Urvertrauen

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Anna81

Urvertrauen

Beitrag von Anna81 »

Hallo zusammen.

Während meiner analytischen Therapie hat mir mein Therapeut gesagt, dass mir vor allem das Urvertrauen fehlt. Ja, das stimmt, da hat er Recht. Dennoch bin Ich mir nicht sicher ob da schon prinzipiell was da ist oder es nur ganz tief verschüttet ist... Dann dachte ich ok. Wie bekomme ich das wieder oder vielleicht sogar mehr davon. Und im Netz bin ich nicht fündig geworden. Nur eher in die Richtung, man kann das nicht aufbauen oder stärken.
Da ich aber an der Front nicht aufgeben möchte und dem Netz da auch nicht ganz glaube, frage ich euch, habt ihr dieses Urvertrauen. Und wie stärkt ihr es ? Kann man das aufbauen? Wenn ja wie? Ich habe ja so eine Vermutung, dass es in engem Zusammenhang zum Selbstvertrauen und zur Selbstsicherheit steht. Davon habe ich leider auch
recht wenig und auch hier wäre ich für Anleitungen und Anregungen dankbar!
Meine Ängste erwachsen sehr viel aus diesen Gründen heraus!

Ich danke euch!
Viele Grüße
Anna
Nickolakala

Re: Urvertrauen

Beitrag von Nickolakala »

Hallo Anna,

auf sein Gefühl hören, in sich rein hören, dann darauf hören und danach handeln. Immer und immer wieder. Nichts mehr tun was für einen selbst nicht stimmt.
WAHRHAFTIG werden. Das geht nicht von heute auf morgen, sondern ist ein Prozess.
So lernen wir zu uns zu stehen und das Selbstvertrauen und die Selbstliebe wächst, und die Angst wird kleiner.


Ja in der Theorie weiss ich das alles, jetzt gehts ans "tun". Mir gehts genau wie Dir.

Alles Gute
N.
lotte

Re: Urvertrauen

Beitrag von lotte »

Hey Anna,

das Urvertrauen, also die bedingungslose Liebe, die man als Kind eigentlich kriegen sollte, lässt sich im Nachhinein nicht mehr aufbauen. Wenn dies fehlt, ist es logisch, dass man sich selbst nicht vertraut und ständig in Sorge ist, dass was passieren könnte, Dinge nicht gut ausgehen, man wohl nicht so toll und liebenswert ist, weil: sonst hätte man diese Liebe von den Eltern ja mitbekommen.

Das gilt es zu akzeptieren (ein elend schwerer und schmerzhafter Prozess) und dann kannst Du "nur" gucken, wie Du es heute für Dich regeln kannst: gib Dir die Liebe selbst. Stärken, indem Du bei Dir selbst bleibst und Dinge tust, die gut für Dich sind. Mit Menschen umgeben, die Dich schätzen, so wie Du bist.

Siehe auch unseren Dialog über das Innere Kind ;)

LGL
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Marika
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Re: Urvertrauen

Beitrag von Marika »

Hallo,

auch mein Urvertrauen ist leider nicht so in der Kindheit entstanden, wie es sollte. Ergebnis war: so gut wie kein Selbstvertrauen, keine Selbstliebe, dafür haufenweise Ängste und Selbstzweifel.

In meiner Therapie wurde aktiv daran gearbeitet, Dinge zu tun, die mir eigentlich Angst gemacht haben. Das waren banale Dinge wie: alleine einen Kaffee trinken gehen, alleine in der Stadt über einen großen Platz gehen, alleine im Restaurant zu bestellen usw... Ernsthaft - ich konnte das alles nicht, mein Mann musst das ständig machen und war meine "Bezugsperson". All das zu tun und dabei die Angst aus zu halten waren Hausaufgaben in meiner Therapie. Dabei ging es darum, dass ich merkte, dass gar nichts schlimmes passiert, dass ich das KANN - und genau DAS ist Nahrung für SELBSTVERTRAUEN UND SELBSTLIEBE. Diese Erfolgserlebnisse und Erfahrungen macht man eigentlich in der Kindheit, bei mir hat das aber nie stattgefunden.

