Nehmen sie uns die Kinder weg???

Austausch persönlicher Erfahrung mit der Depression/Psychose vor und nach der Geburt

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InaK

Nehmen sie uns die Kinder weg???

Beitrag von InaK »

Hallo,

ich hatte am Montag einen Termin bei meiner Ärztin. Sie war sehr besorgt, daß ich keinen Freiraum für mich habe und erklärte mir daß es beim Jugendamt Sozialarbeiter gibt die sich darum kümmern könnten, daß auch meine Tochter in eine Krabbelgruppe gehen kann und ich dadurch mehr Zeit für mich bekomme. Ich war damit einverstanden, daß die Ärztin sich mit solch einer Sozialarbeiterin in Verbindung setzt - bezüglich einem KiTa-Platz. Nun kam heute ein Schreiben - ich schreibe es einfach mal ab:

"...

Anlass dieses Schreibens ist ein Anruf Ihrer Psychotherapeutin Frau Dr. X.
Sie teilte mit, daß Sie an Überreizung leiden. Sie beschrieb, daß es zu Überforderungssituationen kommt in denen Sie sehr aggressive Impulse entwickeln. Dies erscheint der Ärztin in Verbindung mit Ihren beiden Kindern als eine sehr schwierige Lebenssituation. Frau Dr. X macht sich um Ihre Familiensituation Sorgen. Sie hat uns gebeten, Ihnen und Ihrer Familie zu helfen. Wir gehen davon aus, daß auch Ihnen das Wohl Ihrer Kinder besonders wichtig ist.

Es mag sein, daß Ihnen dieses Schreiben nangenehm ist und Sie noch weiter unter Druck stellt, als Sie sich ohnehin schon fühlen. Womöglich fühlen Sie auch Erleichterung und hoffen auf Hilfe.

..."

Am Dienstag muß ich zu einem Gespräch dorthin und ich habe solche Angst davor! Als mein Freund dieses Schreiben las ist er völlig ausgetickt und rief bei der Ärztin an. Sie erklärte mir dann aber später, daß es wirklich eine Hilfestellung sein soll. Mittlerweile haben wir auch einen Krabbelgruppenplatz für die Kleine und alles scheint sich zu lösen. Aber ich bin einfach nur fertig und heule die ganze Zeit. Ich habe Angst, daß man uns die Kinder weg nimmt.

Ich bin so dumm, warum habe ich mich nur darauf eingelassen?!?!?! Wieso bin ich nur zu dieser Ärztin gegangen?

.........
meiki

Beitrag von meiki »

Liebe, liebe Ina!

Das tut mir so leid. Deine Zeilen haben mich sehr aufgewühlt. Ich kann verstehen und nachvollziehen, daß dich der Brief vom Jugendamt verstört hat.
Sicherlich will dir die Ärztin nur helfen - davon gehe ich aus. Es ist sicher gut gemeint. Und es hört sich ja auch gut an - Kitaplatz, Hilfe und Unterstützung.
Aber ich finde auch, daß diese Thema sehr empfindlich ist und das man sehr sensibel dran gehen sollte. In unserer Lage, also bzgl. PPD ist man ja eh noch sensibler und anfälliger - dann also erst recht.
Die Reaktion deines Freundes kann ich übrigens auch verstehen...

Ina, du sollst wissen, daß man dir/euch die Kinder nicht einfach so wegnehmen kann. Bitte denke nicht gleich in die Richtung!
Geht dein Freund mit zu dem Termin? Versuche dich vorzubereiten; ich weiß auch nicht genau wie, war nur so ein Gefühl; Ich glaube wichtig ist, daß ihr zwei, du und dein Freund eine Einheit darstellt, also bzgl. der Kindererziehung, der Lebenssituation, der PPD, ...

Konnter ich dir fürs Erste wenigsten etwas helfen?

meiki
Blancanieves

Beitrag von Blancanieves »

Liebe Inak!

Nein, das glaube ich nicht!

