Termin bei meinem Psychiater

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Mareike

Termin bei meinem Psychiater

Beitrag von Mareike »

Hallo Mädels,

am Freitag hatte ich einen Kontrolltermin bei meinem Psychiater. Bin ja derzeit auf 30 mg Citalopram eingestellt und es klappt gut. *toi toi toi* ich habe ihm meine Ängste geschildert, die Medikation irgendwann mal abzusetzen aus Angst vor einem erneuten furchtbarem Tief. Er hat mir gesagt, dass ich keine Angst haben brauch, dass er mir das Medikament irgendwann nicht mehr verordnet - ich eine Erkrankung habe, bei der zu wenig serotonin da ist..... Vielleicht brauche ich das Medikament auch jahrelang sagte er.

Nun ja, schön und gut. Gerade befinde ich mich an einem Punkt wo ich nun definitiv erkenne und mir auch eingestehen muss, dass ich eine Erkrankung habe und vielleicht sogar ein Leben lang behandelt werden muss. Einerseits bin ich froh das es Medikamente gibt .... Andererseits war dieses Gespräch irgendwie hart für mich, weil ich es mir vorher immer schön geredet habe.

Ich wollte das einfach mal los werden und bestimmt geht es dem ein oder anderen hier genauso!

Beschäftigt mich schon sehr :-/ Danke fürs zuhören.

LG Mareike
Glu

Re: Termin bei meinem Psychiater

Beitrag von Glu »

Hallo Mareike,

Kann dich sehr gut verstehen. Mir geht's auch so. Ich mache mir manchmal Gedanken drüber, ob ich die Medi jetzt wohl immer brauchen werde??? Und ja, auch ich muss mir eingestehen, ja ich bin krank.
Aber: Ich nehme auch seit Jahren Schilddrüsentabletten und werde diese immer brauchen, da habe ich mir eigentlich nie groß Gedanken drüber gemacht und finde es auch gar nicht schlimm. Schon komisch oder? Ist doch im Prinzip nichts anderes. Ich glaube, mir müssen es mal so sehen: Krankheit ist Krankheit, ob körperlich oder psychisch. Schon schwer das Ganze..

Lg, du bist nicht alleine damit.
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Marika
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Re: Termin bei meinem Psychiater

Beitrag von Marika »

Hallo ihr,

ich bin ja eine, die das AD nun schon bald 10 Jahre nimmt. Ganz am Anfang wollte ich natürlich auch nichts nehmen, wie viele hier. Dann - als ich doch nicht drum herum kam - war mein "Plan" es so kurz wie möglich zu nehmen. Mein Wunsch war (und ist) gesund ohne AD zu sein und zu bleiben. Aber Wünsche stimmen nicht immer mit der Realität überein und das Leben ist ohnehin kein Wunschkonzert... :wink: In all den Jahren und bei meiner ganz persönlichen Gesichte, habe ich aber gemerkt, dass ich ganz ohne AD immer wieder Rückfälle bekomme. Und die sind sehr grausig. So ist das AD in all dieser Zeit wirklich mein Freund geworden, der es mir ermöglicht, ein ganz normales Leben ohne Rückfälle zu führen.

Ich glaube, es wäre wichtig eure Energie in das Positive zu investieren, also den Fokus darauf zu verschieben, was ihr alles tun könnte, damit es euch Stück für Stück immer besser geht und ihr stabil werdet. Natürlich verstehe ich diese Gedanken (was, wenn ich für immer ein AD brauche), aber dieser "Blick" in eine mögliche Zukunft bringt eigentlich nichts. Es sind reine Spekulationen. In letzter Zeit haben wir hier viel Achtsamkeit geschrieben und gelesen, ich glaube sie kann auch hier angewendet werden, in dem man im "Hier und Jetzt" bleibt und versucht z.B. gerade in der Therapie für das Gesund werden zu arbeiten. Und: Die Forschung geht immer weiter, es wird ständig neue Erkenntnisse geben - es ist in Zukunft also alles offen und möglich und daran können wir sogar mit arbeiten.