Es stärkt einen also, wenn man quasi über sich hinaus wächst und das macht was man eigentlich möchte, aber aus irgendwelchen Gründen einfach nicht tut. So kann man auch im Erwachsenen Alter noch Selbstvertrauen, Selbstliebe und Selbständigkeit lernen. Ich habe das selber erlebt und das ist für mich eigentlich das größte Wunder, dass sich in meinem Leben zugetragen hat.
Liebe Grüße von
Marika

Diagnose:
schwere PPD 2005
heute völlig beschwerdefrei mit 10 mg Cipralex
Anna81

Re: Urvertrauen

Beitrag von Anna81 »

Hallo ihr Lieben,

wenn ich das lese habe ich Tränen in den Augen. Ich möchte auch so werden. Ich bin auch ziemlich unselbständig und wenn ich etwa geschafft habe, dann lobe ich mich nicht dafür sondern rede es noch herunter!

Ich fange jetzt erst damit an daran zu arbeiten und ich hoffe, dass ich das durchhalte und nicht nachlässig werde. Ich bräuchte kleine Erinnerer, die mir immer wieder sagen: Anna du wirst nachlässig. Denke an dich! Du willst doch, dass es dir gut geht....
Ich weide mich in meinen Selbstzweifeln und zerfleische mich bis es nicht mehr geht und ich mir sicher bin, dass die ganze Welt besser ohne mich dran wäre. Das ist dann der absolute Tiefpunkt und dann folgen zwangsläufig die negativen Gedanken und Gefühle. Und wenn die Gedanken erstmal gedacht sind kommt die Angst dazu.

Ich möchte mich nicht mehr selbst zerfleischen, ich möchte achtsam und liebevoll mit mir sein. So wie ich es bspw. Auch zu meinen Kindern bin!
Kann ich diese schlechten Gedanken irgendwie stoppen. Sie führen ja zu nichts? Gestern habe Ich mir vom GU- Verlag ein Buch gekauft: dein weg zur Selbstliebe von Robert Betz. Da ist eine CD dabei und es gibt auch eine App. Jetzt meine Frage.... Wie gehe ich vor? Ich als verkopfte
Anna81

Re: Urvertrauen

Beitrag von Anna81 »

Ich bin auf absenden gekommen....

Ich als verkopfter Mensch, ich lese das , bin total fasziniert. Da wird so vieles an mir beschrieben. Ich lese es, bin glücklich, hier scheint es einen Weg zu geben, wie mir geholfen werden kann, wie ich mir helfen kann. Und schwupps, da ist die Stimme, die sagt: "Das schaffst du doch eh nicht. Du kannst das nicht lernen, du hältst es doch eh nicht durch! Du bist doch viel zu nachlässig und lieben willst du dich doch gar nicht...."
Wie halte ich dagegen. Soll Ich mich jetzt am Anfang zwingen mich jeden Abend damit zu beschäftigen? Irgendwann wird es vielleicht auch Spaß machen oder ist das eher kontraproduktiv? Wie kann ich den Zweifler überlisten? Ich habe Angst hier was falsch zu machen. Es ist solch eine große Chance, das weiß ich und ich will sie nicht kaputt machen!

Seid ihr selber auch auf solch Widerstände gestoßen und wie seid ihr damit umgegangen?

Ihr helft mir so sehr!

Ich danke euch!
LG Anna
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Marika
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Re: Urvertrauen

Beitrag von Marika »

Hallo,

also ich kenne das, als ich in meiner Therapie üben musste, kam massenweise: "das schaffst du nie" - aber ich habs gepackt. :wink: Mit jedem Mal nämlich wo du aktiv merkst, dass du dich wieder runter machst (du kannst diese Gedanken auch aufschreiben und dann einer positiven Sichtweise gegenüber stellen) wird diese Stimme der Unsicherheit leiser und leiser.

