ein ständiges auf und ab

Austausch persönlicher Erfahrung mit der Depression/Psychose vor und nach der Geburt

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jacky

ein ständiges auf und ab

Beitrag von jacky »

hallo! meine ppd wurde vor 2 monaten diagnostiziert und bin seit dem auch in behandlung. ich geh zur psychotherapie und nehm auch medis (mirtazapin 30mg). anfangs war ich total froh um die hilfe und die akzeptanz. es entwickelte sich sehr gut und ich konnte auch wieder positive gedanken fassen, aber ich hab vergessen, dass es keineswegs nur bergauf geht, sondern auch mal wieder tief runter...das ist wirklich ein sehr steiniger weg. es tut so gut von gleichgesinnten zu lesen. was motiviert euch, wenn ihr wieder mal auf einem tiefpunkt seid?? es fühlt sich so an, als würde man immer wieder hinfallen und das aufstehen fällt wirklich schwer...
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Marika
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Re: ein ständiges auf und ab

Beitrag von Marika »

Hallo Jacky,

ich kann dich sehr gut verstehen und ich bin sicher, alle anderen auch. Denn es geht eigentlich fast allen so: Hoch und Tiefs wechseln sich gerade am Anfang noch ab. Und es ist wirklich eine große Herausforderung nach einem Hoch, ein Tief aus zu halten.

Was mir immer sehr geholfen hat: Den Tag gut zu strukturieren und z.B. trotzdem meinen täglichen Gang (mit Kinderwagen) in die Stadt zu machen. Oder meine Eltern besuchen usw... Dann auch hier her zu kommen und mir meinen Frust von der Seele zu schreiben. Dass das sehr gut tut, hast du eh schon gemerkt. :wink: Ich habe dann auch angefangen, in ein "Glückstagebuch" zu schreiben. Da kam jeden Tag mind. ein schöner Moment rein. Dieses Tagebuch habe ich dann verstärkt an schlechten Tagen wieder durch gelesen. Auch das Lesen in meinen Büchern zum Thema hat mich meist etwas aufgefangen, oder auch das Wiederholen meiner Übungen aus der Therapie.

Ich hoffe, da war etwas für dich dabei! Halte durch - die Tiefs werden weniger und die Hochs immer mehr!
Liebe Grüße von
Marika

Diagnose:
schwere PPD 2005
heute völlig beschwerdefrei mit 10 mg Cipralex
jacky

Re: ein ständiges auf und ab

Beitrag von jacky »

Vielen Dank für deine Antwort! Das hilft mir schon sehr zu lesen, dass es vielen so geht. Denn im Umfeld ist die Akzeptanz natürlich nicht so gegeben. Viele denken, dass mit Beginn der Therapie und den Medis sich mein Zustand doch endlich mal bessern soll...na ja, gebessert hat er sich ja, aber er bleibt halt nicht konstant! Ich komm ja selber total schwer klar mit dem Verlauf. Bei mir hängen die Tiefs immer damit zusammen, wenn ich wieder ein paar Nächte mit wenig Schlaf hatte und die finden dann statt, wenn der kleinen Zwerg unruhige Nächte hat. Dann merk ich immer das die Stimmung sinkt! Aber das kennt wohl auch jeder hier?! Das mit dem Tagebuch klingt gut, das werd ich probieren. Ich versuch auch viel Achtsamkeitsübungen zu machen, damit der Kopf nicht immer in der Vergangenheit oder Zukunft verweilt...aber das fällt bei einem Tief auch schwer. Ich hab mir jetzt auch Literatur zum Thema gekauft. Mir hilft es meistens auch, wenn ich ein besseres Verständnis dafür krieg. Bist du noch in Behandlung? Wie lang hat es bei dir gedauert, bis es dir besser ging?
Lg jacky
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Marika
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Re: ein ständiges auf und ab

Beitrag von Marika »

Hallo,

ja das kenne ich: als ich mit Therapie und Medis begann, dachten auch viele - jetzt muss es doch gut sein. Aber diese Herausforderung der PPD geht nicht so einfach. Das AD bringt viel - klar, es gibt dir ein Fundament auf das du aufbauen kannst in der Therapie. Und dieses "Aufbauen" ist das, was eben dauert.

Es ist auch ganz logisch, was du vom Schlafmangel schreibst: Das ist ein großer Faktor, dass dich noch ins Wanken bringt. Gerade am Anfang ist es so, dass Alltagsbelastungen - auch kleine die man vielleicht gar nicht so merkt - sich negativ auswirken. Das wird aber immer besser.