Übrigens finde ich es auch sehr bemerkenswert, dass eine Langzeiteinnahme eines AD immer noch so negativ gesehen wird, wobei aber jahrlange andere Medikamente (Blutdrucktabletten, Schilddrüsenmedis und die "Pille") völlig normal sind. Es ist auch kaum ein Thema, dass viele viel zu viel Alkohol trinken oder sich mit anderen "legalen Drogen" die Last des Alltags versuchen erträglicher zu machen. Das alles ist eher "in Ordnung" als ein AD zu nehmen und eine Therapie zu machen. Verkehrte Welt, kann ich da nur sagen! :idea:
Liebe Grüße von
Marika

Diagnose:
schwere PPD 2005
heute völlig beschwerdefrei mit 10 mg Cipralex
ubure

Re: Termin bei meinem Psychiater

Beitrag von ubure »

sorry, dass ich schon wieder einhaken muss: "ich habe eine Erkrankung, bei der zu wenig Serotonin da ist.."
Das Ganze hat doch einen Grund! Aber nach dem zu suchen, macht etwas Arbeit, Arbeit, die so gut wie kein Arzt leisten möchte, leider. Aber Ihr solltet Euch damit doch nicht zufrieden geben! Es gibt diese Krankheit, die aus einem Serotoninmangel heraus entsteht, nicht. Sie ist lediglich ein weiteres Symptom (und wir geben dann noch den rest dazu, indem wir uns ganz und gar negative und ungesunde gedankenmuster angewöhnen, weil die Empfindungen so übel sind, dass man einfach Angst bekommt, und dann verselbstständigt sich das alles). Da verwechselt Ihr was. Der Serotoninmangel ist lediglich ein Symptom, entstanden durch z.B. durch so etwas scheinbar simples wie eine nicht funktionierende Darmflora, sehr oft durch ein leaky gut Syndrom (dafür muss man noch nicht mal Beschwerden haben - es führt aber zu Entzündungen im Körper und nciht zuletzt im Gehirn), was dazu führt, dass Nährstoffe nicht mehr richtig verstoffwechselt werden können, was aber notwendig ist, um Neurotransmitter herzustellen (und Hormone im richtigen Verhältnis), kein optimaler Blutzucker, Insulinresistenz (was aber auch alles wieder vom Darm ausgeht)...mittlerweile weiß man sehr viel darüber, leider findet das alles aber keine Anwendung in den Praxen, denn das würde bedeuten, man müsste relativ viele Tests machen (und natürlich erstmal über all das Bescheid wissen) und diese dann auch entsprechend auswerten können und dann noch die entsprechenden Maßnahmen treffen.

Am Anfang, wenn es einem so richtig mies geht, ist man froh, wenn man eine Diagnose bekommt. Damit kann man arbeiten. Es ist auch gut, wenn man durch ein AD Hilfe erfährt. Aber ich finde es fatal, wenn es belegterweise mehrere Auslöse für eine Depression/Angststörung gibt, aber man die Auslöser nicht beseitigt, sondern nur das Pflaster auf das Symptom klebt. Heutzutage werden ADs für alle möglichen Probleme verschrieben, Migräne, Reizdarm, PMS....das ist ein bedenklicher Weg (und das ist nciht nur meine Meinung, damit bin ich in guter Gesellschaft von vielen Wissenschaftlern). AD als Hilfe, als Krücke: ja, jederzeit ein JA von mir (auch wenn nicht jede Depression und nicht jede Angststörung ein Medikament braucht). Aber man sollte da nicht aufhören, sondern wirklich nach der Ursache forschen. Sicherlich gibt es Dinge wie PTBS, die keine körperliche Ursache haben. Aber gerade hier bei uns sind sehr oft die Hormone die Übeltäter, auch die SD, jahrelanger Stress, der die Körperchemie verändert, und da kann man viel tun (Sport, Ernährung, gezielter Einsatz von Supplementierungen, Stressreduktion....).

Ich denke, die Fälle, in denen ein AD lebenslang genommen werden muss, sind zahlenmäßig begrenzt. Auf den Großteil der Frauen hier wird das nicht zutreffen. Aber das ist ja eigentlich die gute Nachricht, oder?
Ein AD "heilt" nicht, es besetigt nicht die Ursache des Problems, das muss letztendlich allen klar sein. es ist gut, wenn ein AD einem zu mehr Ruhe, zu einer Verschnaufpause verhilft, und das kann es sehr gut. Aber Ihr müsst Euch in den seltensten Fällen allein darauf verlassen, das wollte ich nur noch einmal sagen.
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Marika
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Re: Termin bei meinem Psychiater

Beitrag von Marika »