Das Aufschreiben bzw. dieses "Gegenüberstellen" habe ich haufenweise in meiner Therapie als Hausaufgabe gemacht. Es geht in erster Linie jetzt mal darum, dass du jedes Mal wenn diese "Stimme" dich aufhalten will - das BEMERKST! Dadurch erfolgt ein gedankliches "Stopp" - du unterbrichst damit die Negativspirale die dich weiter hinunter zieht. Mit dem Aufschreiben verlängerst du den Stopp und wenn du dann eine positive Betrachtungshaltung einnimmst, gehst du aktiv aus der Opferrolle heraus und nimmst die Beobachter Haltung ein. So trainierst du dein Gehirn aktiv um.

Ich würde jeden Tag ein bisschen üben.
Hilfreich wäre hierzu auch ein Therapeut der sich mit Verhaltenstherapeutischen Ansätzen auskennt.
Liebe Grüße von
Marika

Diagnose:
schwere PPD 2005
heute völlig beschwerdefrei mit 10 mg Cipralex
lotte

Re: Urvertrauen

Beitrag von lotte »

Huhu,

die negativen Gedanken lassen sich nicht willentlich NICHT denken, sprich Du kannst Dir 1000 mal einreden: "sei nett und lieb zu Dir, denke dieses und jenes einfach nicht", aber Du wirst es nicht fühlen können, bevor Du es nicht erlebst/lebst. Das ist das Zusammenspiel von Ratio und Verstand, das läuft auf 2 Ebenen ab. Wie Marika schon schreibt: bevor es in die falsche Richtung geht, sag laut STOPP und lenk Dich ab, unterbreche diese Spirale. Das musst Du üben. Das Aufschreiben hilft da auch sehr: was war heute gut? Was kann ICH richtig gut? Was finde ich toll an mir usw.

Bei allem, was Du jetzt vorhast: sei nicht so streng zu Dir selbst und zwinge Dich zu nichts! Gedanken anschauen, ziehen lassen. Du musst heute oder morgen zu keinem Ergebnis kommen. Dir einfach bewusst sein, dass Du auf Dich Acht geben möchtest in Zukunft, ist schon sehr viel!
Du kannst auch gar nix falsch machen. Wenn Widerstände kommen, schau sie Dir an und breche nichts übers Knie.

Hast Du Dir denn schon mal überlegt, mit einem Therapeuten zusammen zu arbeiten?

LGL
Anna81

Re: Urvertrauen

Beitrag von Anna81 »

Hallo ihr beiden,

nun habe ich über eine halbe Stunde an meinem Handy einen Text geschrieben und dann stürzt das Handy ab.
Jetzt habe ich mir den Laptop geholt und schreibe nochmal.

Ich war von 2011 bis 2014 bei einer analytischen Therapie. Da habe ich meine Muster erkennen gelernt. Dennoch hat mir hier immer die Lösung für das alles gefehlt. Ich habe zwar genau gewusst, ja das ist es aber wie komme ich damit klar. Das ist mir nicht klar geworden. ich war da aber auch noch nicht in der Lage den Therapeuten zu fragen. Das hatte mir schon sehr viel Frieden gegeben und ich konnte mich auch endlich an ein zweites Kind wagen was ich so gerne noch haben wollte...

Nun ist meine Kleine fast drei und es kommt alles wieder raus. Ich werde instabiler. Und es ist wieder Zeit weiter zu üben. Das habe ich erkannt. Schon im Sommer als es mir nur monatlich schlechter ging durch das PMS habe ich mich um eine Verhaltenstherapie gekümmert und mich angemeldet. Und im Oktober kam dann der Anruf, dass ich zu den Probesitzungen kommen kann. Da war ich nun zu den Probeterminen, die Krankenkasse hat die Therapie genehmigt und jetzt war ich zu den ersten zwei richtigen Sitzungen.

