafür!
Dass Dein Studium das Richtige für Dich ist, davon bin ich überzeugt, Du solltest Dich nur im Moment nicht zu sehr unter Druck damit setzen, sondern versuchen, Dir eine Auszeit, auch vom Studium zu nehmen. Könntest Du das nächste Semester vielleicht ein Urlaubssemester einlegen? Dann mußt Du keine Scheine machen und könntest trotzdem in die Vorlesungen und Seminare gehen. Ich schlage Dir das vor, weil ich das selbst mal gemacht habe. Ich hatte mit 20, im ersten Semester eine schwere Depression, musste deswegen dann auch in die Klinik und hätte mir zu dieser Zeit gar nicht mehr vorstellen können, jemals wieder zu studieren. Meine Mutter hat mich damals auf eigene Faust beurlauben lassen und ich habe nach der Klinikentlassung nochmal ein Urlaubssemester genommen. Ich ging wieder zur Uni, habe die Veranstaltungen besucht, aber hatte noch nicht den Druck, wieder funktionieren, etwas leisten zu müssen. Das war auch sehr gut, denn damals nahm ich noch ziemlich starke Medis, die mich auch sehr müde machten. Im darauffolgenden Semester konnte ich wieder "normal" teilnehmen und habe dann auch mein Studium durchgezogen und gut abgeschlossen. Ich erzähle Dir das alles, um Dir Mut zu machen, denn ich glaube, du meinst momentan, Du müsstest alles "packen". Lass ein Stück los und konzentriere Dich auf's Gesundwerden. Ich bin mir ganz ganz sicher, dass Du Dein Studium schaffen wirst, auch wenn Du jetzt mal eine Zeit "halblang" machst!
Die Therapie wird Dir ganz bestimmt helfen, die "alten Sachen" aus Deiner Kindheit aufzuarbeiten und auch ein paar neue Verhaltensweisen zu entwickeln. Denn dass da auch mit die Wurzeln für Deine PPD liegen ist ziemlich deutlich. Ich glaube, wenn man nie Kind sein durfte, immer nur funktionieren musste, baut sich ein gewaltiger Druck auf, der dann unkontrollierbar wird, wenn man selbst ein Kind bekommt. Bei vielen von uns kamen ja nach der Geburt wieder ganz alte "Geschichten" hoch!

Noch was für Dich fällt mir ein: Du schreibst öfter, dass es Dir besonders schlecht geht, vor Deine Tage kommen. Wahrscheinlich solltest Du, wie viele PMS-Betroffene hier, mit natürlichem Progesteron Deinen Hormonhaushalt stabilisieren. Ich nehme ( mit Unterbrechungen) seit der zweiten Geburt das Diosgeninöl ( Vorstufe von Progesteron, wird im Körper umgewandelt). Auf Rezept kannst Du Dir auch eine Progesteroncreme schicken lassen. Unterlagen dazu kannst Du Dir bei Sabine in der S&L-Geschäftsstelle bestellen. Außerdem gibt es auch eine gute Website, die ich hier oft empfehle: www.hormonselbsthilfe.de
Das natürliche Progesteron wird aus Pflanzen gewonnen und hat nichts mit den synthetisch produzierten Gestagenen zu tun, die in der Pille oder der Hormonspirale enthalten sind und Depressionen oft noch begünstigen. Es gibt auch ein sehr gutes Buch dazu: John Lee, Progesteron, ein bemerkenswertes Hormon ( Du kannst es bei der obigen Website bestellen). Als angehende Medizinerin verstehst Du die chemischen Einzelheiten sicher besser als ich.

So, jetzt hab ich Dich ganz furchtbar zugetextet, hoffentlich war für Dich was Brauchbares dabei!

Bitte komm hierher ins Forum, wenn es Dir schlechtgeht, wir stützen und tragen uns alle gegenseitig! Du bist nicht allein!

Ganz ganz liebe Grüße von Uli
Antworten