Wenn du Hilfe gesucht hast und Hilfe gefunden hast, bedeutet, dass du selber das Beste für dich und deine Familie wünschst...
Gehe ruhig dahin und erzähle über deinen Kummer, erzähle auch wie enttäuschend es ist... sich in solchen Situationen alleine zu fühlen, dass niemand einem richtig helfen kann... und einem auch noch mehr weh getan wird...und dadurch leiden wir noch mehr darunter...

Du kannst die Dame des JAmtes diese Website nennen, sodass sie sich richtig informieren kann... und bescheid weiß, worum es überhaupt geht.

Also keine Angst, gehe dahin und rede, rede, rede....
Jede Frau, die an PPD erkrankt ist reagiert anders, und wenn du ab und zu aggressiv reagierst, verstehe ich es auch....

Alles Gute und habe keine Angst... wenn du über alles, was dich fertig und traurig macht, redest, wirst du sehen, dass die Dame dich vollkommen verstehen wird...

Liebe Grüße, Blanca
Carlotta

Beitrag von Carlotta »

Hallo Ina,
klar hat so ein amtliches Schreiben gleich einen schrecklichen Nachgeschmack. Andererseits - wie Du schreibst, hast Du schon einen Platz für Deine Tochter - würde das normalerweise nicht so schnell gehen. Meine Kleine ist auch in einer Krabbelstube und die haben Wartezeiten von über 1 Jahr. Also, das würde ich als positiv für Dich verbuchen und Du wirst auch sehen, wenn deine Tochter vormittags (?) weg ist, hast Du wirklich mehr Zeit für Dich. Mir geht es seitdem sehr viel besser ... Bis sie Euch die Kinder abnehmen können, muss viel mehr passieren, als wenn Du aggressive Impulse hast, ich meine, da könnten sie in jeder Familie mal nachgucken, was da teilweise so los ist. Liebe Ina, ich kann verstehen, dass Du aufgewühlt bist, aber nimm Deinen Freund mit und rede Dir alles von der Seele, Dir kann nichts passsieren. Kopf hoch, liebe Grüße Charlotte
sunshine

Beitrag von sunshine »

Hallo liebe Ina,

natürlich nehmen sie euch eure Kinder nicht weg, diese Bürokratiedeppen haben aber auch eine unglückliche Art sich zu formulieren...

Wie die Mädels vorher schon geschrieben haben, pick wirklich das positive für dich raus, lass solche Gedanken die dich elend fühlen lassen nicht an dich ran!

Sei auch deiner Therapeutin um gottes willen nicht böse, sie versucht dich zu entlasten, und ich denke wenn das nicht einigermaßen dringend und wichtig ans Amt vermittelt würde, dann käme vermutlich auch eine Absage für Unterstützung, weisst was ich meine?

Also, alles ist gut - der Schock wird sich bald lösen und dann kann wieder Gras drüber wachsen...

Alles Liebe,
Christine
InaK

Beitrag von InaK »

Hallo ihr Lieben,

vielen Dank für eure Antworten. Mir geht es wieder etwas besser, dennoch mache ich mir große Sorgen.
Allerdings ist DAS mein Problem: Ich nehme alles persönlich und lasse nur negative Gedanken in meinen Kopf. Ich scheine die Schwierigkeiten förmlich anzuziehen ... so die Aussage meiner Ärztin.

Natürlich möchte sie mir nur helfen, das betonte sie vorhin am Telefon auch nochmal sehr eindringlich. Trotzdem fühle ich mich so schuldig und ich kann es nicht abstellen.

Charlotte: Ich habe meine Tochter schon vor 1Jahr für die Krabbelgruppe (ab 1,5Jahre) angemeldet. Mein Sohn geht seit Anfang Januar dort auch in den Kindergarten und dadurch hatten wir nun das Glück, daß es mit dem Platz geklappt hat. Ein anderes Kind geht raus und unsere Annika kommt rein. Das hat aber nichts mit dem Jugendamt zu tun, denn den Platz haben wir "schon" seit vorgestern. Ich kann mir nicht vorstellen, daß das JA schon nachhilft, bevor(!) sie die Familie kennt. Oder doch?