Ich möchte euch etwas aufschreiben, dass mir gestern passiert ist mit der Bitte, dass ihr mir beim Analysieren helft und mir vielleicht Ansätze aufschreibt wie ihr gehandelt hättet heute aus eurer Sicht, die ihr schon weiter seid als ich
Ich stamme aus einem Ort ca. 60 km von meinem jetzigen Wohnort, dort fahre ich sehr oft hin weil wir noch vieles dort haben was uns dahin verbindet, mein Mann stammt auch dort her.
Gestern hatte mein ältester Bruder Geburtstag und ich hatte gleich nóch einen Termin beim Frisör ausgemacht in diesem Ort. Wir hatten eigentlich vor dort hin zu gehen und dann bis Samstag da zu bleiben. Nun ist aber meine Kleine am Donnerstag krank geworden und mein Mann musste mit ihr zu Hause bleiben. Ich wollte dann eigentlich auch nicht mehr rüber fahren und wenn ich den Frisör nicht schon drei mal verschoben hätte und mein Sohn nicht dringend die Haare geschnitten werden müssten, hätte ich es noch mal verschoben. Meinem Bruder hätte ich ja auch am Telefon gratulieren können. Das habe ich die Jahre davor ja auch immer getan. Nun bin ich aber gefahren. Mit meinem Sohn. Als ich das letzte Mal allein Auto gefahren bin war ich auf dem Weg von meiner Heilpraktikerin nach Hause und habe da das erste Mal im Auto eine Panikattacke gehabt, d.h. mir hat die Haut gebrannt und ein Schauer stieg meinen Rücken hoch und ich fühlte mich elend, negative Gedanken kreisten und ich wurde unruhig. Ich nenne das eine Panikattacke, zumindest ist es das für mich.
Wie dem auch sei. Ich war schon den ganzen Tag total aufgewühlt. Ich hatte schon auf der Arbeit am Morgen schlechte Gedanken und habe mich vor der Fahrt gefürchtet. Ich wusste es würde schwierig werden weil ich eben keine Lust hatte zu fahren und ich lieder zu Hause geblieben wäre. Und nicht nur weil ich Angst vor einer neuen Panikattacke hatte sondern auch weil ich bei meiner kranken Tochter sein wollte, weil ich einfach auch Ruhe haben wollte. Trotzdem wollte ich mich auch von meiner Angst nicht unterkriegen lassen.
Nun bin ich gefahren. Und selbsterfüllende Prophezeihung. Ich habe mich durch die Hinfahrt gequält. Ich hatte eine Angstwallung nach der anderen und habe die negativsten Gedanken gehabt die ich haben kann. Bis hin zu ich will und ich kann nicht mehr, was wäre wenn ich jetzt tot wäre... Dieser Gedanke beunruhigt mich immer zutiefst. Als Kind wollte ich immer sterben um meine Eltern nicht mehr ertragen zu müssen und ihnen zu zeigen, was sie mir antun. Aber das ist doch jetzt nicht mehr so. Ich will meiner Familie das nicht antun und ich möchte meine Kinder groß werden sehen. Ich möchte sie lieben und halten und stüzen und für sie da sein.
Es war anstrengend, aber ich habe die Fahrt geschafft. Dann war das Kaffeetrinken bei meinem Bruder. Ich konnte mich kaum konzentrieren. Ich bin dann zwischendrin mal auf Toilette und habe die Arme hochgerissen und laut gesagt: "Tschakka, ich habe es geschafft, ich bin mit dem Auto gefahren und habe meine Angst ausgehalten. Ich habe mich ihr gestellt. Tränen schossen mir in die Augen. Zum einen Freudentränen und zum anderen auch trauer weil es so weh getan hatte."
Das hielt nicht lange an aber ich konnte es. Ich saß die Zeit beim Kaffetrinken ab und wartete dass die Zeit rum geht. Ich konnte nur sehr schwer an den Gesprächen teilnehmen und war in mir zusammen gesunken. Dann war die Zeit zu gehen gekommen und wor fuhren zum Frisör. Auch hier wieder warten. warten mit Unruhe dabei ist nicht meine Stärke. Ich versuchte ruhig zu atmen. Aber das half nicht. Wie sollte es auch, schließlich übe ich auch das nicht. Es konnte sich ja noch nicht festgesetzt haben... Wie ein Schlag ins eigene Gesicht. Dann ging es endlich los. Ich durfte zum Haare waschen. Und da war etwas was ich damals in der PPD nach meinem Sohn hatte. etwas Gutes. ich war damals immer mal bei meinem jüngsten Bruder, ein Mensch der mir sehr gut, wir waren die meiste Zeit unserer Kindheit zusammen und er kann mich noch am meisten verstehen. Und wir sind zusammen schwimmen gegangen. Mein Mann hatte unseren Sohn und ich war mit meinem Bruder schwimmen und damals habe ich immer gedacht und auch gefühl: Jetzt tue ich endlich mal was für mich und NUR für mich. Und dieser Gedanke kam als ich die Haare gewaschen bekam. Ich liebe das beim Frisör, die Kopfmassage und so. Und da war das erste Mal an dem Tag ein Lichtblick, es war so toll. Ich habe mir gesagt, das genieße ich jetzt, das ist für mich!
Beim Schneiden der Haare saß mein Sohn neben mir und sollte seine Haare geschnitten bekommen. Das hatte mich wieder überfordert. Ich sagte kürzer er murrte rum. Ich hatte keine Kraft mich durchzusetzen und trotzdem sagte ich, die Ohren frei und der Nacken angeschnitten. Die Frisöse machte das dann auch so. und dann wurden auch meine Haare geschnitten. In der Zwischenzeit war ich schon wieder in mir zusammen gesunken. Aber dann habe ich mich im Spiegel angesehen und ich sah gar nich so ängstlich aus wie ich mich fühlte. ich dachte mir, es geht dir doch gar nicht so schlecht, wie du dich fühlst und ich richtete mich innerlich auf.
Der Frisörbesuch war alles in allem also gut! Ich habe das beste draus gemacht. Dann sind wir zum Auto und ich war zuversichtlich, dass ich die Rückfahrt jetzt auch schaffen würde. Und da war er, mein Zweifler: "Denke dran, es ist jetzt dunkel. Da ist es viel anstrengender zu fahren. Du bist eh schon so angegriffen und müde, ich will mal sehen wie du da die Angst klein halten oder aushalten willst." Wieder sank ich zusammen aber ich war noch beschwingt genug um das besser auszuhalten. Dann fuhren wir. Es ging endlich wieder nach Hause.
Der erste Abschnitt ging auch sehr gut. Dann fuhr ein LKW vor uns mit 60km/h. Wieder wurde ich aufgehalten und auf der Strecke kann man nicht überholen. Also musste ich dahinter bleiben. Da merkte ich wie müde und erschöpft ich bin und genau da fing mein Sohn an von Außerirdischen und UFOs zu erzählen. Nicht mein Thema. Macht mir Angst, weil ich nicht denke, dass die friedvoll sein können.... Und eigentlich auch nichts worüber ich nachdenken möchte... Aber mein Sohn hörte nicht auf. ich wollte ihm aber auch nicht seine Illusionen nehmen ihm den Mund verbieten oder ähnliches. Kindliche Phantasien sind so etwas tolles, die will ich ihm nicht verbieten so wie sie mir verboten wurden.
Dann bog der LKW ab und es ging wieder vorwärts. Ich wurde nur unruhiger weil ich so erschöpft war. Mein Zweifler kam wieder: "Wie willst du eigentlich in diesem Zustand heute Abend schlafen. Du wirst sehen, dass das so nix wird. Und überhaupt ist es ein Wunder dass du bisher so gut einschlafen konntest. Wollen wir doch mal sehen ob es heute Abend auch klappt!" Druck, Ach du ..., was wenn ich eine Tavor nehmen muss. Ich willl keine Tavor nehmen. In diesem Tief kann ich bisher schlafen und das wird auch so bleiben. Schluss, aus!
Geglaubt habe ich das aber eigentlich nicht. Dann kurz vor zu Hause kam ein riesiger Komet über den Horizont. Mehrmals verglühte er. Sowas hatte ich noch nicht gesehen. Eine Sternschnuppe schon aber nicht sowas. über den ganzen Himmel. erst war ich zutiefst erschrocken, was wenn er auf die Erde fällt. Mein Sohn konnte sein Glück kaum fassen. Auch er hatte sowas noch nicht gesehen. Ich habe mir noch schnell was gewünscht ;-)
Dann waren wir zu Hause. Ein Parkplatz war auch frei, was in der Weihnachtsmarktzeit nicht so einfach ist. Und ich war wieder zu Hause. Die Heimfahrt verlief viel besser. Und mein Gedanke hierzu, dass das natürlich nur so war weil es die Heimfahrt war und nicht weil ich mich meinen Ängsten gestellt hatte... Wahrscheinlich ist es eher von beidem etwas...

