Wie Wut kanalisieren?

Austausch persönlicher Erfahrung mit der Depression/Psychose vor und nach der Geburt

Moderator: Moderatoren

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Martina

Wie Wut kanalisieren?

Beitrag von Martina »

Hallo allerseits,

ich habe ja in meinem anderen Posting geschrieben, dass ich zu 90% stabil bin. Nun, gestern Abend habe ich die anderen 10% zu spüren bekommen. Ich habe manchmal so eine Wut, und es kostet viel Kraft, sie nicht an meinem Kind auszulassen (die meist der Auslöser dafür ist). Ich weiß genau, dass diese Wut eigentlich jemand anderem gilt - und ich in solchen Situationen unangemessen empfinde.

Ich weiß aber irgendwie nicht, wie ich diese Wut, die halt nur in bestimmten Situationen hoch kommt (und ich weiß, dass mein Kind keine Schuld hat), vernünftig kanalisieren soll. In einem Buch habe ich gestern gelesen, dass Wut die Vorstufe des Schmerzes ist. Und wenn man den Schmerz spüren und zulassen kann, geht er danach weg. Aber nach der Wut kommt bei mir irgendwie kein Schmerz in dem Sinne. Dann fühle ich mich nur "ausgelaugt".

Kennt hier jemand sowas auch?

Liebe Grüße
Martina
TKKT

Beitrag von TKKT »

und wie ich das kenne. genauso gehts mir auch und ich fühl mich dann immer so mies, weil ich es nicht immer unter Kontrolle kriege und dann mein Kind anschreie und er gar nichts dafür kann.

Also wenn jmd Tips hat, her damit.
Martina

Beitrag von Martina »

Hallo Tanja,

mein erster Therapeut, der mich aus dem Schlimmsten herausgeholt hat, hat gesagt, erstmal einen Moment innehalten, und dann die Wut begrüßen wie einen alten Freund, sie Willkommen heißen, sich in sie hineinfühlen, ein paar Mal durchatmen... das funktioniert auch, wenn man dran denkt ;-). Aber letztendlich frage ich mich, wie kann man die unendliche Wut, die in einem brodelt, irgendwann ganz überwinden? Ich weiß ja genau, mittlerweile, woher sie kommt und wer eigentlich gemeint ist, aber so komme ich trotzdem nicht so weiter. Na ja, so habe ich zumindest ein Thema für meine nächste Therapiesitzung.

Wünsche dir alles Gute
Martina
susi69

Beitrag von susi69 »

Hallo,
ich weiß jetzt nicht, ob Deine Wut mit meiner vergleichbar ist. Ich, für mich habe festgestellt, daß bei mir die Wut das Gefühl der Angst ist. In dem Moment ist es keine Wut auf das Kind, sondern ich empfinde Angst. Wenn ich mir das klar mache, dann geht das weg.
Versuche das für Dich mal herauszufinden - in solchem Moment.

Vielleicht hat jemand die gleichen Empfindungen?

Ansonsten weiß ich nur, daß man in solchem Moment raus gehen soll aus dem Zimmer.

Liebe Grüße
Susi
Carlotta

Beitrag von Carlotta »

Hi Martina,
wie Susi schon schreibt: die Gefühle von Wut sind wie Angst, also Herzschlag beschleunigt etc. Du schreibst, Du weisst, wem die Wut in der Situation xy gilt. Wenn du das schon rausgefunden hast, dann lasse doch die Wut auch an demjenigen aus, also, ich merke auch oft, dass ich zB sauer oder wütend auf meinen Freund bin und dann kriege ich eben Angst, weil ich mich nicht traue, dieses negative Gefühl rauszulassen und übertrage es dann auf meine Kinder. Du musst die Wut aber gar nicht unterdrücken, sondern sie gehört ja zu allen menschlichen Gefühlen, die wir haben dazu. Wir PPD-und Angstfrauen haben aber meist schon Angst vor negativen Gefühlen und denken, die darf man nicht haben, das stimmt aber so nicht, jeder ist mal wütend, traurig, ärgerlich etc. Du kannst die Wut nicht überwinden, weil sie einfach normal ist, Du musst nur schauen, wo sie eigentlich hingehört. Hoffe, ich konnte ein wenig helfen. LG Charlotte
Martina

Beitrag von Martina »

Hallo Charlotte,

Danke aber das geht nicht, diese Person ist nicht da. Es sind Erinnerungen aus meiner Kindheit, die heutigen Situationen mit meinem Kind ähnlich und darum dreh ich dann am Rad.

LG
Martina
susi69

Beitrag von susi69 »

@ Charlotte,

Also kannst Du meine Empfindungen bestätigen. Bin ich wieder ein Stückchen weiter gekommen :-)

Ich sage mir in solchen Momenten (z.B. wenn ich plötzlich Wut auf das Kind habe), "das sind nur die Symptome der Angst, es ist alles nicht schlimm". Als nächsten Schritt versuche ich die Angst durchziehen zu lassen, bzw. merke, daß ich keine Angst zu haben brauche. Wenn sie dann tatsächlich dadurch weggeht, merke ich, daß wirklich nix ist und es tatsächlich nur die Symptome der Angst sind. Toll oder?
??????? War das einigermaßen zu verstehen?


Liebe Grüße
Eure Susi
Martina

Beitrag von Martina »

Hallo Charlotte und Susi,

vielleicht ist das gar kein schlechter Ansatz. Ich habe grad über eure Postings nachgedacht und festgestellt, dass die Wut bei mir hauptsächlich in Momenten auftaucht, in denen ich "zu sehr vereinnahmt" werde, oder, ganz schlimm, Lydia sich an meinem Bein (vorrangig Knie) festhält (gerade da könnte ich die Wände hochgehen, auch wenn es sich vielleicht blöd anhört). Vielleicht ist ja tatsächlich Angst eine der Ursachen.

Ich werde mal drüber nachdenken, Danke für euren "Input"!

LG
Martina
Carlotta

Beitrag von Carlotta »

Hi Martina,
ja genau, das ist es. Du fühlst Wut, weil Du das eigentlich in dem Moment nicht gut ab kannst, das anklammern Deiner Tochter. Aber Du denkst natürlich, Mist, ich kann doch jetzt nicht wütend auf sie werden, sie ist ja schliesslich noch klein. Dann kommt die Angst oder der Druck, wohin bloss mit meinen Gefühlen, die sind ja komisch. So lange da keine Taten folgen, ist das alles vollkommen ok, wir können ja unsere eigenen Gefühle nicht ausschalten. Und müssen auch damit leben, dass negative Gefühle in Ordnung sind. LG Charlotte
Annee

Beitrag von Annee »

Hallo Martina,
ich kenne diese schlimme Wut ebenfalls, leider.
Meist kommt sie wenn ich überfordert bin. (z.B. krank und die Große hört nicht was ich sage und das Baby schreit).
Da schreie ich auch öfter mal los und möchte am liebsten alles hinschmeißen, doch leider macht das alles noch schlimmer.
(Meine Tochter (4) hat seit kurzem auch immer mal Wutanfälle, bei denen sie aus heiterem Himmel brüllt und schimpft, da bin bestimmt ich daran schuld :-(
Es macht mir auch gleichzeitig Angst, da ich diese Situationen ebenfalls aus meiner Kindheit kenne und nie so werden wollte.
Doch diese Wut sitzt so tief und wenn ich so nachdenke ist sie auch gleichzeitig eine so große Hilflosigkeit.
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