Ich werde dem Termin am Di positiv entgegensehen - hoffe ich - und vielleicht helfen sie ja wirklich ... Aber man hört immer wieder, daß Kinder aus Familien gerissen werden, wo die Eltern nur um Unterstützung gebeten haben ....

Ach, ich höre besser auf sonst fange ich wieder an zu verzweifeln.

Danke an euch!

Liebe Grüße, Ina
Carlotta

Beitrag von Carlotta »

Hallo Ina,
ja, das wusste ich ja nicht, dass Ihr Eure Annika (meine Grosse heisst auch so, aber nur mit einem "n") schon lange in der Krabbelstube angemeldet habt. Dann denke ich auch, dass es nicht der Verdienst des JA war, sondern eben Glück, dass ein anderes Kind raus ist. Ich meine, ich habe meinem Thera auch schon oft erzählt, ich hätte zuwenig Zeit für mich etc, aber er käme da jetzt nicht auf die Idee mit einer Sozialarbeiterin. Verstehe mich nicht falsch, ich möchte da jetzt keineswegs Öl ins Feuer giessen, nur, wenn Ihr den Platz eh bald gekriegt hättet, verstehe ich das Schreiben vom JA irgendwie nicht mehr so recht. Jede von uns ist überfordert, oder? Gerade mit 2 Kids. Naja, wenn´s geht, mach Dir bis Dienstag nicht mehr son grossen Kopp, ich weiss, das ist leichter gesagt als getan, aber Du musst es eh abwarten. Bin sehr gespannt, wie´s weitergeht. LG Charlotte
Kate

Beitrag von Kate »

Liebe Ina,

ich kann deine Situation so gut nach empfinden!
Mit dem Jugendamt habe ich auch so meine Erfahrungen. Es gab letztes Jahr an der Klinik, wo ich noch ambulant angebunden war, eine große Tagung zum Thema "Hilfsangebote für Eltern in Krisensituationen". Das war nicht der genaue Titel, aber so sinngemäß. Dort hat das Jugendamt große Vorträge gehalten über mögliche Hilfsangebote für Familien in Krisensituationen. Sie sagten es stehe genug Geld zur Verfügung, um zu helfen bevor das Kind in den Brunnen gefallen ist. Es wäre nur ein Problem, dass sich Eltern nicht trauten zum Jugendamt Kontakt aufzunehmen, weil sie immer noch als die Kinderwegnehminstitution angesehen würden, was mich persönlich gar nicht wundert, wenn ich mir überlege, dass man oft das Gefühl hat die Mitarbeiter seien auf Unfreundlichkeit geschult worden. Die Formulierung deines Schreibens sagt ja darüber einiges aus, das der Bedarf an Fortbildung in diesem Laden sehr groß ist.
Nun ich habe nach dieser Tagung dann all meinen Mut zusammen genommen und meinen Arzt gebeten dort Kontakt aufzunehmen und sich nach den konkreten Hilfsangeboten zu erkundigen. Ich hätte nämlich in meiner schweren Krankheitsphase dringend jemanden gebrauchen können, der mich zuhause mit meinem Sohn unterstützt, weil ich mich z.T. nicht mal aus eigener Kraft auf den Beinen halten konnte und aber auf keinen Fall zurück in die Psychiatrie wollte.
Für mich gab es kein Hilfsangebot und ich habe mir die Frage gestellt, warum dieses Jungendamt die Traute hat große Reden zu schwingen über unzählige und flexible Lösungsmöglichkeiten! Saftladen.
Nun was ich dir damit sagen möchte, habe keine zu großen Erwartungen, wenn du dorthin gehst. Wie gesagt, es gibt noch großen Reformbedarf.
Aber was ich dir mit Sicherheit sagen kann, dass du keine Angst haben braust, dass sie dir die Kinder weg nehmen!
Du hast eine schwere Erkrankung, die aber zu 100% heilbar ist und nur vorübergehend Schwieregkeiten in deiner Familie bedeutet.
Wenn das Jugendamt Kinder von den Familien wegnimmt und anders unterbringt, herrschen dort ganz andere, kinderfeindliche Zustände, in denen sie wirklich gefährdet sind. Und das ist bei euch ja auf keinen Fall so. Also mach dir wirklich keine Sorgen.
Dass das Gehirn in der Krankheit negative Gedanken und Schuldgefühle produziert ist wirklich ganz typisch. Vielleicht kannst du versuchen, diese Gefühle der Krankheit zuzuschreiben und nicht so sehr an dich herankommmen zu lassen. Bei mir hat das manchmal geklappt und es hat mir geholfen. Aber ich weiß auch wie schwer das ist und wie gesagt hat es nur manchmal funktioniert.
Ich finde du gehst mit einer guten Einstellung am Dienstag zu diesem Termin. Es ist genau richtig und lass dich bitte nicht entmutigen!