Ich habe gestern noch einen Gedanken gewältzt. Sollte ich nicht eigentlich stabiler sein für solche Dinge. SOllte ich mein Medikament erhöhen? Auf 15 mg gehen? Und dann entspannter da rein gehen und sehen dass ich es kann... Und gibt es Techniken, dass ich der Angst besser begegnen kann. Dass ich mich ihr nicht so ausgeliefert fühle? Dass ich sie besser aushalten kann. Vielleicht, und das ist mein sehnlichster Wunsch, ist sie dann nicht mehr so groß! Meinem Therapeuten werde ich das alles schildern. Dass mir die Angst so weh tut, dass ich sie kaum aushalten kann, mich ihr so ausgeliefert fühle, dass mich die negativen Gedanken so belasten. Als ich das in der letzten Stunde versucht habe zu schildern schien es mir als würder er sich doof stellen. warum sollen ihnen diese Gefühle was anhaben. Eine Panikattacke dauert nicht lange, die geht vorbei. Ja das mag alles sein. Aber es tut weh und es hinterlässt Erinnerungen und gibt mir das Gefühl, dass ich es wieder nicht geschafft habe... Daran möchte ich zu allererst arbeiten. Er will jetzt in der nächsten Stunde meine Angst vor Weihnachten und der arztfreien Zeit (Also ohne meine angestammten Ärzte und Helfer) behandeln. Etwas das mir in der Vergangenheit Probleme gemacht hat. Weil ich auf Biegen und Brechen vermeiden will ins Krankenhaus zu müssen.
Was meint ihr soll ich hier vehementer werden und sagen, dass er mir Techniken zeigen soll wie ich der Angst besser begegnen kann oder wird das mit der Zeit schon kommen? eine meiner Schwächen: Geduld haben und abwarten... den Dingen ihren Lauf lassen.