Hallo Ubure,

ich bin mittlerweile sicher, dass das alles so stimmt, wie du schreibst. Der Grund liegt woanders, den müssen wir suchen. Das Problem ist nur: die Ärzte nehmen das noch viel zu wenig ernst wie du schon angemerkt hast und mein persönliches: ich habe Bedenken, dass ich in den Jahren in denen ich noch lebe "den" Grund finde, ihn erfolgreich beheben kann und so ohne AD leben kann. Obwohl mir mein erfolgreiches Abdosieren sehr große Hoffnung macht, hab ich ehrlich gesagt die Hosen gestrichen voll wenn ich an einen Rückfall ohne AD denke. :shock:

Angeregt durch deine Beitrage allerdings, habe ich schon vor einiger Zeit beschlossen, wieder intensiver an mir zu arbeiten und mir somit alle Türen offen zu halten. Ich mache mir zwar ein Leben ganz ohne AD nicht zum erklärten Ziel (meine Skepsis ist da ein bissl zu groß und wie gesagt auch die "vollen Hosen" :lol: ), aber ich sage nicht mehr mit dieser Bestimmtheit "ich brauche für immer ein AD" - das habe ich noch vor nicht allzu langer Zeit getan.

Danke dir für deine interessanten und konstruktiven Beiträge, sie sind in letzter Zeit eine echte Bereicherung geworden! :D
Liebe Grüße von
Marika

Diagnose:
schwere PPD 2005
heute völlig beschwerdefrei mit 10 mg Cipralex
Mareike

Re: Termin bei meinem Psychiater

Beitrag von Mareike »

Hallo Ihr :-)

Erstmal ein Dankeschön für eure Beiträge.

Ich gehe zur Therapie, eine Verlängerung ist auch genehmigt. Ich muss an mir arbeiten. Teilweise kenne ich die Ursache meiner Depressionen. Das Problem ist leider, dass meine letzte Episode schon einer Depression zuvor folgte und demnach meine Angst tierisch gewachsen ist.

Nur was ist wenn man eine Therapie macht und man dennoch immer Rückschläge einstecken muss? Ich werde es mit der Achtsamkeit versuchen....im hier und jetzt zu sein und nicht immer zuweit in die Zukunft spekulieren.

Momentan bin ich froh, durch ein Medikament und auch Therapie wieder im Leben zu sein und ich hoffe soooo sehr, dass dies auch so bleibt und dafür arbeite ich an mir. Vielleicht wird mein zweiter absetzversuch irgendwann erfolgreich sein, darauf arbeite ich hin. :-) leider leide ich an einer PTBS, ausgelöst dadurch, dass ich Zeugin eines Suizids am Bahnhof wurde. daraus resultieren bei mir dann auch zwangsgedanken und dadurch würde ich depressiv.

Alles nicht so leicht.

Danke für eure Ratschläge. @ Ubure deine Beiträge sind wirklich sehr interessant und ich verfolge sie aufmerksam. Danke dafür

Eure mareike
ubure

Re: Termin bei meinem Psychiater

Beitrag von ubure »

Liebe Mareike,

Du hast da natürlich ein Päckchen zu tragen, das natürlich nicht einfach ist. Trotzdem, auch bei so etwas greifen die Methoden aus der Verhaltenstherapie und auch der Achtsamkeit. Du kannst lernen, Deine Gedanken zu kontrollieren, das ist der Punkt. Im Moment haben Deine Gedanken die Kontrolle über Dich. ganz klar. Sei aber ruhig zuversichtlich, Du wirst das lernen.

Du machst schon alles richtig so. Hetz Dich nicht, lass Dir Zeit, das ist ganz wichtig. Es ist absolut zweitrangig, wann Du das Medi ansetzen kannst, das spielt erstmal gar keine Rolle. Das kommt außerdem von selbst, wenn die Therapie richtig gut funktioniert und Du selber so fit bist (mit Deinen Gedanken und der Angst), dass Du selber merkst, wann es soweit ist.
Sag auch nciht, ich muss an mir arbeiten, sondern: ich arbeite jetzt an mir. Das Gehirn ist für solche Kleingkeiten sehr empfänglich. Ein tag nach dem anderen, okay?

Schau Dir mal deine Fragen an. Merkst Du was? Du spielst auch das "Was ist, wenn...?"-Spiel. Mir diesen Fragen beginnt die Angst und damit der Kreislauf. Rückschläge sind in dem Sinn keine, Du bist auf dem Vorwärtsmarsch, wenn Du strikt Deine Übungen aus der Therapie machst (die sie Dir hoffentlich beibringen), und zwar aus vollem Herzen und mit Mut. Wirf Dich da voll rein. Sieh es als Herausforderung, und mit jedem Mal wächst Du. Da sind mal ein paar schlechtere Tage kein Problem, man muss das Ganze sehen. Du wirst auch sehen, dass Dir das Medi auf ein Level verhilft, mit dem Du Dich viel besser fühlst und dann kannst Du "hirnmäßig" voll anpacken.

