Fragen nach VT-Sitzung

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BB77

Fragen nach VT-Sitzung

Beitrag von BB77 »

Ich hatte am Freitag wieder einen VT-Termin. Und es fühlt sich irgendwie komisch an, was wir herausgearbeitet haben. Ich habe scheinbar den Zugang zu negativen Gefühlen verloren. Das soll heißen, ich erzähle von Dingen, die meine Therarpeutin bereits beim Zuhören wütend machen, als würde ich "vom letzten Wochenende erzählen" und lächle dabei noch.
Durch Begebenheiten aus meiner frühesten Kindheit, die meine Mutter immer gerne erzählt (und wo jeder, der darüber ein wenig nachdenkt, mit dem Kopf schüttelt), haben wir herausgefunden, dass meine gesamte Unsicherheit aus der Erziehung stammt, dass also der Auslöser meiner PPD ganz eindeutig damit zusammenhängt, dass ich mein gesamtes Leben lang durch meine Mutter verunsichert wurde. Deshalb reagiere ich wohl auch immer sehr emotional auf "gut gemeinte" Ratschläge und fühle mich sofort verunsichert, obwohl ich objektiv weiß, dass ich es richtig mache.
Was mich ein wenig beruhigt hat, war ihre Aussage, dass es verwunderlich ist, dass ich überhaupt so eine Liebe und Nähe zu meinem Kind aufbauen konnte. Allein aus meiner Vergangenheit hätte es durchaus auch anders sein können. Das gibt mir den Mut, nicht die gleichen Fehler bei meinem Sohn zu machen, wie meine Mutter bei mir.
Weiterhin meinte sie, ich könne die Hoffnung aufgeben, dass meine Mutter bzw. meine Familie im Allgemeinen irgendwann aufrichtiges Interesse an mir und meiner Familie zeigt ((meine Schwester hat in dem Jahr seit seiner Geburt keinerlei Kontakt zu ihrem Neffen gesucht, mein Vater selbst wenn er im gleichen Zimmer war wie sein Enkel keinen Kontakt zu ihm aufgenommen)

Hausaufgabe ist es, mir in Situationen, in denen ich unsicher bin, zu sagen, dass diese Unsicherheit aus meiner Kindheit stammt und nichts mit der jetzigen Situation zu tun hat. Kennt einer von Euch diese Aufgabe? Wie habt ihr das gemeistert?
Und wie geht ihr damit um, dass Euer familierer Hintergrund schwierig ist bzw. sogar Auslöser Eurer Erkrankung?

Danke für Eure Antworten.
Liebe Grüße
Bibi
rowan

Beitrag von rowan »

Hallo BB!
Wie Du ja bereits weißt,kämpfe auch ich noch gegen meine Selbstunsicherheit.Ich weiß aber zumindest mittlerweile,woher diese rührt und seitdem kann ich mir mein eigenes Verhalten in manchen Situationen besser erklären.Fühle mich also nicht mehr so unnormal deswegen.Ich war in der Kindheit sehr angepasst,habe damals schon mehr auf die Emotionen anderer als auf meine eigenen geachtet und dementsprechend REagiert.Mehr als agiert.Somit bin ich eher passiv geworden,abwartend und unsicher,was meine Gefühle und Bedürfnisse betraf.Negative Gedanken,ähnlich wie bei Dir,konnte ich oft nicht zulassen,genauso wenig wie z.B.Wut auf Familinangehörige.Gelernt habe ich wohl,daß ich vor allem dann geliebt werde,wenn ich artig bin und gefalle.Mittlerweile weiß ich schon,daß es durchaus okay und auch wichtig ist,meine Wut rauszulassen und das davon,meine Welt auch nicht untergeht.Sprich ich bin dabei zu lernen,zu mir und meinen Gefühlen zu stehen.Dann werde ich auch sicherer.
Ich wünsch Dir alles Gute!!!
BB77

Beitrag von BB77 »

Danke rowan.
Das Gedanken über die Gefühle der anderen machen, kenn ich von mir. Ich kann mich noch daran erinnern, dass ich mir überlegt habe, wie ich mich über die Weihnachtsgeschenke zu freuen habe, damit meine Mutter sich freut. :shock:
Schade, dass ihr mir nicht mit Tipps helfen könnt, wie ich mit unsicheren Situationen zurechtkomme bzw. wie ihr das gemeistert habt.
Liebe Grüße
Bibi
AmoebeMS

Beitrag von AmoebeMS »

Hallo BB,

der Auslöser für meine depressive Erkrankung war vielleicht ein anderer als deiner (Schlaganfall meines Stiefvaters, plötzliche Angst vor dem Tod), aber er hatte zur Gänze etwas mit meiner Erziehung zu tun, mit meiner Mutter, einer Scheidung in der Familie, somit einer Unsicherheit, etc.