Ganz liebe Grüße
Kate
Ava

Beitrag von Ava »

Hallo Ina,

sicher brauchst Du keine Angst zu haben, die Kinder (oder das Kind) weggenommen zu bekommen nur weil Du nicht so gut drauf bist. Dafür mußt Du schon andauernd alkoholisiert in der Ecke liegen oder auf dem Sofa und keinen Finger mehr rühren.
Was mich schockt ist, dass anscheinend Deine Therapeutin ohne Dein Wissen das Jugendamt eingeschaltet hat, und das darf sie nicht tun, denn wie sollst Du ihr noch vertrauen? Sie hätte das vorher mit Dir besprechen müssen....

Alles Gute trotzdem und laß den Kopf nicht hängen!

Ava
Zwergi

Beitrag von Zwergi »

Liebe Ina
Ich habe an einer totalen Überforderung gelitten und war soweit das es nur noch hätte "Klick" machen müssen bis wirklich was passiert wäre! Und wie oft habe ich beim JA. angefragt, wie es mit Hilfe aussieht. Aber Familienhelferinnen gibt es nur 2 für einen großen Landkreis - dafür waren wir doch noch viel zu "lustig" (ich hatte am Telefon noch spässchen machen können...) und Aufgeräumt war es hier, die Kinder sauber und gut genährt....

Irgendwann rief ich unter tränen an, die Kinder schrien im hintergrund - Sie mögen bitte SOFORT die Kinder hier weg holen bevor ich mich vergesse!
Zwei Stunden später waren sie da! Am nächsten Tag bekam ich eine Hilfe für 4 Stunden am Tag, erstmal für 3 Monate!
Heute weiß ich, es hätte nur noch "Klick" machen müssen....

Was ich Dir damit sagen möchte, ich bin mir sicher das man Dir nur helfen will. Ich glaube außerdem das das JA keinen Brief schreibt um die Kinder zu holen *tröst*

Bleibe ehrlich, bleibe Du! Nimm hilfe an!

Alles Gute für Dich!

Zwergi
Milla

Beitrag von Milla »

Liebe Ina!

Ich bin sicher, daß das JA dir die Kinder nicht wegnehmen will, aber sich durch das Gespräch mit dir nur versichern will, daß sie nicht in Lebensgefahr sind.

Sag ihnen, daß du dringend konkrete Hilfe im Alltag brauchst (für Krabbelgruppe ist es ja schon kein Pb), in Form einer Haushaltshilfe für ein paar Wochen-Monaten, denn du brauchst eine konkrete Entlastung , um dich von den Erziehungsstrapazen erholen zu können.Mit dieser Entlastung im Alltag wirst du dann eine viel gelassenere Mutter sein!

Und sage ihnen wie wichtig dir deine Kinder sind, daß du trotz dieser Wutausbrüche (die wir alle hier kennen) ihnen nie etwas antun würdest und sage, daß du nicht möchtest, daß sie dir weggenommen werden.Denn sie brauchen dich und du brauchst sie.

Betone, daß du Medikamente nimmst, um die Depression zu heilen (oder?), daß du aber zusätzlich eine Entlastung brauchst, bis sie ihre volle Wirkung entfalten können (1 bis 2 Monate) und den Alltag allein bewältigen kannst.

Ich grüße dich ganz herzlich und bete für dich, daß du diese Hilfe bekommst !

Milla
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