Wie beurteilt ihr was mir da gestern widerfahren ist. Hätte ich noch warten sollen mich dieser Sache zu stellen war es vielleicht zu viel in meinem Zustand.
Ich will ja üben, aber ich will mich nicht ausliefern. Sowas wie STOPP sagen, dass möchte ich lernen. Denn die Gedanken führen ja in dem Moment zu nichts. Sie schüren das Feuer nur noch mehr. Ich habe das gestern auch probiert aber die Gedanken waren schnell wieder da. Und was auch immer wieder passiert. Ich hatte eine Weile nichts gedacht und das fiel mir auf. Da wunderte ich mich kurz drüber und dann kam wie immer: "Na wollen wir doch mal sehen ob da nicht noch irgendwo ein schlechter Gedanke ist" Und schwupps da waren sie wieder...
Ich habe gestern dann auch immer wieder Rescue Tropfen genommen nachdem die Hinfahrt so ... war. Die haben mich auch etwas runter gebracht, war mein Gefühl...

So. Ich hoffe, dass ihr aus diesem ganzen Wust was machen könnt und mir noch weitere Tipps geben könnt. Wie wärd ihr an meiner Stelle vorgegangen. Kennt ihr solche Gedanken und Situationen. ich will mir das allein Auto fahren nicht auch noch nehmen lassen. Das ist auch ein Stück Freiheit was ich immer hatte.

Ich bin froh, dass ihr mir helft!
Danke!