Du machst bei deinem Kind automatisch etwas richtig, wenn du gegen etwas steuerst! Das ist eher Instinkt. Der normale Mutter-Instinkt.

Wenn irgendwann mal Klarheit darüber erfolgt, woher all die Unsicherheiten stammen, wäre es meiner Ansicht nach für wichtig, nach vorne zu schauen, nicht mehr abzuschweifen, woher all das rührt, sondern dem entgegen zu wirken. Klingt vielleicht einfacher gesagt als getan, aber wenn man Ursachen in der Kindheit „findet“, dann muss man diese nicht unbedingt übernehmen. Man sollte eine Grenze setzen, zwischen der Vergangenheit und dem Leben im hier und jetzt als Mutter, als Ehefrau.

Das ist nicht einfach, ich weiß. Aber es geht ums eigene „Überleben“. Ich möchte damit nur sagen, dass irgendwann der Zeitpunkt erreicht ist, dass man sein eigenes Leben irgendwann mehr schätzt als die Vergangenheit. Nach vorne schauen und nicht zurück (aber nur, wenn man genug aufgearbeitet hat!!!). Wenn eine Familie (Familienmitglieder) zu wenig Interesse zeigt, dann ist das immens negativ, aber damit muss man leben. Sorry, das kann niemand asap ändern. Ich lebe auch damit.

Ich arbeite an mir, ohne die familiäre Situation - außer uns 4 - mit einzubeziehen.

Ich HABE eine Familie, und es sind mein Mann, meine Kinder und ich. In erster Linie. Niemand mehr.

Klingt schwer nachzuvollziehen, aber es stimmt. Den Auslöser kann man leicht bekämpfen, indem man mehr an sich denkt. Man kann einfach nicht jedem gerecht werden. Hilft man sich selbst, dann hilft man anderen, weil man dann mehr Kraft für Nebensächlichkeiten hat. Wenn man sich aber dabei vergisst, dann tut man „mir“ leid. Das Geben und Nehmen sollte immer im Gleichgewicht sein.

Ich hatte deine Hausaufgaben nicht, aber das brauchte auch gar nicht auf dem Plan zu stehen;-)) Irgendwann hat man verstanden, dass das Erlebte die Vergangenheit bedeutet, aber "leben" tut man in der Gegenwart und das noch gerne dazu.

Nichts kann das Schmälern!

Arbeitet auf, aber vergesst das eigentliche Leben dabei nicht!

LG AmoebeMS
BB77

Beitrag von BB77 »

Danke Amoebe für die Antwort.
Es fällt mir sehr schwer, zuerst an mich (und meine kleine Familie) zu denken. Während der akuten Zeit, da konnte ich die anderen Familienmitglieder ausblenden. Zum Teil lag das auch daran, dass mein Mann den Kontakt zu meiner Familie unterbrochen hat - sie konnten mich nicht mehr anrufen, da meine Mutter bei jedem Anruf dafür sorgte, dass es mir wieder mies ging. :(
Aber jetzt fällt es mir schwer. Ich denke immer, ich bin doch ihre Tochter und wenigstens eine ihrer Töchter sollte Kontakt halten. Manche würden sagen "selbstlos" andere wahrscheinlich "Selbst schuld". :wink:
Wenn ich nur an Situationen denke, die durch die Hausaufgaben angesprochen werden, wird mir schon mulmig. Besonders da der direkte Zusammenhang zur Kindheit ja nicht immer gegeben ist. Vor Gruppen sprechen oder auch nur, sofort auf Kritik sachlich zu reagieren bzw. überhaupft entsprechend zu reagieren. Aber ich werde es versuchen. (Und werde hoffentlich bald positives berichten können) Nächste Woche geht die Arbeit wieder los, da werden entsprechende Situationen wohl nicht lange auf sich warten lassen. :wink:
Liebe Grüße
Bibi
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