Zu deiner Frage: Meine PPD ist schon 12 Jahre her, ich bin schon lange wieder gesund. Ich habe 2,5 Jahre Therapie gemacht und eine kleine Dosis AD nehme ich noch heute. Bei mir geht es ganz ohne Medikament nicht. Das ist heute aber kein Problem mehr für mich. Meine Erkrankung war schwer, 3 Medis in Höchstdosis und eben lange Therapie. Dafür darf ich heute sagen, es geht mir sogar besser als je zuvor in meinem Leben. Mit der Minidosis AD habe ich mich ebenfalls schon lange ausgesöhnt. Sie erhält meine Grundstabilität und das gibt mir eine nie gekannte Lebensqualität.
Liebe Grüße von
Marika

Diagnose:
schwere PPD 2005
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jacky

Re: ein ständiges auf und ab

Beitrag von jacky »

Hallo Marika! Ich nehm die AD ja noch nicht lange...gerade mal 2 Monate, und die Ärztin hat geraten mind. ein halbes Jahr damit fortfahren. Ich glaub meine PPD ist nicht ganz so schwer, aber schwer genug mich in so eine Krise stürzen zu lassen, wie ich es halt vorher noch nie hatte. Ich musste mich noch nie so um mich kümmern wie jetzt. Ich war immer ein sehr ausgeglichener Mensch und hab mich zeitlebens immer um andere gekümmert. Manchmal glau ich, dass mir das Leben mit der PPD jetzt was beibringen möchte. Mich endlich mal mehr um mich selber zu kümmern, Geduld zu üben und das Leben mehr genießen.... Ich dachte immer, dass ich mich kenne, aber das lern ich erst jetzt, dass ich mich eigentlich immer falsch eingeschätzt hab. Das ist wirklich ein harter Lernprozess!!! Ich muss mich endlich ernst nehmen!
Verlief das bei dir ähnlich, kennst du sowas in der Art? Es ist schön zu lesen, dass du beschwerdefrei bist und es dir noch nie so gut ging wie heute! Ich glaub das war auch ein steiniger Weg, aber das gibt mir echt Hoffnung und ich glaub vielen anderen auch hier!! Ich find das echt wichtig, dass du noch aktiv bist im Forum, das gibt Zuversicht!!! Danke!
Lg jacky
Astrid

Re: ein ständiges auf und ab

Beitrag von Astrid »

Hallo Du,

auch ich kenne die Aufs und Abs, gerade am Anfang der Erkrankung. Die Einstellung der Medikamente läuft an, es muss ausprobiert werden, welches das richtige Mittel ist. Man verzweifelt, weil man einen guten Tag hatte, und dann wieder alles so schwarz aussieht... . Aber wie Marika schon beschrieben hat, es wird besser. Auch ich bin jetzt gesund. Ich erkrankte vor 11 Jahren bei der Geburt meines Sohnes. Er ist vorgestern 11 geworden... . Ich bin jetzt wieder die Alte. Es war eine schlimme Zeit. Aber ich bin stark daraus hervor gegangen. Ich habe auch noch ein zweites Kind bekommen, ohne zu erkranken. Die Tips von Marika würde ich unterschreiben, auch ich führe ein Tagebuch mit "Glücksmomenten", mir hat auch Sport viel geholfen, Bewegung generell. Den Alltag zu strukturieren ist wichtig, kleine Ziele zu setzten. Aufstehen und Anziehen kann ja schon unglaublich schwer sein. Austausch mit anderen, Kontakt zu Menschen halten, auch wenn man sich verkriechen will. Auszeiten einforden, alles Tun, was Dir gut tut. Eine Massage, ein Wannenbad, ein leckeres Eis, ein Milchkaffee in der Sonne. Licht anmachen wo es geht. Ich habe viel Unterstützung durch meine Familie erfahren, als ich endlich wusste was mit mir los war. Nutze die Hilfe, die dir angeboten wird. Vielleicht gibt es auch eine Selbsthilfegruppe in deiner Nähe?

Ich wünsche Dir alles Gute und alle Kraft

Astrid
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Marika
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Re: ein ständiges auf und ab

Beitrag von Marika »

Sorry für die späte Antwort,

genau so habe ich es auch empfunden: die PPD wollte mir was lernen, ich sollte endlich auf MICH hören. Das erkennt man aber natürlich nicht sofort, um so schöner, dass dieser Prozess bei dir schon eingesetzt hat. Das ist ein sehr gutes Zeichen und es zeigt, dass du auf dem richtigen Weg bist.

Mein Weg war sehr hart, aber er hat sich gelohnt. Gerade am Anfang gab es viele Tiefs, dann wieder gute Phasen wo ich dachte, so jetzt kann ich wieder da weitermachen wo ich war. Nein - eben nicht! Wir werden nicht mehr die selben Frauen sein, wenn diese Krise vorbei ist - sie verändert uns und soll es auch - aber ins POSITIVE!!! Solange ich versucht habe, diese Krankheit "los zu werden", blieb sie. Als ich sie annahm, wurde sie milder und verschwand. Das Gesund werden liegt im Annehmen, im Hinschauen, im in sich rein hören.
Liebe Grüße von
Marika

Diagnose:
schwere PPD 2005
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jacky

Re: ein ständiges auf und ab

Beitrag von jacky »

Hallo Marika,
Ja das stimmt was du schreibst. Man will einfach wieder die "alte" sein und kann die Krankheit nicht annehmen. Aber genau darin liegt der Knackpunkt, erst durch die Akzeptanz und der offene Umgang mit der PPD, verscheuchen das Schrechgespenst. Die Angst vor einen erneuten Tief die bleibt aber, trotz den Medikamenten. Ich hoffe, dass ich auch die irgendwann abschütteln kann. Mir hilft es jetzt auch sehr, mit anderen darüber zu sprechen und Mütter denen es gleich geht zu ermutigen nicht zu warten, sondern schnell Hilfe zu suchen.
Alles Liebe, jacky
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