LG Anna
Anna81

Re: Urvertrauen

Beitrag von Anna81 »

Ach und ich konnte gut einschlafen und habe zwar etwas unruhig geschlafen aber trotzdem gut...
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Marika
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Re: Urvertrauen

Beitrag von Marika »

Hallo meine Liebe :D ,

ich GRATULIERE DIR!!!!!! :D :D :D Ja echt, weißt du, dass du gestern wirklich ALLES richtig gemacht hast!? Du hast dich überwunden, dich der Angst gestellt, hast gemerkt dass nichts passiert und sogar Lichtblicke bzw. Glücksgefühle empfunden! Genau so läuft das Üben ab, du kannst super stolz auf dich sein!

Du hast gestern fast übermenschliches geleistet, denn solche Übungen sind extrem anstrengend. Es ist nur normal, dass du bei deinem Bruder dann unkonzentriert warst, sei bitte nachsichtig mit dir, ja! :wink: Sieh auch das liebevoll: du hast enormes auf der Fahrt geleistet - du durftest einfach müde sein. Das ist völlig normal. Oft war ich nach den Therapiesitzungen tagelang völlig erschöpft. Es ist sehr wichtig, dass du nach so anstrengenden Übungen auch Erholung einplanst - ganz wichtig!!!

Sehr schön hast du auch den Friseur Besuch für dich und uns Revue passieren lassen: du hattest ein angenehmes Gefühl - sogar Genuss beim Haare Waschen. Dann auch dass du registriert hast, dass du nach außen ganz anders wirkst wie du dich innerlich fühlst (als du dich im Spiegel gesehen hast!!!) ist ein MEILENESTEIN, möchte ich fast sagen. Denn all diese negativen Gedanken, Gefühle und Ängste sind ja eigentlich irrational. Sie toben "nur" in unserem Kopf, haben aber mit der Realität nichts zu tun. Das hast du jetzt sogar bildlich mit dem Spiegel sehen können, mach das vielleicht auch bewusst zu Hause, gerade auch wenn du das "Stopp" übst. So kommst du in die Realität zurück - in das Hier und Jetzt.

Dass die Gedanken nach dem "Stopp" schnell wieder kommen, ist am Anfang völlig normal. Es dauert schon einige Zeit, bis du merkst, dass die Gedanken immer weniger werden. Ein bisschen davon hast du schon erahnen dürfen, weil dir aufgefallen ist, dass du eine Zeit lang "nichts" gedacht hast... bis der innere Zweifler wieder angefangen hat. :wink: Das ist ein wahnsinns Erfolg - du hast diese Zeitspanne mit ganz normalen Gedanken REGISTRIERT!!! Und darum geht es ja: Erkennen was Gedankenmüll ist und somit immer öfter im Hier und Jetzt verbleiben können. Das lernt man, wenn man zwischen diesen beiden Ebenen klar unterscheiden kann. Und das hast du super hinbekommen!!!! Ich glaube da wäre jetzt eine ordentliche Belohnung fällig, meinst du nicht? Was macht dir Freude? Belohn dich für diesen anstrengenden Tag und dem vielen Üben!!!! :D
Bachblüten habe ich auch lange genommen, sie haben mir ebenfalls sehr geholfen zusätzlich zu meinem Medikament.

Wegen deinem Therapeuten: Frag ihn einfach, ob er dir Übungen aus er Verhaltenstherapie zeigen kann. Das gibt es sehr viel, alles was wir dir hier schreiben, stammt daraus. Was auch gut tut: Entspannungsübungen! Ich habe autogenes Training in meiner Therapie gelernt. Es gibt da aber auch Bücher oder geführte DVD´s dazu um es zu Hause zu üben.