Liebe Marika,

ich wollte Dir eigentlich schon schreiben, dass ich insgeheim überzeugt bin, dass Du kein AD mehr bräuchtest, aber ich sehr gut Deine Gründe verstehe, hab's dann aber wieder gestrichen. Und jetzt schreibst Du genau das, was ich mir gedacht habe. Ganz ehrlich, ich kann Deine Angst nachvollziehen. Mir ist es genau wie Dir damals nach dem Absetzen gegangen, aber der zweite Versuch hat dann ja perfekt geklappt, aber da war ich sicher, dass das letzte Stückchen ich selber gehen muss, und dass das die ADs einfach nicht können. Heute weiß ich, dass das so ist, damals war es eine Ahnung. und ich hätte mir gewünscht, ich wäre früher zu der Erkenntnis gelangt.

Ich denke, das Wichtigste ist, sich nciht in sein "Schicksal" zu ergeben. Der menschliche Körper und vor allem sein Gehirn sind zu Dingen imstande, von denen wir bis vor einigen Jahren noch nicht mal zu träumen gewagt hatten. Es ist mehr als spannend, über all diese Dinge zu lesen, geradezu eine Offenbarung. Die aber, wir wir wissen, nciht mit einem Fingerschnippen zu haben ist und viel Arbeit bedeutet, und vor allem Disziplin. Das ist leider der Grund, warum so viele Menschen eben nicht diesen Weg gehen oder ihn sich nicht zutrauen. Ich will die Probleme, die man mit Depression & Co. hat, keineswegs verniedlichen (ich schreibe absichtlich nciht "verharmlosen", denn das impliziert ja schon wieder diese ominöse gefahr), ich hab sie alle am eigenen Leib schmerzlichst erfahren müssen. Aber nach allem, was ich heute weiß (und ich habe mich weiß Got mehrh als intensiv damit beschäftigt, nach so vielen Seiten hin), weigere ich mich - zusammen mit vielen Spezialisten - bei den meisten Fällen von Krankheit zu sprechen. Letztendlich ist es mir persönlich egal, wie man dazu sagt, aber es ist nun mal eine Tatsache, dass bei den meisten Menschen die Diagnose "Krankheit" einen Negativschub auslöst (und der wird definitiv zur neuronalen Autobahn).

Marika, DEN Grund zu finden, ist nicht mal so schwer, das kann man im Ausschlussverfahren machen. Vielleicht hast Du irgendwann den Nerv, mal eine genaue Darmflorauntersuchung machen zu lassen, damit kommt man schon sehr weit. Allerdings müssen da dann auch sehr viele unterschiedliche Werte gemessen werden, die in den Standard-Tests nicht berücksichtigt werden. Da wären wir wieder bei den Ärzten, die da mitspielen. Aber vermutlich bräuchtest Du das gar nciht. Ich denke, Du hast bisher so vieles schon lösen können (als Zwängler kennst Du ja Deine Stolperfallen) und das ist ja meistens der Schlüssel zu allem.

Im Übrigen: ich habe mir in letzter Zeit unendlich viele Studienergebnisse einverleibt, zu allen möglichen Zusammenhängen. Empfehlungen danach lauteten stets gleich: 1. Nehmen Sie Nahrungsergänzungsmittel xyz oder Hormon xyz oder whatever xyz in der und der Menge zu sich oder
2. meditieren Sie täglich 20-30 min (das nicht mal Bestandteil der Studie war, aber mittlerweile hat man so viele Daten dazu, dass man diese Empfehlung immer öfter liest).

Wie Olli Kahn immer gesagt hat: "Weiter, immer weiter!"

und Barney Stinson: "Wenn es mir mal schlecht geht, dann höre ich einfach damit auf, und schon geht es mir wieder super gut!"

in diesem Sinne...
Schon witzig, oder?
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Re: Termin bei meinem Psychiater

Beitrag von Marika »

Hey Ubure,

ich habe mir schon gedacht, dass du das über mich gedacht hast.... :lol: (toller Satz gell - entspringt einem waschechten Zwänglerhirn.... :lol: ) und ich selber denke auch ab und an drüber nach.

Ich halte es jetzt mal mit Oli Kahn: immer weiter, immer weiter.... irgendwann werde ich sehen was kommt. :wink:
Liebe Grüße von
Marika

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