Ah ja, ich habe übrigens meinem "Zweifler" damals einen Namen gegeben. So konnte ich immer gleich sagen: Ach Franz, du schon wieder, musst wieder meckern und mich ärgern??? :wink:

Möchtest du deinem Zweifler auch einen Namen geben? :wink:
Liebe Grüße von
Marika

Diagnose:
schwere PPD 2005
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Anna81

Re: Urvertrauen

Beitrag von Anna81 »

Mein Gott Marika. Ich hätte nie gedacht, dass du so was schreiben würdest! Ich dachte ich werde gescholten weil ich mich so blauäugig in die Situation begeben habe!
Wahnsinn. Ich freue mich. Mir laufen die Tränen!
Danke! Und auch dafür dass ich euch alles so beschreiben darf und ihr es auch lest!
Autogenes Training, darüber habe ich auch schon nachgedacht. Dafür muss man sich doch hinlegen. Wenn man es dann irgendwann beherrscht, kann man sich dann damit auch mal eben zwischendurch und im Sitzen beruhigen? Ich suche eben noch nach einer Methode mich während der Angst etwas runter zu bringen....

Danke danke danke. Danke für deine Worte!
lotte

Re: Urvertrauen

Beitrag von lotte »

Hi Anna,

Du schreibst, Du hast eine analytische Therapie gemacht, das ist gut, um zu erkennen, was überhaupt los ist. Und Du hast jetzt bereits eine Verhaltenstherapie begonnen - was Dir enorm helfen wird, Deine Ängste und Erlebnisse wie gestern nicht nur einzuordnen, sondern aktiv Tipps und Ratschläge zu bekommen, wie Du mit diesen Situationen besser umgehen kannst. Siehe die STOPP-Methode.

Du hast alles richtig gemacht und kannst sehr stolz auf Dich sein! Und nein, auch, wenn Du Dein Medi erhöhen würdest, solltest Du vor solchen Aufgaben nicht wegrennen. Auch, wenn sie anstrengend sind, sich ätzend anfühlen. Aber hey, Du hattest 2 wundervolle Momente: den Frisörbesuch und die Sternschnuppe ;)

Du darfst auch nicht vergessen, dass es bestimmt schwieriger ist, an Orte zu fahren (wie in deinen Heimatort), mit denen man nicht nur gutes verbindet. Ausserdem war Deine Tochter krank - das stresst Dich unbewusst, so dass Du gar nicht unbeschwert losfahren könntest, selbst wenn Du es Dir vornehmen würdest.

Das mit der Angst vor der Zeit, in der Ärzte etc nicht da sind, kenn ich noch gut von früher. ABER: versuche, Dir selbst zu vertrauen, es wird nichts schlimmes passieren!

LGL
lotte

Re: Urvertrauen

Beitrag von lotte »

PS: Ich mache autogenes Training, Yoga und Meditation zur Entspannung. Das geht aber auch nicht von heute auf morgen, hilft aber langfristig ungemein. Du spürst Dich dann besser. Vielleicht erstmal einen Anfangskurs iwo machen (VHS zb).

Zur STOPP Methode noch was: nimm ein Gummiband um Dein Handgelenk. Immer, wenn Deine Gedanken in die falsche Richtung gehen und Dein Zweifler rumnörgelt, schnippst Du daran, so dass es Dir körperlich richtig ein bisserl unangenehm ist. Das schafft eine Verbindung, so wie wenn man wirklich auf eine heisse Herdplatte fassen würde.

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Re: Urvertrauen

Beitrag von Marika »

Ja, wenn man das autogene Training beherrscht, kannst du das überall anwenden. Ich mache das sogar, wenn ich mal irgendwo an einer Kassa anstehen muss..... :wink: Versuch einfach verschiedene Methoden aus - evlt. kann dir hier dein Therapeut helfen. Aber auch hier: es braucht Geduld, bis man das kann!

Lotte hat schon deine 2 Glücksmomente auf den Punkt gebracht: du könntest dir auch ein "Glückstagebuch" anlegen und dort genau solche Situationen und deine Gefühle dabei, aufschreiben. Ist auch ein Tipp aus der VT!!! :D :D :D Der Gummiband Tipp ist sehr geht - kommt auch aus der VT!

Weiter so, du machst das super, super, super!!!!! :D
Liebe Grüße von
Marika

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